Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.ander jedesmal mit Verstande, Treu und Fleiß, auch besonders mit Verträglichkeit und Gedult beytreten / sie nach Gelegenheit dieser Lande zuvoraus in rejudiciaria als die ad Legem Justitiae & veritatis würden angezeiget, gantz genau, wo es sonsten recht zugehet, da jeder seines Rechts versichert seyn soll, man an nichts gebunden ist, viel gutes ausrichten und es so weit bestreiten können, daß nicht leicht etwas biß auf den andern und dritten Tag übrig bleibt. §. XIX. Allein so viel letzlich die Confervation und den Unterhalt der Judiciorum in diesen Landen betrifft, so ist es wohl das vornehmste Stück, welches dieselben aus denen angezeigten Mängeln in ihren behörigen Wohlstand und Verbesserung setzen kan; dann weil wir schon zu mehrmahlen gedacht, daß alles bisherige Ubel von dem uneingeschränckten Eigennutz der Richter und Advocaten in Abforderung, auch Erhöhung und Vermchrung der Sporteln und Gebühren entstehet, und demselben wohl meistens, wo nicht einig und allein die Vielheit, Verlängerung, und eine folgliche Kostbahrkeit der Processe zuzuschreiben, gleich wohl aber auch nicht zu leugnen ist, daß solche Dinge zu den ordentlichen Salariis oder praemiis der Richter und Advocaten, wiewohl in ihrer determinirten Masse zeithero gerechnet, nunmehro aber billig heisset; quod vitiis praesertim praevalitis & adultis ante omnia fomenta sint detrahenda, so können wohl die vorhergehende Remedia zu verbinden, und unter solcher Verbindung zu ihrem abgesehenen Zweck zubringen, keine zulänglichere Mittel gefunden werden, als daß wann die Judicia ihre vorhergedachte gute Consistenz haben, und mit Richtern und Advocaten nach denen angezogenen Qualitäten besetzt seyn / beyde mit auskömlicher und ehrlicher Besoldung jährlich versehen, hingegen aber alles, was Sportuln und Gebühren heist, eingezogen, oder ad dispositionem L. Cinciae lediglich gebracht wird. Solte es aber ja etwa darum nicht vor möglich oder practicirlich gehalten werden, weil man meinte, daß doch eins theils auch praemia extraordinaria virtutum bey Richtern und Advocaten seyn, andern theils aber der pruritus litigantium mit den Aufwand der Unkosten von Anfang biß zu Ende des Processus compesciret werden müsse, so wäre gleichwohl zum wenigsten, um des Mißbrauchs willen es also zu verordnen, daß die Sporteln der Richter und Advocaten nicht nach dem bißherigen unbeschrenckten Schattenwerck über der lediglichen forma und figura, und vielen dabey unnöthig vorfallenden, oder vielmehr erfundenen incidentien (daher meistentheils auch die unzehlich leeren Interlocute entstehen), auch nicht so wohl nach importanz der Sachen, wie hiervon ander jedesmal mit Verstande, Treu und Fleiß, auch besonders mit Verträglichkeit und Gedult beytreten / sie nach Gelegenheit dieser Lande zuvoraus in rejudiciaria als die ad Legem Justitiae & veritatis würden angezeiget, gantz genau, wo es sonsten recht zugehet, da jeder seines Rechts versichert seyn soll, man an nichts gebunden ist, viel gutes ausrichten und es so weit bestreiten können, daß nicht leicht etwas biß auf den andern und dritten Tag übrig bleibt. §. XIX. Allein so viel letzlich die Confervation und den Unterhalt der Judiciorum in diesen Landen betrifft, so ist es wohl das vornehmste Stück, welches dieselben aus denen angezeigten Mängeln in ihren behörigen Wohlstand und Verbesserung setzen kan; dann weil wir schon zu mehrmahlen gedacht, daß alles bisherige Ubel von dem uneingeschränckten Eigennutz der Richter und Advocaten in Abforderung, auch Erhöhung und Vermchrung der Sporteln und Gebühren entstehet, und demselben wohl meistens, wo nicht einig und allein die Vielheit, Verlängerung, und eine folgliche Kostbahrkeit der Processe zuzuschreiben, gleich wohl aber auch nicht zu leugnen ist, daß solche Dinge zu den ordentlichen Salariis oder praemiis der Richter und Advocaten, wiewohl in ihrer determinirten Masse zeithero gerechnet, nunmehro aber billig heisset; quod vitiis praesertim praevalitis & adultis ante omnia fomenta sint detrahenda, so können wohl die vorhergehende Remedia zu verbinden, und unter solcher Verbindung zu ihrem abgesehenen Zweck zubringen, keine zulänglichere Mittel gefunden werden, als daß wann die Judicia ihre vorhergedachte gute Consistenz haben, und mit Richtern und Advocaten nach denen angezogenen Qualitäten besetzt seyn / beyde mit auskömlicher und ehrlicher Besoldung jährlich versehen, hingegen aber alles, was Sportuln und Gebühren heist, eingezogen, oder ad dispositionem L. Cinciae lediglich gebracht wird. Solte es aber ja etwa darum nicht vor möglich oder practicirlich gehalten werden, weil man meinte, daß doch eins theils auch praemia extraordinaria virtutum bey Richtern und Advocaten seyn, andern theils aber der pruritus litigantium mit den Aufwand der Unkosten von Anfang biß zu Ende des Processus compesciret werden müsse, so wäre gleichwohl zum wenigsten, um des Mißbrauchs willen es also zu verordnen, daß die Sporteln der Richter und Advocaten nicht nach dem bißherigen unbeschrenckten Schattenwerck über der lediglichen forma und figura, und vielen dabey unnöthig vorfallenden, oder vielmehr erfundenen incidentien (daher meistentheils auch die unzehlich leeren Interlocute entstehen), auch nicht so wohl nach importanz der Sachen, wie hiervon <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0034" n="26"/> ander jedesmal mit Verstande, Treu und Fleiß, auch besonders mit Verträglichkeit und Gedult beytreten / sie nach Gelegenheit dieser Lande zuvoraus in rejudiciaria als die ad Legem Justitiae & veritatis würden angezeiget, gantz genau, wo es sonsten recht zugehet, da jeder seines Rechts versichert seyn soll, man an nichts gebunden ist, viel gutes ausrichten und es so weit bestreiten können, daß nicht leicht etwas biß auf den andern und dritten Tag übrig bleibt.</p> <note place="left">Von Abschaffung der Sportuln / und zulänglicher Besoldung der Richter und <hi rendition="#i">Advocat</hi>en.</note> <p>§. XIX. Allein so viel letzlich die Confervation und den Unterhalt der Judiciorum in diesen Landen betrifft, so ist es wohl das vornehmste Stück, welches dieselben aus denen angezeigten Mängeln in ihren behörigen Wohlstand und Verbesserung setzen kan; dann weil wir schon zu mehrmahlen gedacht, daß alles bisherige Ubel von dem uneingeschränckten Eigennutz der Richter und Advocaten in Abforderung, auch Erhöhung und Vermchrung der Sporteln und Gebühren entstehet, und demselben wohl meistens, wo nicht einig und allein die Vielheit, Verlängerung, und eine folgliche Kostbahrkeit der Processe zuzuschreiben, gleich wohl aber auch nicht zu leugnen ist, daß solche Dinge zu den ordentlichen Salariis oder praemiis der Richter und Advocaten, wiewohl in ihrer determinirten Masse zeithero gerechnet, nunmehro aber billig heisset; quod vitiis praesertim praevalitis & adultis ante omnia fomenta sint detrahenda, so können wohl die vorhergehende Remedia zu verbinden, und unter solcher Verbindung zu ihrem abgesehenen Zweck zubringen, keine zulänglichere Mittel gefunden werden, als daß wann die Judicia ihre vorhergedachte gute Consistenz haben, und mit Richtern und Advocaten nach denen angezogenen Qualitäten besetzt seyn / beyde mit auskömlicher und ehrlicher Besoldung jährlich versehen, hingegen aber alles, was Sportuln und Gebühren heist, eingezogen, oder ad dispositionem L. Cinciae lediglich gebracht wird. Solte es aber ja etwa darum nicht vor möglich oder practicirlich gehalten werden, weil man meinte, daß doch eins theils auch praemia extraordinaria virtutum bey Richtern und Advocaten seyn, andern theils aber der pruritus litigantium mit den Aufwand der Unkosten von Anfang biß zu Ende des Processus compesciret werden müsse, so wäre gleichwohl zum wenigsten, um des Mißbrauchs willen es also zu verordnen, daß die Sporteln der Richter und Advocaten nicht nach dem bißherigen unbeschrenckten Schattenwerck über der lediglichen forma und figura, und vielen dabey unnöthig vorfallenden, oder vielmehr erfundenen incidentien (daher meistentheils auch die unzehlich leeren Interlocute entstehen), auch nicht so wohl nach importanz der Sachen, wie hiervon </p> </div> </body> </text> </TEI> [26/0034]
ander jedesmal mit Verstande, Treu und Fleiß, auch besonders mit Verträglichkeit und Gedult beytreten / sie nach Gelegenheit dieser Lande zuvoraus in rejudiciaria als die ad Legem Justitiae & veritatis würden angezeiget, gantz genau, wo es sonsten recht zugehet, da jeder seines Rechts versichert seyn soll, man an nichts gebunden ist, viel gutes ausrichten und es so weit bestreiten können, daß nicht leicht etwas biß auf den andern und dritten Tag übrig bleibt.
§. XIX. Allein so viel letzlich die Confervation und den Unterhalt der Judiciorum in diesen Landen betrifft, so ist es wohl das vornehmste Stück, welches dieselben aus denen angezeigten Mängeln in ihren behörigen Wohlstand und Verbesserung setzen kan; dann weil wir schon zu mehrmahlen gedacht, daß alles bisherige Ubel von dem uneingeschränckten Eigennutz der Richter und Advocaten in Abforderung, auch Erhöhung und Vermchrung der Sporteln und Gebühren entstehet, und demselben wohl meistens, wo nicht einig und allein die Vielheit, Verlängerung, und eine folgliche Kostbahrkeit der Processe zuzuschreiben, gleich wohl aber auch nicht zu leugnen ist, daß solche Dinge zu den ordentlichen Salariis oder praemiis der Richter und Advocaten, wiewohl in ihrer determinirten Masse zeithero gerechnet, nunmehro aber billig heisset; quod vitiis praesertim praevalitis & adultis ante omnia fomenta sint detrahenda, so können wohl die vorhergehende Remedia zu verbinden, und unter solcher Verbindung zu ihrem abgesehenen Zweck zubringen, keine zulänglichere Mittel gefunden werden, als daß wann die Judicia ihre vorhergedachte gute Consistenz haben, und mit Richtern und Advocaten nach denen angezogenen Qualitäten besetzt seyn / beyde mit auskömlicher und ehrlicher Besoldung jährlich versehen, hingegen aber alles, was Sportuln und Gebühren heist, eingezogen, oder ad dispositionem L. Cinciae lediglich gebracht wird. Solte es aber ja etwa darum nicht vor möglich oder practicirlich gehalten werden, weil man meinte, daß doch eins theils auch praemia extraordinaria virtutum bey Richtern und Advocaten seyn, andern theils aber der pruritus litigantium mit den Aufwand der Unkosten von Anfang biß zu Ende des Processus compesciret werden müsse, so wäre gleichwohl zum wenigsten, um des Mißbrauchs willen es also zu verordnen, daß die Sporteln der Richter und Advocaten nicht nach dem bißherigen unbeschrenckten Schattenwerck über der lediglichen forma und figura, und vielen dabey unnöthig vorfallenden, oder vielmehr erfundenen incidentien (daher meistentheils auch die unzehlich leeren Interlocute entstehen), auch nicht so wohl nach importanz der Sachen, wie hiervon
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