eine blaue Farbe erhält: der Himmel ist ein Wort ohne Sinn, und drückt blos einen optischen Jrr- thum aus.
Daraus folgt, daß die Erde von der Sonne ihrem Vater und Manne keine andere als thierische Wärme empfängt, welche sie ganz durchdringt; sie bekomt unaufhörlich ihre Ausflüsse, und schickt ihr, wie die übrigen Planeten andere dafür zu. Dieser Umlauf eben erhält, ohne Abnahme, die Bewegung, die Wärme und das Leben der Sonne selbst.
Hermantin, der dies System so wahrscheinlich und genugthuend fand, verdoppelte seine Aufmerk- samkeit.
-- Glaubt daher nicht, fuhr der Alte fort, daß diese weitläuftigen Körper todte Massen sind; sie leben und werden sterben. Aber dieienigen We- sen, welche auf ihrer äussern Haut sich befinden, sind vielleicht schon und werden noch öfter, wäh- rend dem Leben der Planeten, vernichtet, entwe- der durch einen gewissen Grad zufälliger Kälte, oder Wärme. Vielleicht werden sich diese Wesen aber auch so lange erhalten, als der Planet oder Komet selbst: aber gewiß ist es, daß weder die Planeten noch Kometen ewig dauern. Nichts als die Natur und ihr göttlicher Beseeler ist ewig. Aber wie werden diese Planeten und Kometen sterben? Dies kan kein Mensch zuverlässig wissen; aber aus der Annalogie läßt sichs vermuthen. Die Plane-
ten
eine blaue Farbe erhaͤlt: der Himmel iſt ein Wort ohne Sinn, und druͤckt blos einen optiſchen Jrr- thum aus.
Daraus folgt, daß die Erde von der Sonne ihrem Vater und Manne keine andere als thieriſche Waͤrme empfaͤngt, welche ſie ganz durchdringt; ſie bekomt unaufhoͤrlich ihre Ausfluͤſſe, und ſchickt ihr, wie die uͤbrigen Planeten andere dafuͤr zu. Dieſer Umlauf eben erhaͤlt, ohne Abnahme, die Bewegung, die Waͤrme und das Leben der Sonne ſelbſt.
Hermantin, der dies Syſtem ſo wahrſcheinlich und genugthuend fand, verdoppelte ſeine Aufmerk- ſamkeit.
— Glaubt daher nicht, fuhr der Alte fort, daß dieſe weitlaͤuftigen Koͤrper todte Maſſen ſind; ſie leben und werden ſterben. Aber dieienigen We- ſen, welche auf ihrer aͤuſſern Haut ſich befinden, ſind vielleicht ſchon und werden noch oͤfter, waͤh- rend dem Leben der Planeten, vernichtet, entwe- der durch einen gewiſſen Grad zufaͤlliger Kaͤlte, oder Waͤrme. Vielleicht werden ſich dieſe Weſen aber auch ſo lange erhalten, als der Planet oder Komet ſelbſt: aber gewiß iſt es, daß weder die Planeten noch Kometen ewig dauern. Nichts als die Natur und ihr goͤttlicher Beſeeler iſt ewig. Aber wie werden dieſe Planeten und Kometen ſterben? Dies kan kein Menſch zuverlaͤſſig wiſſen; aber aus der Annalogie laͤßt ſichs vermuthen. Die Plane-
ten
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0308"n="300"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
eine blaue Farbe erhaͤlt: der Himmel iſt ein Wort<lb/>
ohne Sinn, und druͤckt blos einen optiſchen Jrr-<lb/>
thum aus.</p><lb/><p>Daraus folgt, daß die Erde von der Sonne<lb/>
ihrem Vater und Manne keine andere als thieriſche<lb/>
Waͤrme empfaͤngt, welche ſie ganz durchdringt;<lb/>ſie bekomt unaufhoͤrlich ihre Ausfluͤſſe, und ſchickt<lb/>
ihr, wie die uͤbrigen Planeten andere dafuͤr zu.<lb/>
Dieſer Umlauf eben erhaͤlt, ohne Abnahme, die<lb/>
Bewegung, die Waͤrme und das Leben der Sonne<lb/>ſelbſt.</p><lb/><p>Hermantin, der dies Syſtem ſo wahrſcheinlich<lb/>
und genugthuend fand, verdoppelte ſeine Aufmerk-<lb/>ſamkeit.</p><lb/><p>— Glaubt daher nicht, fuhr der Alte fort,<lb/>
daß dieſe weitlaͤuftigen Koͤrper todte Maſſen ſind;<lb/>ſie leben und werden ſterben. Aber dieienigen We-<lb/>ſen, welche auf ihrer aͤuſſern Haut ſich befinden,<lb/>ſind vielleicht ſchon und werden noch oͤfter, waͤh-<lb/>
rend dem Leben der Planeten, vernichtet, entwe-<lb/>
der durch einen gewiſſen Grad zufaͤlliger Kaͤlte,<lb/>
oder Waͤrme. Vielleicht werden ſich dieſe Weſen<lb/>
aber auch ſo lange erhalten, als der Planet oder<lb/>
Komet ſelbſt: aber gewiß iſt es, daß weder die<lb/>
Planeten noch Kometen ewig dauern. Nichts als<lb/>
die Natur und ihr goͤttlicher Beſeeler iſt ewig. Aber<lb/>
wie werden dieſe Planeten und Kometen ſterben?<lb/>
Dies kan kein Menſch zuverlaͤſſig wiſſen; aber aus<lb/>
der Annalogie laͤßt ſichs vermuthen. Die Plane-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ten</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[300/0308]
eine blaue Farbe erhaͤlt: der Himmel iſt ein Wort
ohne Sinn, und druͤckt blos einen optiſchen Jrr-
thum aus.
Daraus folgt, daß die Erde von der Sonne
ihrem Vater und Manne keine andere als thieriſche
Waͤrme empfaͤngt, welche ſie ganz durchdringt;
ſie bekomt unaufhoͤrlich ihre Ausfluͤſſe, und ſchickt
ihr, wie die uͤbrigen Planeten andere dafuͤr zu.
Dieſer Umlauf eben erhaͤlt, ohne Abnahme, die
Bewegung, die Waͤrme und das Leben der Sonne
ſelbſt.
Hermantin, der dies Syſtem ſo wahrſcheinlich
und genugthuend fand, verdoppelte ſeine Aufmerk-
ſamkeit.
— Glaubt daher nicht, fuhr der Alte fort,
daß dieſe weitlaͤuftigen Koͤrper todte Maſſen ſind;
ſie leben und werden ſterben. Aber dieienigen We-
ſen, welche auf ihrer aͤuſſern Haut ſich befinden,
ſind vielleicht ſchon und werden noch oͤfter, waͤh-
rend dem Leben der Planeten, vernichtet, entwe-
der durch einen gewiſſen Grad zufaͤlliger Kaͤlte,
oder Waͤrme. Vielleicht werden ſich dieſe Weſen
aber auch ſo lange erhalten, als der Planet oder
Komet ſelbſt: aber gewiß iſt es, daß weder die
Planeten noch Kometen ewig dauern. Nichts als
die Natur und ihr goͤttlicher Beſeeler iſt ewig. Aber
wie werden dieſe Planeten und Kometen ſterben?
Dies kan kein Menſch zuverlaͤſſig wiſſen; aber aus
der Annalogie laͤßt ſichs vermuthen. Die Plane-
ten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/308>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.