Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.Weibern hochgehaltenen Aberglauben. träncke/ dahero auch eine iede absonderliche Nah-rung empfängt/ und kan dadurch keine der an- dern den geringsten Schaden zufügen. Und so einer mit der Sympathia und Antipathia hier- bey wolte auffgezogen kommen/ so würde es Zweiffels ohne so absurd herauskommen/ als ob ich spräche: Wenn man in einem Garten zu ei- ner Zeit zugleich zwey Aepffel-Kirsch- oder an- dere Obst-Bäume/ von einerley Art/ proyffete/ so würde der eine fruchtbar/ der andere aber un- fruchtbar werden/ weil einer dem andern seine Krafft um des willen benähme/ weil sie zu einer Zeit gepflantzet worden wären. Was hat die Milch vor einen Weg von ei- ner Brust zur andern? Wird sie vielleicht auff einem Steg durch die Milch-Strasse wandern? Und soll etwan das Sternen-Heer das Holtz zur Brücke legen? Was ists/ das diese Künste kan/ was kan die Milch bewegen/ Daß sie muß aus der einen Brust unsicht- bar davon fliehen/ Und gegentheils beym andern Weib in ih- re Brust einziehen? Diß Wunderding ist mir zu hoch/ ich kan es nicht ergründen/ Drum wer die Kunst ersonnen hat/ mag auch die Strasse finden. Das U 4
Weibern hochgehaltenen Aberglauben. traͤncke/ dahero auch eine iede abſonderliche Nah-rung empfaͤngt/ und kan dadurch keine der an- dern den geringſten Schaden zufuͤgen. Und ſo einer mit der Sympathia und Antipathia hier- bey wolte auffgezogen kommen/ ſo wuͤrde es Zweiffels ohne ſo abſurd herauskommen/ als ob ich ſpraͤche: Wenn man in einem Garten zu ei- ner Zeit zugleich zwey Aepffel-Kirſch- oder an- dere Obſt-Baͤume/ von einerley Art/ proyffete/ ſo wuͤrde der eine fruchtbar/ der andere aber un- fruchtbar werden/ weil einer dem andern ſeine Krafft um des willen benaͤhme/ weil ſie zu einer Zeit gepflantzet worden waͤren. Was hat die Milch vor einen Weg von ei- ner Bruſt zur andern? Wird ſie vielleicht auff einem Steg durch die Milch-Straſſe wandern? Und ſoll etwan das Sternen-Heer das Holtz zur Bruͤcke legen? Was iſts/ das dieſe Kuͤnſte kan/ was kan die Milch bewegen/ Daß ſie muß aus der einen Bruſt unſicht- bar davon fliehen/ Und gegentheils beym andern Weib in ih- re Bruſt einziehen? Diß Wunderding iſt mir zu hoch/ ich kan es nicht ergruͤnden/ Drum wer die Kunſt erſonnen hat/ mag auch die Straſſe finden. Das U 4
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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
traͤncke/ dahero auch eine iede abſonderliche Nah-
rung empfaͤngt/ und kan dadurch keine der an-
dern den geringſten Schaden zufuͤgen. Und ſo
einer mit der Sympathia und Antipathia hier-
bey wolte auffgezogen kommen/ ſo wuͤrde es
Zweiffels ohne ſo abſurd herauskommen/ als ob
ich ſpraͤche: Wenn man in einem Garten zu ei-
ner Zeit zugleich zwey Aepffel-Kirſch- oder an-
dere Obſt-Baͤume/ von einerley Art/ proyffete/
ſo wuͤrde der eine fruchtbar/ der andere aber un-
fruchtbar werden/ weil einer dem andern ſeine
Krafft um des willen benaͤhme/ weil ſie zu einer
Zeit gepflantzet worden waͤren.
Was hat die Milch vor einen Weg von ei-
ner Bruſt zur andern?
Wird ſie vielleicht auff einem Steg durch die
Milch-Straſſe wandern?
Und ſoll etwan das Sternen-Heer das
Holtz zur Bruͤcke legen?
Was iſts/ das dieſe Kuͤnſte kan/ was kan die
Milch bewegen/
Daß ſie muß aus der einen Bruſt unſicht-
bar davon fliehen/
Und gegentheils beym andern Weib in ih-
re Bruſt einziehen?
Diß Wunderding iſt mir zu hoch/ ich kan es
nicht ergruͤnden/
Drum wer die Kunſt erſonnen hat/ mag
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