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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825

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Abschied.


Schlang von Wein sich eine weiße Rebe
Um die Feste, um die weiße Buda.
Keine weiße Rebe war's von Weine,
Nein, es war ein treues Liebespärchen.
Seit der frühen Jugend war's vereinet.
Und nun muß es sich zur Unzeit trennen!
Eines sprach zum Andern bei dem Scheiden:
"Gehe, Seele, geh' g'rad' aus, mein Herze!
Findest einen umgezäunten Garten,
Einen rothen Rosenstrauch im Garten.
Pflücke Dir vom Strauch ein Rosenzweiglein!
Leg' es auf Dein Herz in Deinem Busen!
Siehe, also, wie die Rose welket,
Also welkt um Dich mein armes Herz hin!"
Drauf beim Scheiden sprach das andre Liebchen:
"Und Du, Seele, geh' zurück ein wenig!
Einen grünen Wald wirst dort Du finden,
Steht im Wald ein Born mit kühlem Wasser,
Und im Borne liegt ein Stein von Marmor,
Auf dem Steine steht ein goldner Becher,
Aber in dem Becher liegt ein Schneeball.
Abschied.


Schlang von Wein sich eine weiße Rebe
Um die Feste, um die weiße Buda.
Keine weiße Rebe war's von Weine,
Nein, es war ein treues Liebespärchen.
Seit der frühen Jugend war's vereinet.
Und nun muß es sich zur Unzeit trennen!
Eines sprach zum Andern bei dem Scheiden:
„Gehe, Seele, geh' g'rad' aus, mein Herze!
Findest einen umgezäunten Garten,
Einen rothen Rosenstrauch im Garten.
Pflücke Dir vom Strauch ein Rosenzweiglein!
Leg' es auf Dein Herz in Deinem Busen!
Siehe, also, wie die Rose welket,
Also welkt um Dich mein armes Herz hin!“
Drauf beim Scheiden sprach das andre Liebchen:
„Und Du, Seele, geh' zurück ein wenig!
Einen grünen Wald wirst dort Du finden,
Steht im Wald ein Born mit kühlem Wasser,
Und im Borne liegt ein Stein von Marmor,
Auf dem Steine steht ein goldner Becher,
Aber in dem Becher liegt ein Schneeball.
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[38/0104] Abschied. Schlang von Wein sich eine weiße Rebe Um die Feste, um die weiße Buda. Keine weiße Rebe war's von Weine, Nein, es war ein treues Liebespärchen. Seit der frühen Jugend war's vereinet. Und nun muß es sich zur Unzeit trennen! Eines sprach zum Andern bei dem Scheiden: „Gehe, Seele, geh' g'rad' aus, mein Herze! Findest einen umgezäunten Garten, Einen rothen Rosenstrauch im Garten. Pflücke Dir vom Strauch ein Rosenzweiglein! Leg' es auf Dein Herz in Deinem Busen! Siehe, also, wie die Rose welket, Also welkt um Dich mein armes Herz hin!“ Drauf beim Scheiden sprach das andre Liebchen: „Und Du, Seele, geh' zurück ein wenig! Einen grünen Wald wirst dort Du finden, Steht im Wald ein Born mit kühlem Wasser, Und im Borne liegt ein Stein von Marmor, Auf dem Steine steht ein goldner Becher, Aber in dem Becher liegt ein Schneeball.

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Zitationshilfe: Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/104>, abgerufen am 23.11.2024.