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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

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Als ich geendet, entschwebte seinen Lip-
pen ein behaglicher Seufzer, und lächelnd
lispelte er (ganz wie im Leben): Auf Er-
den wollte mir das Glück nie wohl, Heil
aber sollte mir dennoch von daher, hier im
Zwischenreich widerfahren! Wandelte ich
noch irdisch umher, mir würde seyn, wie
einem Türken, der, in der Menge verbor-
gen, plötzlich einen Gesandten des Sultans
auf sich zukommen sieht, um ihn mit dem
Ehrenpelz zu bekleiden, und zum Pascha
einiger Roßschweife zu ernennen. Lächle
nicht über die scheinbare Eitelkeit dieses
Vergleichs, mein guter Herrmann; denn
es steht mir ja wohl an, stolz zu seyn auf
Jupiters Lob, und es ist sogar Pflicht,
meine eigne Bescheidenheit hier gefangen zu
nehmen -- denn wäre es nicht anmaßend,
mich selbst richtiger schätzen zu wollen als Er?

Ist es mir aber vergönnt, nun auch
dem Gehörten einige demuthsvolle Worte
zu entgegnen, so muß ich vor Allem mein
Staunen ausdrücken, wie der achtzigjährige
Greis so jugendlich frisch noch in jeden
muthwilligen Scherz des Weltkindes, in
jede Kinderfreude an der Natur so theil-
nehmend freundlich einzugehen vermag, und
wie hoch er dabei dennoch in seiner Dich-

Als ich geendet, entſchwebte ſeinen Lip-
pen ein behaglicher Seufzer, und laͤchelnd
lispelte er (ganz wie im Leben): Auf Er-
den wollte mir das Gluͤck nie wohl, Heil
aber ſollte mir dennoch von daher, hier im
Zwiſchenreich widerfahren! Wandelte ich
noch irdiſch umher, mir wuͤrde ſeyn, wie
einem Tuͤrken, der, in der Menge verbor-
gen, ploͤtzlich einen Geſandten des Sultans
auf ſich zukommen ſieht, um ihn mit dem
Ehrenpelz zu bekleiden, und zum Paſcha
einiger Roßſchweife zu ernennen. Laͤchle
nicht uͤber die ſcheinbare Eitelkeit dieſes
Vergleichs, mein guter Herrmann; denn
es ſteht mir ja wohl an, ſtolz zu ſeyn auf
Jupiters Lob, und es iſt ſogar Pflicht,
meine eigne Beſcheidenheit hier gefangen zu
nehmen — denn waͤre es nicht anmaßend,
mich ſelbſt richtiger ſchaͤtzen zu wollen als Er?

Iſt es mir aber vergoͤnnt, nun auch
dem Gehoͤrten einige demuthsvolle Worte
zu entgegnen, ſo muß ich vor Allem mein
Staunen ausdruͤcken, wie der achtzigjaͤhrige
Greis ſo jugendlich friſch noch in jeden
muthwilligen Scherz des Weltkindes, in
jede Kinderfreude an der Natur ſo theil-
nehmend freundlich einzugehen vermag, und
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[XIII/0021] Als ich geendet, entſchwebte ſeinen Lip- pen ein behaglicher Seufzer, und laͤchelnd lispelte er (ganz wie im Leben): Auf Er- den wollte mir das Gluͤck nie wohl, Heil aber ſollte mir dennoch von daher, hier im Zwiſchenreich widerfahren! Wandelte ich noch irdiſch umher, mir wuͤrde ſeyn, wie einem Tuͤrken, der, in der Menge verbor- gen, ploͤtzlich einen Geſandten des Sultans auf ſich zukommen ſieht, um ihn mit dem Ehrenpelz zu bekleiden, und zum Paſcha einiger Roßſchweife zu ernennen. Laͤchle nicht uͤber die ſcheinbare Eitelkeit dieſes Vergleichs, mein guter Herrmann; denn es ſteht mir ja wohl an, ſtolz zu ſeyn auf Jupiters Lob, und es iſt ſogar Pflicht, meine eigne Beſcheidenheit hier gefangen zu nehmen — denn waͤre es nicht anmaßend, mich ſelbſt richtiger ſchaͤtzen zu wollen als Er? Iſt es mir aber vergoͤnnt, nun auch dem Gehoͤrten einige demuthsvolle Worte zu entgegnen, ſo muß ich vor Allem mein Staunen ausdruͤcken, wie der achtzigjaͤhrige Greis ſo jugendlich friſch noch in jeden muthwilligen Scherz des Weltkindes, in jede Kinderfreude an der Natur ſo theil- nehmend freundlich einzugehen vermag, und wie hoch er dabei dennoch in ſeiner Dich-

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. XIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/21>, abgerufen am 29.03.2024.