Talvj, Volkslieder der Serben, 1825Zwiefache Verwünschung. Flucht das Mädchen ihren schwarzen Augen: "Schwarze Augen, möchtet Ihr erblinden! Alles schaut Ihr, und saht doch nicht heute, Wie mein Liebster bei dem Hof vorbei gieng, Eine Blume trug in seinen Händen, Auf den Schultern ein gesticktes Tüchlein, Das ein andres Liebchen ihm gegeben! Zweige waren drauf gestickt in Menge. So viel Zweige auf dem Tüchlein waren, So viel Herzenswunden mög' er haben! So viel Aeste waren an den Zweigen, So viel Herzensqualen mög' er leiden!" Zwiefache Verwünschung. Flucht das Mädchen ihren schwarzen Augen: „Schwarze Augen, möchtet Ihr erblinden! Alles schaut Ihr, und saht doch nicht heute, Wie mein Liebster bei dem Hof vorbei gieng, Eine Blume trug in seinen Händen, Auf den Schultern ein gesticktes Tüchlein, Das ein andres Liebchen ihm gegeben! Zweige waren drauf gestickt in Menge. So viel Zweige auf dem Tüchlein waren, So viel Herzenswunden mög' er haben! So viel Aeste waren an den Zweigen, So viel Herzensqualen mög' er leiden!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0118" n="52"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Zwiefache Verwüns</hi>ch<hi rendition="#g">ung</hi>.</hi> </hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <lg> <l><hi rendition="#in">F</hi>lucht das Mädchen ihren schwarzen Augen:</l><lb/> <l>„Schwarze Augen, möchtet Ihr erblinden!</l><lb/> <l>Alles schaut Ihr, und saht doch nicht heute,</l><lb/> <l>Wie mein Liebster bei dem Hof vorbei gieng,</l><lb/> <l>Eine Blume trug in seinen Händen,</l><lb/> <l>Auf den Schultern ein gesticktes Tüchlein,</l><lb/> <l>Das ein andres Liebchen ihm gegeben!</l><lb/> <l>Zweige waren drauf gestickt in Menge.</l><lb/> <l>So viel Zweige auf dem Tüchlein waren,</l><lb/> <l>So viel Herzenswunden mög' er haben!</l><lb/> <l>So viel Aeste waren an den Zweigen,</l><lb/> <l>So viel Herzensqualen mög' er leiden!“</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [52/0118]
Zwiefache Verwünschung.
Flucht das Mädchen ihren schwarzen Augen:
„Schwarze Augen, möchtet Ihr erblinden!
Alles schaut Ihr, und saht doch nicht heute,
Wie mein Liebster bei dem Hof vorbei gieng,
Eine Blume trug in seinen Händen,
Auf den Schultern ein gesticktes Tüchlein,
Das ein andres Liebchen ihm gegeben!
Zweige waren drauf gestickt in Menge.
So viel Zweige auf dem Tüchlein waren,
So viel Herzenswunden mög' er haben!
So viel Aeste waren an den Zweigen,
So viel Herzensqualen mög' er leiden!“
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