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Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895.

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ist auch mit der sexuellen Ausjätung verbunden. Es ist
nicht nur die gesellschaftliche Stellung der alten Jungfer,
die viele ältere Mädchen quält, es sind nicht nur ihre all-
mählich eintretenden psychischen Verschiedenheiten von
den verheiratheten Frauen, sondern vor allem das bei liebe-
bedürftigen Naturen stark ausgeprägte Verlangen nach einer
innigen Lebensgemeinschaft, wie sie eben nur mit einem
Manne, selten mit Frauen, möglich ist, und wohl am meisten
die Sehnsucht nach einem Kinde, das mit Mutterlust gehegt
und gepflegt, und das auch dem einsamsten Weibe Zweck
und Inhalt seines Lebens werden kann. Der Mann dürfte
ebenfalls bei seinem lebhaften Liebesverlangen die stärkere
sexuelle Ausjätung durchaus nicht als gleichgültig empfinden.
Es wäre überdies zu fürchten, dass seine aggressive Natur
sich doch in irgend einer Art Luft machen würde, und dass
möglicherweise dadurch die Neigung zu lockeren Geschlechts-
verhältnissen bei Frauen mit niedrigen Anlagen angefacht
und benutzt werden könnte, wodurch der Syphilis und
anderen Geschlechtskrankheiten immer noch ihr günstiger
Boden erhalten bliebe.

Das humane Ideal möchte eben alle und jede schmerz-
hafte Ausjäte schmerzempfindender Menschen möglichst
verhindern und andere Entwickelungs-Factoren an ihre
Stelle setzen.

Aber ist das überhaupt möglich? Giebt es irgend
einen Ausweg, der mit den als wahr erkannten darwinistischen
Principien vereinbar ist?

Lösung durch Beherrschung der Variabilität.

Solch ein Ausweg scheint sich in der That zu eröffnen
durch das Bestreben, die Gesetze der Variation genauer zu
erforschen und sie bewusst auf die Verbesserung der De-
varianten, d. h. des Nachwuchses, anzuwenden.

Je mehr wir im Stande sind, die Erzeugung schlechterer

ist auch mit der sexuellen Ausjätung verbunden. Es ist
nicht nur die gesellschaftliche Stellung der alten Jungfer,
die viele ältere Mädchen quält, es sind nicht nur ihre all-
mählich eintretenden psychischen Verschiedenheiten von
den verheiratheten Frauen, sondern vor allem das bei liebe-
bedürftigen Naturen stark ausgeprägte Verlangen nach einer
innigen Lebensgemeinschaft, wie sie eben nur mit einem
Manne, selten mit Frauen, möglich ist, und wohl am meisten
die Sehnsucht nach einem Kinde, das mit Mutterlust gehegt
und gepflegt, und das auch dem einsamsten Weibe Zweck
und Inhalt seines Lebens werden kann. Der Mann dürfte
ebenfalls bei seinem lebhaften Liebesverlangen die stärkere
sexuelle Ausjätung durchaus nicht als gleichgültig empfinden.
Es wäre überdies zu fürchten, dass seine aggressive Natur
sich doch in irgend einer Art Luft machen würde, und dass
möglicherweise dadurch die Neigung zu lockeren Geschlechts-
verhältnissen bei Frauen mit niedrigen Anlagen angefacht
und benutzt werden könnte, wodurch der Syphilis und
anderen Geschlechtskrankheiten immer noch ihr günstiger
Boden erhalten bliebe.

Das humane Ideal möchte eben alle und jede schmerz-
hafte Ausjäte schmerzempfindender Menschen möglichst
verhindern und andere Entwickelungs-Factoren an ihre
Stelle setzen.

Aber ist das überhaupt möglich? Giebt es irgend
einen Ausweg, der mit den als wahr erkannten darwinistischen
Principien vereinbar ist?

Lösung durch Beherrschung der Variabilität.

Solch ein Ausweg scheint sich in der That zu eröffnen
durch das Bestreben, die Gesetze der Variation genauer zu
erforschen und sie bewusst auf die Verbesserung der De-
varianten, d. h. des Nachwuchses, anzuwenden.

Je mehr wir im Stande sind, die Erzeugung schlechterer

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[224/0244] ist auch mit der sexuellen Ausjätung verbunden. Es ist nicht nur die gesellschaftliche Stellung der alten Jungfer, die viele ältere Mädchen quält, es sind nicht nur ihre all- mählich eintretenden psychischen Verschiedenheiten von den verheiratheten Frauen, sondern vor allem das bei liebe- bedürftigen Naturen stark ausgeprägte Verlangen nach einer innigen Lebensgemeinschaft, wie sie eben nur mit einem Manne, selten mit Frauen, möglich ist, und wohl am meisten die Sehnsucht nach einem Kinde, das mit Mutterlust gehegt und gepflegt, und das auch dem einsamsten Weibe Zweck und Inhalt seines Lebens werden kann. Der Mann dürfte ebenfalls bei seinem lebhaften Liebesverlangen die stärkere sexuelle Ausjätung durchaus nicht als gleichgültig empfinden. Es wäre überdies zu fürchten, dass seine aggressive Natur sich doch in irgend einer Art Luft machen würde, und dass möglicherweise dadurch die Neigung zu lockeren Geschlechts- verhältnissen bei Frauen mit niedrigen Anlagen angefacht und benutzt werden könnte, wodurch der Syphilis und anderen Geschlechtskrankheiten immer noch ihr günstiger Boden erhalten bliebe. Das humane Ideal möchte eben alle und jede schmerz- hafte Ausjäte schmerzempfindender Menschen möglichst verhindern und andere Entwickelungs-Factoren an ihre Stelle setzen. Aber ist das überhaupt möglich? Giebt es irgend einen Ausweg, der mit den als wahr erkannten darwinistischen Principien vereinbar ist? Lösung durch Beherrschung der Variabilität. Solch ein Ausweg scheint sich in der That zu eröffnen durch das Bestreben, die Gesetze der Variation genauer zu erforschen und sie bewusst auf die Verbesserung der De- varianten, d. h. des Nachwuchses, anzuwenden. Je mehr wir im Stande sind, die Erzeugung schlechterer

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Zitationshilfe: Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/244>, abgerufen am 23.11.2024.