pse_224.002 Die sprachkünstlerische Entfaltung aller Möglichkeiten pse_224.003 zeigt sich erst, wenn nun die einzelnen Stilkräfte in einem pse_224.004 Sprachkunstwerk in der verschiedensten Weise zusammenwirken: pse_224.005 im Ineinander, im Miteinander und im Nacheinander.
pse_224.006
pse_224.007 Wie sich gerade auch vom Miteinander der Stilkräfte allgemein pse_224.008 bekannte Formen stilistisch deuten lassen, zeige ein pse_224.009 kurzer Blick auf direkte, indirekte und erlebte Rede in ihrer pse_224.010 künstlerischen Möglichkeit. Hier sehen wir nur auf das pse_224.011 Grundsätzliche ihrer Form, auf die entscheidende Bedeutung pse_224.012 für die epische Kunstform erst später.
pse_224.013 In der direkten Rede wird ein sprechender Mensch vor uns pse_224.014 hingestellt, daher wirkt die Stilkraft des Anrufs vor allem. pse_224.015 Dieser Anrufcharakter ist in der indirekten Rede stark zurückgedrängt, pse_224.016 es fehlt jede Anrede in einer zweiten Person, nur pse_224.017 in der Reihung und im Wortschatz ist die Stilkraft des Anrufs pse_224.018 noch spürbar. Dafür aber drängt der klärende Verstand pse_224.019 hier vor: indem die Rede des Betreffenden in das Sprachganze pse_224.020 als ein Glied eingebaut wird; entweder, wie das im Deutschen pse_224.021 üblich ist, durch den Konjunktiv: "Karel ließ ihn ausreden, pse_224.022 um dann kühl und ruhig zu antworten: von Sünde wisse er pse_224.023 nichts, nichts von Barmherzigkeit ... Die Begriffe seien pse_224.024 ihm abhanden gekommen und hätten sich in seines Kindes pse_224.025 Schicksal als Trug erwiesen. Dem verlorenen Sohne jammere pse_224.026 er nicht nach ..." (H. Grimm, Mordenaars Graf). Oder, wie pse_224.027 es im Deutschen seltener, in den romanischen Sprachen aber pse_224.028 üblich ist, mit dem scharf einfügenden Einleitewort "daß". pse_224.029 Kleist wiederholt dieses "daß" an einer Stelle der "Marquise pse_224.030 von O." vierzehnmal! "Der Graf setzte sich ... und sagte, pse_224.031 daß er ... sich sehr kurz fassen müsse; daß er ... nach P. pse_224.032 gebracht worden wäre; daß er mehrere Monate daselbst an pse_224.033 seinem Leben verzweifelt hätte; ... daß er die Lust und den pse_224.034 Schmerz nicht beschreiben könnte, daß er endlich ..." Die pse_224.035 Härte dieses betonten Hineinzwängens auch des Erregtesten pse_224.036 in einen fest geschmiedeten und vorantreibenden Satzbau pse_224.037 stellt vor allem hier die Stilkraft der Rededynamik heraus.
pse_224.001 Das Zusammenwirken der Stilkräfte
pse_224.002 Die sprachkünstlerische Entfaltung aller Möglichkeiten pse_224.003 zeigt sich erst, wenn nun die einzelnen Stilkräfte in einem pse_224.004 Sprachkunstwerk in der verschiedensten Weise zusammenwirken: pse_224.005 im Ineinander, im Miteinander und im Nacheinander.
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pse_224.007 Wie sich gerade auch vom Miteinander der Stilkräfte allgemein pse_224.008 bekannte Formen stilistisch deuten lassen, zeige ein pse_224.009 kurzer Blick auf direkte, indirekte und erlebte Rede in ihrer pse_224.010 künstlerischen Möglichkeit. Hier sehen wir nur auf das pse_224.011 Grundsätzliche ihrer Form, auf die entscheidende Bedeutung pse_224.012 für die epische Kunstform erst später.
pse_224.013 In der direkten Rede wird ein sprechender Mensch vor uns pse_224.014 hingestellt, daher wirkt die Stilkraft des Anrufs vor allem. pse_224.015 Dieser Anrufcharakter ist in der indirekten Rede stark zurückgedrängt, pse_224.016 es fehlt jede Anrede in einer zweiten Person, nur pse_224.017 in der Reihung und im Wortschatz ist die Stilkraft des Anrufs pse_224.018 noch spürbar. Dafür aber drängt der klärende Verstand pse_224.019 hier vor: indem die Rede des Betreffenden in das Sprachganze pse_224.020 als ein Glied eingebaut wird; entweder, wie das im Deutschen pse_224.021 üblich ist, durch den Konjunktiv: »Karel ließ ihn ausreden, pse_224.022 um dann kühl und ruhig zu antworten: von Sünde wisse er pse_224.023 nichts, nichts von Barmherzigkeit ... Die Begriffe seien pse_224.024 ihm abhanden gekommen und hätten sich in seines Kindes pse_224.025 Schicksal als Trug erwiesen. Dem verlorenen Sohne jammere pse_224.026 er nicht nach ...« (H. Grimm, Mordenaars Graf). Oder, wie pse_224.027 es im Deutschen seltener, in den romanischen Sprachen aber pse_224.028 üblich ist, mit dem scharf einfügenden Einleitewort »daß«. pse_224.029 Kleist wiederholt dieses »daß« an einer Stelle der »Marquise pse_224.030 von O.« vierzehnmal! »Der Graf setzte sich ... und sagte, pse_224.031 daß er ... sich sehr kurz fassen müsse; daß er ... nach P. pse_224.032 gebracht worden wäre; daß er mehrere Monate daselbst an pse_224.033 seinem Leben verzweifelt hätte; ... daß er die Lust und den pse_224.034 Schmerz nicht beschreiben könnte, daß er endlich ...« Die pse_224.035 Härte dieses betonten Hineinzwängens auch des Erregtesten pse_224.036 in einen fest geschmiedeten und vorantreibenden Satzbau pse_224.037 stellt vor allem hier die Stilkraft der Rededynamik heraus.
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zeigt sich erst, wenn nun die einzelnen Stilkräfte in einem pse_224.004
Sprachkunstwerk in der verschiedensten Weise zusammenwirken: pse_224.005
im Ineinander, im Miteinander und im Nacheinander.
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Wie sich gerade auch vom Miteinander der Stilkräfte allgemein pse_224.008
bekannte Formen stilistisch deuten lassen, zeige ein pse_224.009
kurzer Blick auf direkte, indirekte und erlebte Rede in ihrer pse_224.010
künstlerischen Möglichkeit. Hier sehen wir nur auf das pse_224.011
Grundsätzliche ihrer Form, auf die entscheidende Bedeutung pse_224.012
für die epische Kunstform erst später.
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In der direkten Rede wird ein sprechender Mensch vor uns pse_224.014
hingestellt, daher wirkt die Stilkraft des Anrufs vor allem. pse_224.015
Dieser Anrufcharakter ist in der indirekten Rede stark zurückgedrängt, pse_224.016
es fehlt jede Anrede in einer zweiten Person, nur pse_224.017
in der Reihung und im Wortschatz ist die Stilkraft des Anrufs pse_224.018
noch spürbar. Dafür aber drängt der klärende Verstand pse_224.019
hier vor: indem die Rede des Betreffenden in das Sprachganze pse_224.020
als ein Glied eingebaut wird; entweder, wie das im Deutschen pse_224.021
üblich ist, durch den Konjunktiv: »Karel ließ ihn ausreden, pse_224.022
um dann kühl und ruhig zu antworten: von Sünde wisse er pse_224.023
nichts, nichts von Barmherzigkeit ... Die Begriffe seien pse_224.024
ihm abhanden gekommen und hätten sich in seines Kindes pse_224.025
Schicksal als Trug erwiesen. Dem verlorenen Sohne jammere pse_224.026
er nicht nach ...« (H. Grimm, Mordenaars Graf). Oder, wie pse_224.027
es im Deutschen seltener, in den romanischen Sprachen aber pse_224.028
üblich ist, mit dem scharf einfügenden Einleitewort »daß«. pse_224.029
Kleist wiederholt dieses »daß« an einer Stelle der »Marquise pse_224.030
von O.« vierzehnmal! »Der Graf setzte sich ... und sagte, pse_224.031
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seinem Leben verzweifelt hätte; ... daß er die Lust und den pse_224.034
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Härte dieses betonten Hineinzwängens auch des Erregtesten pse_224.036
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stellt vor allem hier die Stilkraft der Rededynamik heraus.
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/240>, abgerufen am 23.11.2024.
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