Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.des Menschlichen Geschlechts. den bewiesen ist, daß sie in unsern Landen geschehe;so ist kein Zweifel, es müste auf der Welt gantz an- ders aussehen, als es wohl zum Theil bisher aus- gesehen hat. So aber ist aus denen Geschichten bekandt, und der Augenschein lehret es, daß dieser Zuwachs öfters müsse seyn unterbrochen worden. In diesem Capitel soll demnach erstlich von diesen Hindernissen gehandelt und bewiesen werden, wie groß der Schade sey, der durch dieselbe gestifftet wird. Die vornehmsten und die sich auch am häufigsten zeigen, sind Krieg, Pest, und die damit meistentheils verknüpfte Hungers-Noth. Ich habe aber auch unter die Hindernisse der Vermehrung den Ehelosen Stand unzählig vieler Menschen, wie auch einige grosse Städte, mitgesetzet. Weil aber viele der Meynung sind als wären obbemeldte Hin- dernisse, sonderlich Krieg und Pest, nothwendige Ubel, deren sich die Vorsehung bedienen müsse, um dadurch das Gleich-Gewicht unter denen Menschen zu erhalten, als die sich sonst einander möchten zur Last werden, und sich selbst der Bequemlichkeiten dieses Lebens berauben: so hat mich solche Mey- nung veranlasset, ihre Gründe zu prüfen. Daher denn im folgenden die Frage wird erörtert werden, ob Krieg und Pest nothwendig zum öftern kommen müssen? welches ich verneine. Weil aber der Beweiß hiervon nicht hat können gegeben werden, ohne eine Känntniß von dem Zustande und der An- zahl der Menschen auf der Erden zu haben: so bin ich daher genöthiget worden zu untersuchen, wie viel Menschen zu gleicher Zeit auf dem Erdboden leben können, und wie viel ihrer etwan gegenwärtig würcklich leben mögen, um aus der Vergleichung der B 5
des Menſchlichen Geſchlechts. den bewieſen iſt, daß ſie in unſern Landen geſchehe;ſo iſt kein Zweifel, es muͤſte auf der Welt gantz an- ders ausſehen, als es wohl zum Theil bisher aus- geſehen hat. So aber iſt aus denen Geſchichten bekandt, und der Augenſchein lehret es, daß dieſer Zuwachs oͤfters muͤſſe ſeyn unterbrochen worden. In dieſem Capitel ſoll demnach erſtlich von dieſen Hinderniſſen gehandelt und bewieſen werden, wie groß der Schade ſey, der durch dieſelbe geſtifftet wird. Die vornehmſten und die ſich auch am haͤufigſten zeigen, ſind Krieg, Peſt, und die damit meiſtentheils verknuͤpfte Hungers-Noth. Ich habe aber auch unter die Hinderniſſe der Vermehrung den Eheloſen Stand unzaͤhlig vieler Menſchen, wie auch einige groſſe Staͤdte, mitgeſetzet. Weil aber viele der Meynung ſind als waͤren obbemeldte Hin- derniſſe, ſonderlich Krieg und Peſt, nothwendige Ubel, deren ſich die Vorſehung bedienen muͤſſe, um dadurch das Gleich-Gewicht unter denen Menſchen zu erhalten, als die ſich ſonſt einander moͤchten zur Laſt werden, und ſich ſelbſt der Bequemlichkeiten dieſes Lebens berauben: ſo hat mich ſolche Mey- nung veranlaſſet, ihre Gruͤnde zu pruͤfen. Daher denn im folgenden die Frage wird eroͤrtert werden, ob Krieg und Peſt nothwendig zum oͤftern kommen muͤſſen? welches ich verneine. Weil aber der Beweiß hiervon nicht hat koͤnnen gegeben werden, ohne eine Kaͤnntniß von dem Zuſtande und der An- zahl der Menſchen auf der Erden zu haben: ſo bin ich daher genoͤthiget worden zu unterſuchen, wie viel Menſchen zu gleicher Zeit auf dem Erdboden leben koͤnnen, und wie viel ihrer etwan gegenwaͤrtig wuͤrcklich leben moͤgen, um aus der Vergleichung der B 5
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geſehen hat. So aber iſt aus denen Geſchichten
bekandt, und der Augenſchein lehret es, daß dieſer
Zuwachs oͤfters muͤſſe ſeyn unterbrochen worden.
In dieſem Capitel ſoll demnach erſtlich von dieſen
Hinderniſſen gehandelt und bewieſen werden, wie
groß der Schade ſey, der durch dieſelbe geſtifftet
wird. Die vornehmſten und die ſich auch am
haͤufigſten zeigen, ſind Krieg, Peſt, und die damit
meiſtentheils verknuͤpfte Hungers-Noth. Ich habe
aber auch unter die Hinderniſſe der Vermehrung
den Eheloſen Stand unzaͤhlig vieler Menſchen, wie
auch einige groſſe Staͤdte, mitgeſetzet. Weil aber
viele der Meynung ſind als waͤren obbemeldte Hin-
derniſſe, ſonderlich Krieg und Peſt, nothwendige
Ubel, deren ſich die Vorſehung bedienen muͤſſe, um
dadurch das Gleich-Gewicht unter denen Menſchen
zu erhalten, als die ſich ſonſt einander moͤchten zur
Laſt werden, und ſich ſelbſt der Bequemlichkeiten
dieſes Lebens berauben: ſo hat mich ſolche Mey-
nung veranlaſſet, ihre Gruͤnde zu pruͤfen. Daher
denn im folgenden die Frage wird eroͤrtert werden,
ob Krieg und Peſt nothwendig zum oͤftern kommen
muͤſſen? welches ich verneine. Weil aber der
Beweiß hiervon nicht hat koͤnnen gegeben werden,
ohne eine Kaͤnntniß von dem Zuſtande und der An-
zahl der Menſchen auf der Erden zu haben: ſo bin
ich daher genoͤthiget worden zu unterſuchen, wie viel
Menſchen zu gleicher Zeit auf dem Erdboden leben
koͤnnen, und wie viel ihrer etwan gegenwaͤrtig
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