Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

die Wäldchen, woraus bunte Lusthäuschen wie
Tulpen heraus wankten, desgleichen die gemalten
Brücken und weissen Statuen und die Regelschnü¬
re vieler Hecken und Gänge -- -- das konnt' er
dem Elsaßer, dem ers zeigte, gar nicht feurig ge¬
nug entfärben, je länger er trank. Diesem gefiels
natürlich; denn gewöhnlich führte er seine Claude-
Lorrain's nur mit dem einzigen Wort und Striche
wacker aus: süperb! -- Jeder aber hat seine ande¬
re Hauptfarbe der Bewunderung; der eine sagt:
englisch -- der andere: himmlisch! -- der dritte:
göttlich! -- der vierte: ei der Teufel! -- der fünf¬
te: ei! --

Walt aber sagte, obwol zu sich: "dieß ist
"von Morgen an, oder ich irre entsetzlich, das
"wahre Weltleben Eleganter. Bin ich nicht wie
"in Versailles und in Fontainebleau; und Louis
"quatorze regiert zurück? Der Unterschied ist
"schwerlich erheblich. Diese Alleen -- diese Beete
"-- Büsche -- diese vielen Leute am Morgen --
"dieser lichte Tag!" -- Walten war nämlich, der
Himmel weiß von welchen Frühblicken des Lebens,
eine so romantische Ansicht von der Jugendzeit des

die Waͤldchen, woraus bunte Luſthaͤuschen wie
Tulpen heraus wankten, desgleichen die gemalten
Bruͤcken und weiſſen Statuen und die Regelſchnuͤ¬
re vieler Hecken und Gaͤnge — — das konnt' er
dem Elſaßer, dem ers zeigte, gar nicht feurig ge¬
nug entfaͤrben, je laͤnger er trank. Dieſem gefiels
natuͤrlich; denn gewoͤhnlich fuͤhrte er ſeine Claude-
Lorrain's nur mit dem einzigen Wort und Striche
wacker aus: ſuͤperb! — Jeder aber hat ſeine ande¬
re Hauptfarbe der Bewunderung; der eine ſagt:
engliſch — der andere: himmliſch! — der dritte:
goͤttlich! — der vierte: ei der Teufel! — der fuͤnf¬
te: ei! —

Walt aber ſagte, obwol zu ſich: „dieß iſt
„von Morgen an, oder ich irre entſetzlich, das
„wahre Weltleben Eleganter. Bin ich nicht wie
„in Verſailles und in Fontainebleau; und Louis
„quatorze regiert zuruͤck? Der Unterſchied iſt
„ſchwerlich erheblich. Dieſe Alleen — dieſe Beete
„— Buͤſche — dieſe vielen Leute am Morgen —
„dieſer lichte Tag!“ — Walten war naͤmlich, der
Himmel weiß von welchen Fruͤhblicken des Lebens,
eine ſo romantiſche Anſicht von der Jugendzeit des

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0049" n="43"/>
die Wa&#x0364;ldchen, woraus bunte Lu&#x017F;tha&#x0364;uschen wie<lb/>
Tulpen heraus wankten, desgleichen die gemalten<lb/>
Bru&#x0364;cken und wei&#x017F;&#x017F;en Statuen und die Regel&#x017F;chnu&#x0364;¬<lb/>
re vieler Hecken und Ga&#x0364;nge &#x2014; &#x2014; das konnt' er<lb/>
dem El&#x017F;aßer, dem ers zeigte, gar nicht feurig ge¬<lb/>
nug entfa&#x0364;rben, je la&#x0364;nger er trank. Die&#x017F;em gefiels<lb/>
natu&#x0364;rlich; denn gewo&#x0364;hnlich fu&#x0364;hrte er &#x017F;eine Claude-<lb/>
Lorrain's nur mit dem einzigen Wort und Striche<lb/>
wacker aus: &#x017F;u&#x0364;perb! &#x2014; Jeder aber hat &#x017F;eine ande¬<lb/>
re Hauptfarbe der Bewunderung; der eine &#x017F;agt:<lb/>
engli&#x017F;ch &#x2014; der andere: himmli&#x017F;ch! &#x2014; der dritte:<lb/>
go&#x0364;ttlich! &#x2014; der vierte: ei der Teufel! &#x2014; der fu&#x0364;nf¬<lb/>
te: ei! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Walt aber &#x017F;agte, obwol zu &#x017F;ich: &#x201E;dieß i&#x017F;t<lb/>
&#x201E;von Morgen an, oder ich irre ent&#x017F;etzlich, das<lb/>
&#x201E;wahre Weltleben Eleganter. Bin ich nicht wie<lb/>
&#x201E;in Ver&#x017F;ailles und in Fontainebleau; und Louis<lb/>
&#x201E;quatorze regiert zuru&#x0364;ck? Der Unter&#x017F;chied i&#x017F;t<lb/>
&#x201E;&#x017F;chwerlich erheblich. Die&#x017F;e Alleen &#x2014; die&#x017F;e Beete<lb/>
&#x201E;&#x2014; Bu&#x0364;&#x017F;che &#x2014; die&#x017F;e vielen Leute am Morgen &#x2014;<lb/>
&#x201E;die&#x017F;er lichte Tag!&#x201C; &#x2014; Walten war na&#x0364;mlich, der<lb/>
Himmel weiß von welchen Fru&#x0364;hblicken des Lebens,<lb/>
eine &#x017F;o romanti&#x017F;che An&#x017F;icht von der Jugendzeit des<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0049] die Waͤldchen, woraus bunte Luſthaͤuschen wie Tulpen heraus wankten, desgleichen die gemalten Bruͤcken und weiſſen Statuen und die Regelſchnuͤ¬ re vieler Hecken und Gaͤnge — — das konnt' er dem Elſaßer, dem ers zeigte, gar nicht feurig ge¬ nug entfaͤrben, je laͤnger er trank. Dieſem gefiels natuͤrlich; denn gewoͤhnlich fuͤhrte er ſeine Claude- Lorrain's nur mit dem einzigen Wort und Striche wacker aus: ſuͤperb! — Jeder aber hat ſeine ande¬ re Hauptfarbe der Bewunderung; der eine ſagt: engliſch — der andere: himmliſch! — der dritte: goͤttlich! — der vierte: ei der Teufel! — der fuͤnf¬ te: ei! — Walt aber ſagte, obwol zu ſich: „dieß iſt „von Morgen an, oder ich irre entſetzlich, das „wahre Weltleben Eleganter. Bin ich nicht wie „in Verſailles und in Fontainebleau; und Louis „quatorze regiert zuruͤck? Der Unterſchied iſt „ſchwerlich erheblich. Dieſe Alleen — dieſe Beete „— Buͤſche — dieſe vielen Leute am Morgen — „dieſer lichte Tag!“ — Walten war naͤmlich, der Himmel weiß von welchen Fruͤhblicken des Lebens, eine ſo romantiſche Anſicht von der Jugendzeit des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/49
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/49>, abgerufen am 24.04.2024.