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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Direktion der Wirthschaft.

Will der Eigenthümer, der die ganze Direktion einem andern übertragen hat,
mehr thun als nachsehn, ob der verabredete Plan ausgeführt werde, und ob der
Direktor im Allgemeinen seine Pflichten erfülle; will er sich in die Ausführung
selbst mischen, und in derselben auch nur das Mindeste abändern; so hört der Di-
rektor auf, dieses selbstständig zu seyn, und bleibt dann bloß untergeordneter Ge-
hülfe des Eigenthümers.

Diesen nenne ich Aufseher oder Inspektor; jenem freihandelnden Di-
rigenten der Wirthschaft gebührt eher der Nahme Verwalter oder Admini-
strator
, ob man gleich mit jenem Titel einen höheren Rang wie mit diesem
verbunden glaubt.

Ihm kann dann aber auch nichts weiter, als die gelungene oder mißlungene Aus-
führung jedes einzelnen vom Prinzipal ihm überlassenen Geschäftes, durchaus
nicht der Erfolg im Ganzen beigemessen werden. Zwei Direktoren dürfen in einem
von einem Punkte ausgehenden und in einem Punkte sich konzentrirenden Ge-
schäfte nicht seyn, oder es entsteht unvermeidlich die nachtheiligste Unordnung und
Verwirrung daraus; es sey denn, daß sie in jedem speziellen Akte der Direktion
ihr Urtheil und ihren Willen vollkommen vereinigten, das Wort des einen den
Sinn des andern vollständig ausspräche, oder beide sich desselben Worts bedienten.
Dieses aber ist bei den mannigfaltigen Zufälligkeiten, die schleunige Abänderungen
erfordern, wohl unmöglich, und die Erfahrung lehrt, daß, wenn unter so be-
wandten Umständen Wirthschaften bei einer fast stündlichen neuen Vereinigung der
Direktoren bestehen, dennoch immer Fehler vorgehen, die unter einem andern
Verhältnisse hätten vermieden werden können.

§. 203.

Beschränkte
Lage desselben
ist fehlerhaft.
Wenn ein beständig, oder von Zeit zu Zeit abwesender Eigenthümer, der die
Sache versteht oder zu verstehen glaubt, die Ausführung der Geschäfte nach seiner
Vorschrift einem andern überträgt, so kann dieser keinesweges als Direktor der
Wirthschaft angesehen, noch der Erfolg im Allgemeinen ihm beigemessen werden.
Es ist in einem solchen Falle für beide Theile sehr wichtig, daß sie das Verhält-
niß, worin sie zu einander und zu der Wirthschaft stehen, genau und individuell
für diesen Fall bestimmen. Vom Aufseher oder Inspektor kann alsdann nur
die möglichst beste Ausführung einer von einem andern gemachten Anordnung ver-

Direktion der Wirthſchaft.

Will der Eigenthuͤmer, der die ganze Direktion einem andern uͤbertragen hat,
mehr thun als nachſehn, ob der verabredete Plan ausgefuͤhrt werde, und ob der
Direktor im Allgemeinen ſeine Pflichten erfuͤlle; will er ſich in die Ausfuͤhrung
ſelbſt miſchen, und in derſelben auch nur das Mindeſte abaͤndern; ſo hoͤrt der Di-
rektor auf, dieſes ſelbſtſtaͤndig zu ſeyn, und bleibt dann bloß untergeordneter Ge-
huͤlfe des Eigenthuͤmers.

Dieſen nenne ich Aufſeher oder Inſpektor; jenem freihandelnden Di-
rigenten der Wirthſchaft gebuͤhrt eher der Nahme Verwalter oder Admini-
ſtrator
, ob man gleich mit jenem Titel einen hoͤheren Rang wie mit dieſem
verbunden glaubt.

Ihm kann dann aber auch nichts weiter, als die gelungene oder mißlungene Aus-
fuͤhrung jedes einzelnen vom Prinzipal ihm uͤberlaſſenen Geſchaͤftes, durchaus
nicht der Erfolg im Ganzen beigemeſſen werden. Zwei Direktoren duͤrfen in einem
von einem Punkte ausgehenden und in einem Punkte ſich konzentrirenden Ge-
ſchaͤfte nicht ſeyn, oder es entſteht unvermeidlich die nachtheiligſte Unordnung und
Verwirrung daraus; es ſey denn, daß ſie in jedem ſpeziellen Akte der Direktion
ihr Urtheil und ihren Willen vollkommen vereinigten, das Wort des einen den
Sinn des andern vollſtaͤndig ausſpraͤche, oder beide ſich deſſelben Worts bedienten.
Dieſes aber iſt bei den mannigfaltigen Zufaͤlligkeiten, die ſchleunige Abaͤnderungen
erfordern, wohl unmoͤglich, und die Erfahrung lehrt, daß, wenn unter ſo be-
wandten Umſtaͤnden Wirthſchaften bei einer faſt ſtuͤndlichen neuen Vereinigung der
Direktoren beſtehen, dennoch immer Fehler vorgehen, die unter einem andern
Verhaͤltniſſe haͤtten vermieden werden koͤnnen.

§. 203.

Beſchraͤnkte
Lage deſſelben
iſt fehlerhaft.
Wenn ein beſtaͤndig, oder von Zeit zu Zeit abweſender Eigenthuͤmer, der die
Sache verſteht oder zu verſtehen glaubt, die Ausfuͤhrung der Geſchaͤfte nach ſeiner
Vorſchrift einem andern uͤbertraͤgt, ſo kann dieſer keinesweges als Direktor der
Wirthſchaft angeſehen, noch der Erfolg im Allgemeinen ihm beigemeſſen werden.
Es iſt in einem ſolchen Falle fuͤr beide Theile ſehr wichtig, daß ſie das Verhaͤlt-
niß, worin ſie zu einander und zu der Wirthſchaft ſtehen, genau und individuell
fuͤr dieſen Fall beſtimmen. Vom Aufſeher oder Inſpektor kann alsdann nur
die moͤglichſt beſte Ausfuͤhrung einer von einem andern gemachten Anordnung ver-

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[182/0212] Direktion der Wirthſchaft. Will der Eigenthuͤmer, der die ganze Direktion einem andern uͤbertragen hat, mehr thun als nachſehn, ob der verabredete Plan ausgefuͤhrt werde, und ob der Direktor im Allgemeinen ſeine Pflichten erfuͤlle; will er ſich in die Ausfuͤhrung ſelbſt miſchen, und in derſelben auch nur das Mindeſte abaͤndern; ſo hoͤrt der Di- rektor auf, dieſes ſelbſtſtaͤndig zu ſeyn, und bleibt dann bloß untergeordneter Ge- huͤlfe des Eigenthuͤmers. Dieſen nenne ich Aufſeher oder Inſpektor; jenem freihandelnden Di- rigenten der Wirthſchaft gebuͤhrt eher der Nahme Verwalter oder Admini- ſtrator, ob man gleich mit jenem Titel einen hoͤheren Rang wie mit dieſem verbunden glaubt. Ihm kann dann aber auch nichts weiter, als die gelungene oder mißlungene Aus- fuͤhrung jedes einzelnen vom Prinzipal ihm uͤberlaſſenen Geſchaͤftes, durchaus nicht der Erfolg im Ganzen beigemeſſen werden. Zwei Direktoren duͤrfen in einem von einem Punkte ausgehenden und in einem Punkte ſich konzentrirenden Ge- ſchaͤfte nicht ſeyn, oder es entſteht unvermeidlich die nachtheiligſte Unordnung und Verwirrung daraus; es ſey denn, daß ſie in jedem ſpeziellen Akte der Direktion ihr Urtheil und ihren Willen vollkommen vereinigten, das Wort des einen den Sinn des andern vollſtaͤndig ausſpraͤche, oder beide ſich deſſelben Worts bedienten. Dieſes aber iſt bei den mannigfaltigen Zufaͤlligkeiten, die ſchleunige Abaͤnderungen erfordern, wohl unmoͤglich, und die Erfahrung lehrt, daß, wenn unter ſo be- wandten Umſtaͤnden Wirthſchaften bei einer faſt ſtuͤndlichen neuen Vereinigung der Direktoren beſtehen, dennoch immer Fehler vorgehen, die unter einem andern Verhaͤltniſſe haͤtten vermieden werden koͤnnen. §. 203. Wenn ein beſtaͤndig, oder von Zeit zu Zeit abweſender Eigenthuͤmer, der die Sache verſteht oder zu verſtehen glaubt, die Ausfuͤhrung der Geſchaͤfte nach ſeiner Vorſchrift einem andern uͤbertraͤgt, ſo kann dieſer keinesweges als Direktor der Wirthſchaft angeſehen, noch der Erfolg im Allgemeinen ihm beigemeſſen werden. Es iſt in einem ſolchen Falle fuͤr beide Theile ſehr wichtig, daß ſie das Verhaͤlt- niß, worin ſie zu einander und zu der Wirthſchaft ſtehen, genau und individuell fuͤr dieſen Fall beſtimmen. Vom Aufſeher oder Inſpektor kann alsdann nur die moͤglichſt beſte Ausfuͤhrung einer von einem andern gemachten Anordnung ver- Beſchraͤnkte Lage deſſelben iſt fehlerhaft.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/212>, abgerufen am 23.11.2024.