gelernt haben: denn ein so lustiger und feuriger junger Mensch hat sich gewiß nicht viel Mühe ge- geben, die Geschicklichkeit zu erlangen, die er be- sitzt, und die man selten bey jungen Herren von Stande und Vermögen findet, sonderlich bey de- nen, die so viel Willen gehabt haben, als er.
Als er einmal wegen seiner Geschicklichkeit und wegen des ausnehmenden Fleisses gelobet ward, den er mit einer so lustigen Lebens-Art ver- bindet, beging er die Schwachheit, sich mit Ju- lius Cäsar zu vergleichen, der des Tages über grosse Thaten gethan und sie des Nachts aufge- zeichnet hätte. Er meynte so gar, es fehle ihm nichts als der erste Auftrit/ den Julius Cä- sar in der Welt gehabt hätte: wenn er den nur hätte/ so wollte er Aufsehens genug in unserer Zeit machen. Er sagte dieses zwar als im Schertz: denn Frau Fortescue machte eben die Anmerckung über ihn, die wir schon gemacht haben, daß er die Kunst besässe, seine Prahlerey auf eine lustige Weise zu erkennen und sich selbst damit aufzuziehen. Hiedurch entgeht er der Ver- achtung, die sonst auf Prahlerey und Eigenliebe zu folgen pflegt: und zugleich macht er doch an- dern bey nahe weiß, daß er in der That den Ruhm verdiene, den er sich nur im Schertz giebt.
Jch will setzen, daß dieser Ruhm wahr sey, und daß er die Stunden, die er vom Schlaf ab- brechen kan, zum schreiben anwendet: so möch- te ich doch wissen, was er für Materie zum schrei- hen hat. Schreibt er seine eigenen Thaten auf,
wie
der Clariſſa.
gelernt haben: denn ein ſo luſtiger und feuriger junger Menſch hat ſich gewiß nicht viel Muͤhe ge- geben, die Geſchicklichkeit zu erlangen, die er be- ſitzt, und die man ſelten bey jungen Herren von Stande und Vermoͤgen findet, ſonderlich bey de- nen, die ſo viel Willen gehabt haben, als er.
Als er einmal wegen ſeiner Geſchicklichkeit und wegen des ausnehmenden Fleiſſes gelobet ward, den er mit einer ſo luſtigen Lebens-Art ver- bindet, beging er die Schwachheit, ſich mit Ju- lius Caͤſar zu vergleichen, der des Tages uͤber groſſe Thaten gethan und ſie des Nachts aufge- zeichnet haͤtte. Er meynte ſo gar, es fehle ihm nichts als der erſte Auftrit/ den Julius Caͤ- ſar in der Welt gehabt haͤtte: wenn er den nur haͤtte/ ſo wollte er Aufſehens genug in unſerer Zeit machen. Er ſagte dieſes zwar als im Schertz: denn Frau Forteſcue machte eben die Anmerckung uͤber ihn, die wir ſchon gemacht haben, daß er die Kunſt beſaͤſſe, ſeine Prahlerey auf eine luſtige Weiſe zu erkennen und ſich ſelbſt damit aufzuziehen. Hiedurch entgeht er der Ver- achtung, die ſonſt auf Prahlerey und Eigenliebe zu folgen pflegt: und zugleich macht er doch an- dern bey nahe weiß, daß er in der That den Ruhm verdiene, den er ſich nur im Schertz giebt.
Jch will ſetzen, daß dieſer Ruhm wahr ſey, und daß er die Stunden, die er vom Schlaf ab- brechen kan, zum ſchreiben anwendet: ſo moͤch- te ich doch wiſſen, was er fuͤr Materie zum ſchrei- hen hat. Schreibt er ſeine eigenen Thaten auf,
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der Clariſſa.
gelernt haben: denn ein ſo luſtiger und feuriger
junger Menſch hat ſich gewiß nicht viel Muͤhe ge-
geben, die Geſchicklichkeit zu erlangen, die er be-
ſitzt, und die man ſelten bey jungen Herren von
Stande und Vermoͤgen findet, ſonderlich bey de-
nen, die ſo viel Willen gehabt haben, als er.
Als er einmal wegen ſeiner Geſchicklichkeit
und wegen des ausnehmenden Fleiſſes gelobet
ward, den er mit einer ſo luſtigen Lebens-Art ver-
bindet, beging er die Schwachheit, ſich mit Ju-
lius Caͤſar zu vergleichen, der des Tages uͤber
groſſe Thaten gethan und ſie des Nachts aufge-
zeichnet haͤtte. Er meynte ſo gar, es fehle ihm
nichts als der erſte Auftrit/ den Julius Caͤ-
ſar in der Welt gehabt haͤtte: wenn er den
nur haͤtte/ ſo wollte er Aufſehens genug in
unſerer Zeit machen. Er ſagte dieſes zwar als
im Schertz: denn Frau Forteſcue machte eben
die Anmerckung uͤber ihn, die wir ſchon gemacht
haben, daß er die Kunſt beſaͤſſe, ſeine Prahlerey
auf eine luſtige Weiſe zu erkennen und ſich ſelbſt
damit aufzuziehen. Hiedurch entgeht er der Ver-
achtung, die ſonſt auf Prahlerey und Eigenliebe
zu folgen pflegt: und zugleich macht er doch an-
dern bey nahe weiß, daß er in der That den Ruhm
verdiene, den er ſich nur im Schertz giebt.
Jch will ſetzen, daß dieſer Ruhm wahr ſey,
und daß er die Stunden, die er vom Schlaf ab-
brechen kan, zum ſchreiben anwendet: ſo moͤch-
te ich doch wiſſen, was er fuͤr Materie zum ſchrei-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/131>, abgerufen am 23.11.2024.
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