Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht gegangen waren? und wie hoch ist er darauf gestiegen?

Unstreitig würde es etwas Charakteristisches für seine Art zu lieben seyn, wenn er die Idee gehabt hätte, sich durch Heldenthaten auszuzeichnen, um seiner Geliebten würdig zu werden. Denn diese Erhebung des kriegerischen Muths um der Achtung willen, die der Liebhaber dem Weibe zollt, ist etwas der Vorwelt unbekanntes. Allein darüber finden wir durchaus keine sichern Beweise. So viel dürfen wir annehmen, daß der Araber sich durch Abenteuer auszuzeichnen gesucht habe, um seine Geliebte aufmerksam auf seinen Werth zu machen, und daß er keine Gefahren gescheuet habe, um zu ihrem Besitze zu gelangen. Diese Vereinigung des kriegerischen Muths, der Ruhmbegierde und des Unternehmungsgeistes mit der Liebe ist aber gar nichts Auszeichnendes für den Araber. Sie findet sich beynahe bey allen Völkern wieder, die zu gleicher Zeit dem Kriege und den Weibern ergeben sind. Die Bestrebung, sich durch die Vorstellung des Werths seiner Dame über sein niedriges Selbst zu erheben, und durch Bestehung außerordentlicher Gefahren ihrer würdig zu werden, ist weit verschieden von dem Wunsche, die Bewunderung der Schönen auf sich zu ziehen, damit sie unsern eiteln oder sinnlichen Wünschen dadurch geneigter werde. Jenes setzt Achtung der Person, Ueberzeugung von der unmittelbaren Wichtigkeit ihres Beyfalls zum voraus: diese Bemühung kann ein Wesen erwecken, das wir verachten, und findet ihre Belohnung in dem weiter liegenden Zwecke der Befriedigung einer höchst materiellen Begierde.

Nun scheint es allerdings, daß das Arabische Frauenzimmer zu den Zeiten Muhammeds ein gewisses Ansehn

nicht gegangen waren? und wie hoch ist er darauf gestiegen?

Unstreitig würde es etwas Charakteristisches für seine Art zu lieben seyn, wenn er die Idee gehabt hätte, sich durch Heldenthaten auszuzeichnen, um seiner Geliebten würdig zu werden. Denn diese Erhebung des kriegerischen Muths um der Achtung willen, die der Liebhaber dem Weibe zollt, ist etwas der Vorwelt unbekanntes. Allein darüber finden wir durchaus keine sichern Beweise. So viel dürfen wir annehmen, daß der Araber sich durch Abenteuer auszuzeichnen gesucht habe, um seine Geliebte aufmerksam auf seinen Werth zu machen, und daß er keine Gefahren gescheuet habe, um zu ihrem Besitze zu gelangen. Diese Vereinigung des kriegerischen Muths, der Ruhmbegierde und des Unternehmungsgeistes mit der Liebe ist aber gar nichts Auszeichnendes für den Araber. Sie findet sich beynahe bey allen Völkern wieder, die zu gleicher Zeit dem Kriege und den Weibern ergeben sind. Die Bestrebung, sich durch die Vorstellung des Werths seiner Dame über sein niedriges Selbst zu erheben, und durch Bestehung außerordentlicher Gefahren ihrer würdig zu werden, ist weit verschieden von dem Wunsche, die Bewunderung der Schönen auf sich zu ziehen, damit sie unsern eiteln oder sinnlichen Wünschen dadurch geneigter werde. Jenes setzt Achtung der Person, Ueberzeugung von der unmittelbaren Wichtigkeit ihres Beyfalls zum voraus: diese Bemühung kann ein Wesen erwecken, das wir verachten, und findet ihre Belohnung in dem weiter liegenden Zwecke der Befriedigung einer höchst materiellen Begierde.

Nun scheint es allerdings, daß das Arabische Frauenzimmer zu den Zeiten Muhammeds ein gewisses Ansehn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0011" n="11"/>
nicht gegangen waren? und wie hoch ist er darauf gestiegen?</p>
          <p>Unstreitig würde es etwas Charakteristisches für seine Art zu lieben seyn, wenn er die Idee gehabt hätte, sich durch Heldenthaten auszuzeichnen, um seiner Geliebten würdig zu werden. Denn diese Erhebung des kriegerischen Muths um der Achtung willen, die der Liebhaber dem Weibe zollt, ist etwas der Vorwelt unbekanntes. Allein darüber finden wir durchaus keine sichern Beweise. So viel dürfen wir annehmen, daß der Araber sich durch Abenteuer auszuzeichnen gesucht habe, um seine Geliebte aufmerksam auf seinen Werth zu machen, und daß er keine Gefahren gescheuet habe, um zu ihrem Besitze zu gelangen. Diese Vereinigung des kriegerischen Muths, der Ruhmbegierde und des Unternehmungsgeistes mit der Liebe ist aber gar nichts Auszeichnendes für den Araber. Sie findet sich beynahe bey allen Völkern wieder, die zu gleicher Zeit dem Kriege und den Weibern ergeben sind. Die Bestrebung, sich durch die Vorstellung des Werths seiner Dame über sein niedriges Selbst zu erheben, und durch Bestehung außerordentlicher Gefahren ihrer würdig zu werden, ist weit verschieden von dem Wunsche, die Bewunderung der Schönen auf sich zu ziehen, damit sie unsern eiteln oder sinnlichen Wünschen dadurch geneigter werde. Jenes setzt Achtung der Person, Ueberzeugung von der unmittelbaren Wichtigkeit ihres Beyfalls zum voraus: diese Bemühung kann ein Wesen erwecken, das wir verachten, und findet ihre Belohnung in dem weiter liegenden Zwecke der Befriedigung einer höchst materiellen Begierde.</p>
          <p>Nun scheint es allerdings, daß das Arabische Frauenzimmer zu den Zeiten Muhammeds ein gewisses Ansehn
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0011] nicht gegangen waren? und wie hoch ist er darauf gestiegen? Unstreitig würde es etwas Charakteristisches für seine Art zu lieben seyn, wenn er die Idee gehabt hätte, sich durch Heldenthaten auszuzeichnen, um seiner Geliebten würdig zu werden. Denn diese Erhebung des kriegerischen Muths um der Achtung willen, die der Liebhaber dem Weibe zollt, ist etwas der Vorwelt unbekanntes. Allein darüber finden wir durchaus keine sichern Beweise. So viel dürfen wir annehmen, daß der Araber sich durch Abenteuer auszuzeichnen gesucht habe, um seine Geliebte aufmerksam auf seinen Werth zu machen, und daß er keine Gefahren gescheuet habe, um zu ihrem Besitze zu gelangen. Diese Vereinigung des kriegerischen Muths, der Ruhmbegierde und des Unternehmungsgeistes mit der Liebe ist aber gar nichts Auszeichnendes für den Araber. Sie findet sich beynahe bey allen Völkern wieder, die zu gleicher Zeit dem Kriege und den Weibern ergeben sind. Die Bestrebung, sich durch die Vorstellung des Werths seiner Dame über sein niedriges Selbst zu erheben, und durch Bestehung außerordentlicher Gefahren ihrer würdig zu werden, ist weit verschieden von dem Wunsche, die Bewunderung der Schönen auf sich zu ziehen, damit sie unsern eiteln oder sinnlichen Wünschen dadurch geneigter werde. Jenes setzt Achtung der Person, Ueberzeugung von der unmittelbaren Wichtigkeit ihres Beyfalls zum voraus: diese Bemühung kann ein Wesen erwecken, das wir verachten, und findet ihre Belohnung in dem weiter liegenden Zwecke der Befriedigung einer höchst materiellen Begierde. Nun scheint es allerdings, daß das Arabische Frauenzimmer zu den Zeiten Muhammeds ein gewisses Ansehn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/11
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/11>, abgerufen am 23.11.2024.