Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stählein, Johann Michael: Der reisende Schneidergesell. Erfurt, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite


Der Ort, wo ich das Licht der Welt
erblikte, ist Windsheim, eine freye
Reichsstadt im fränkischen Krais. Jch wur-
de daselbst im Jahre 1743 gebohren. Mein
Vater war ein Taglöhner; und obgleich
meine Eltern nicht viel im Vermögen hat-
ten, so ermangelten sie doch nicht, mich in
der Furcht und Vertrauen auf den HErrn
aufzuziehen. Als nun endlich die Jahre her-
beykamen, wo ich mich zu etwas Gewisses
entschließen sollte, entschloß ich mich, das
Schneiderhandwerk zu erlernen. Gleich
nach meiner Auslernung starben meine Eltern.
Jch verließ also mein Vaterland, und gieng
meiner Wanderschaft nach, und kam 1758
zuerst nach Augsburg, wo ich ein halb
Jahr bey dem Meister Huder in Arbeit
stund. Von da gieng ich wieder nach mei-
ner Vaterstadt zurück, und blieb drey Wo-
chen daselbst. Jch besuchte meinen Lehrmei-
ster, und traf einen Gesellen bey ihm an,

welcher
)( 3


Der Ort, wo ich das Licht der Welt
erblikte, iſt Windsheim, eine freye
Reichsſtadt im fraͤnkiſchen Krais. Jch wur-
de daſelbſt im Jahre 1743 gebohren. Mein
Vater war ein Tagloͤhner; und obgleich
meine Eltern nicht viel im Vermoͤgen hat-
ten, ſo ermangelten ſie doch nicht, mich in
der Furcht und Vertrauen auf den HErrn
aufzuziehen. Als nun endlich die Jahre her-
beykamen, wo ich mich zu etwas Gewiſſes
entſchließen ſollte, entſchloß ich mich, das
Schneiderhandwerk zu erlernen. Gleich
nach meiner Auslernung ſtarben meine Eltern.
Jch verließ alſo mein Vaterland, und gieng
meiner Wanderſchaft nach, und kam 1758
zuerſt nach Augsburg, wo ich ein halb
Jahr bey dem Meiſter Huder in Arbeit
ſtund. Von da gieng ich wieder nach mei-
ner Vaterſtadt zuruͤck, und blieb drey Wo-
chen daſelbſt. Jch beſuchte meinen Lehrmei-
ſter, und traf einen Geſellen bey ihm an,

welcher
)( 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0007" n="[5]"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <p><hi rendition="#in">D</hi>er Ort, wo ich das Licht der Welt<lb/>
erblikte, i&#x017F;t <hi rendition="#fr">Windsheim,</hi> eine freye<lb/>
Reichs&#x017F;tadt im fra&#x0364;nki&#x017F;chen Krais. Jch wur-<lb/>
de da&#x017F;elb&#x017F;t im Jahre 1743 gebohren. Mein<lb/>
Vater war ein Taglo&#x0364;hner; und obgleich<lb/>
meine Eltern nicht viel im Vermo&#x0364;gen hat-<lb/>
ten, &#x017F;o ermangelten &#x017F;ie doch nicht, mich in<lb/>
der Furcht und Vertrauen auf den HErrn<lb/>
aufzuziehen. Als nun endlich die Jahre her-<lb/>
beykamen, wo ich mich zu etwas Gewi&#x017F;&#x017F;es<lb/>
ent&#x017F;chließen &#x017F;ollte, ent&#x017F;chloß ich mich, das<lb/>
Schneiderhandwerk zu erlernen. Gleich<lb/>
nach meiner Auslernung &#x017F;tarben meine Eltern.<lb/>
Jch verließ al&#x017F;o mein Vaterland, und gieng<lb/>
meiner Wander&#x017F;chaft nach, und kam 1758<lb/>
zuer&#x017F;t nach <hi rendition="#fr">Augsburg,</hi> wo ich ein halb<lb/>
Jahr bey dem Mei&#x017F;ter <hi rendition="#fr">Huder</hi> in Arbeit<lb/>
&#x017F;tund. Von da gieng ich wieder nach mei-<lb/>
ner Vater&#x017F;tadt zuru&#x0364;ck, und blieb drey Wo-<lb/>
chen da&#x017F;elb&#x017F;t. Jch be&#x017F;uchte meinen Lehrmei-<lb/>
&#x017F;ter, und traf einen Ge&#x017F;ellen bey ihm an,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">)( 3</fw><fw place="bottom" type="catch">welcher</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[5]/0007] Der Ort, wo ich das Licht der Welt erblikte, iſt Windsheim, eine freye Reichsſtadt im fraͤnkiſchen Krais. Jch wur- de daſelbſt im Jahre 1743 gebohren. Mein Vater war ein Tagloͤhner; und obgleich meine Eltern nicht viel im Vermoͤgen hat- ten, ſo ermangelten ſie doch nicht, mich in der Furcht und Vertrauen auf den HErrn aufzuziehen. Als nun endlich die Jahre her- beykamen, wo ich mich zu etwas Gewiſſes entſchließen ſollte, entſchloß ich mich, das Schneiderhandwerk zu erlernen. Gleich nach meiner Auslernung ſtarben meine Eltern. Jch verließ alſo mein Vaterland, und gieng meiner Wanderſchaft nach, und kam 1758 zuerſt nach Augsburg, wo ich ein halb Jahr bey dem Meiſter Huder in Arbeit ſtund. Von da gieng ich wieder nach mei- ner Vaterſtadt zuruͤck, und blieb drey Wo- chen daſelbſt. Jch beſuchte meinen Lehrmei- ſter, und traf einen Geſellen bey ihm an, welcher )( 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/staehlein_schneidergesell_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/staehlein_schneidergesell_1783/7
Zitationshilfe: Stählein, Johann Michael: Der reisende Schneidergesell. Erfurt, 1783, S. [5]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/staehlein_schneidergesell_1783/7>, abgerufen am 25.04.2024.