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Mainzer Journal. Nr. 168. Mainz, 19. Dezember 1848.

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[Beginn Spaltensatz] ist gewiß, daß der Schwerpunkt der neuzugestaltenden Monarchie
nicht im Reichstage, sondern im Ministerium liegt. Dorthin muß
man also den Blick richten und dort findet man Stoff.

Kremster 12. December. ( N. C. ) Jn einigen Tagen wird
die Bewilligung des Credits von 80 Millionen stattfinden. Wie
wir die Stimmung der Mehrzahl der Abgeordneten kennen, dürfte
sich der Verwilligung kein bedeutendes Hinderniß entgegenstellen,
und somit wird auch die Furcht vor einer Prorogation oder gänz-
lichen Auflösung der Kammer schwinden. -- Von sonstigen Neu-
igkeiten haben wir die baldige Verwirklichung einer langgehegten
Jdee Stadion's zu berichten, welche in der Gründung eines
" Volksblattes " im ministeriellen Sinne besteht. Die Ein-
richtung und Redaction desselben soll dem Hrn. Warrens, Mit-
interessenten des österreichischen Lloyd, übertragen worden seyn.

Berlin 17. December. ( V. Z. ) Verschiedene Zeitungen
bringen die Nachricht, daß die Anklageschrift gegen diejenigen
Mitglieder der Nationalversammlung, welche den bekannten Be-
schluß der Steuerverweigerung gefaßt haben, vom Staatsan-
walte bereits ausgearbeitet sey und in kurzer Zeit eingereicht wer-
den würde, um hierdurch eine Wiederwahl dieser Abgeordne-
ten unmöglich zu machen. Wir glauben diese Nachricht als eine
durchaus ungegründete bezeichnen zu können. Zunächst ist es nicht
glaubhaft, daß unsere Regierung jetzt, wo die Ruhe mühsam
wiederhergestellt und das Ansehen der Nationalversammlung
geradezu gebrochen ist, einen so aufregenden nutzlosen Schritt
unternehmen sollte, der eher geeignet wäre Sympathien für die
betreffenden Angeklagten zu erregen als zu untergraben. Ueber-
dies aber wäre der Ausgang dieses Prozesses ein höchst zweifel-
hafter, da den Abgeordneten für alle ihre Abstimmungen Unan-
tastbarkeit gesetzlich zugesichert ist und da, wenn man die Sache
auf die juristische Spitze treibt, sich möglicher Weise Resultate
herausstellen könnten, welche der Regierung nicht günstig sind.
Am wenigsten ließe sich aber in solcher Weise die Wiederwahl der
betreffenden Abgeordneten hintertreiben. Denn nach Artikel 71.
und 65. der Verfassung geht die Wählbarkeit nicht gleich bei Ein-
leidung jedweder Untersuchung, sondern erst in Folge rechts-
kräftigen
richterlichen Erkenntnisses verloren. Jedenfalls
möchten aber bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Monstre-
Prozesses wohl mehrere Jahre vergehen.

Jn den einzelnen Bezirken haben sich bereits Wahlcomit e 's zu
den bevorstehenden Wahlen gebildet. Alle Parteien sind diesmal
ungleich thätiger als das letzte Mal und es steht jedenfalls ein
sehr harter Wahlkampf in Aussicht. Auf die von verschiedenen
Bezirksvereinen an Herrn von Wrangel gerichtete Bitte, um Er-
laubniß zur Abhaltung von Wahlversammlungen, ist bis jetzt noch
keine Antwort erfolgt.

Unsere Börse, welche Anfangs dieser Woche eine starke stei-
gende Tendenz verrieth, ist in den letzten drei Tagen hiervon mehr
und mehr zurückgekommen. -- Wiewohl die französischen Course
gestern fast anderthalb Procent höher gekommen sind, hat dies
doch auf unsere Börse eher einen entgegengesetzten Einfluß ge-
übt, ein Beweis, daß die Wendung der französischen Zustände
hier kein Vertrauen einflößt. Jnzwischen muß man annehmen,
daß die Franzosen ihre eigenen Angelegenheiten richtiger betrach-
ten als wir.

Hannover 15. December. ( D. A. Z. ) Man rüstet sich im
ganzen Lande lebhaft zu den nahe bevorstehenden Wahlen
und es gewinnt den Anschein, daß diesmal eine starke Wahl-
bewegung an allen Orten unseres Königreiches stattfinden wird.
Entwickelt die Presse in dieser Hinsicht eine größere Thätigkeit
als in früheren Jahren, so kommt gegenwärtig noch hinzu, daß
auch die "Volksvereine," welche über das ganze Land verbrei-
tet sind, die Sache in die Hand nehmen. Der hiesige Volks-
verein
hat sich so gut wie einstimmig dem frankfurter März-
vereine angeschlossen und sind wir sehr sehr begierig zu erfah-
ren, ob der vaterländische Verein, in welchem diese Angelegen-
heit jedenfalls auch zur Sprache kommt, einen gleichen Schritt
unternehmen wird.

Darmstadt 17. December. ( Fr. J. ) Jn der gestrigen Sitzung
der 2. Kammer wurde durch eine Jnterpellation des Abg. Glaub-
rech
an den Ministerpräsidenten Jaup die Frage des Ausbaues
der Ludwigs=Eisenbahn in Rheinhessen durch den Staat in
Anregung gebracht, indem Ersterer folgende Fragen an Herrn
Jaup richtete: 1 ) Ob der Herr Minister die von dem frühern
Ministerium des Jnnern eingegangene Unterhandlung mit dem
Verwaltungsrathe der Ludwigs=Eisenbahn über die Uebernahme
dieser Bahn durch den Staat aufgegeben habe? und eventuell,
welches die Ursachen des Aufgebens oder der seitherigen Unter-
brechung dieser Unterhandlung seyen? 2 ) Ob der Herr Minister
geneigt sey, in Bezug auf den Wunsch der Uebernahme dieser
Bahn durch den Staat, der Provinz Rheinhessen Gerechtigkeit
[Spaltenumbruch] wiederfahren zu lassen und demgemäß einen entsprechenden Vor-
schlag baldmöglichst den Ständen des Großherzogthumes vorzu-
legen? Der Abgeordnete Glaubrech motivirte seine Jnterpellation
sowohl durch die außerordentlichen Zeitverhältnisse, welche der
Provinz Rheinhessen die Vollendung der Bahn aus ihren allei-
nigen
Mitteln erschwerten, wo nicht unmöglich machten, -- als
durch die großen Opfer, welche diese Provinz bereits für die dies-
seitigen Eisenbahnen gebracht habe, und den unverhältnißmäßigen
Beitrag, welchen dieselbe zu dem Gesammtstaatshaushalte und
den diesseitigen Anstalten leiste, indem er in letzterer Beziehung
durch Zahlen nachwies, daß Rheinhessen, obwohl sein Areal nur
ein Sechstel des gesammten Flächeninhaltes, und die Zahl
seiner Bewohner nur ein Viertel der Gesammtbevölkerung des
Großherzogthumes ausmache, dennoch ein volles Drittel
und noch 30,000 fl. mehr von sämmtlichen directen Steuern
zu bezahlen und in noch größerem Verhältnisse zu den indirec-
ten
Abgaben beizusteuern habe. Man ist auf die Antwort des
Herrn Ministers in dieser so viele Jnteressen berührenden Angele-
genheit sehr gespannt.

^ Aus dem Kreise Bingen 18. December. Am 16. dieses
hatte zu Gensingen eine Versammlung von Wahlmännern
statt behufs der Besprechung und möglichen Vereinigung über
die demnächste Wahl eines Parlamentsmitgliedes an die Stelle
des dahingeschiedenen Brunck von Fürfeld. Nach einer vom Ge-
meindeeinnehmer Riffel von Büdesheim gehaltenen kurzen Anrede
über den wichtigen Zweck der Versammlung wurde, auf dessen
Vorschlag, der Bezirksrath Bürgermeister George von Büdes-
heim als Vorsitzender gewählt. Mit wenigen Ausnahmen bezeich-
neten alle Anwesenden die Herren Dr. Langen, Obergerichts-
rath Glaubrech und Advocat Lehne, als diejenigen Männer,
welche zu dieser Stelle wohl gleich befähigt seyen und von deren
ehrenhaften Charakteren man Alles zum Wohle des Volkes hoffen
dürfe. Auch einige sogenannte Demokraten fanden sich ein, welche
die Ehrenhaftigkeit sowie die großen Verdienste, welche ein ge-
wisser Schütz von Mainz sich um Deutschland erworben haben
soll, als glaubwürdig auszumalen sich bemühten, was übrigens
bei den Anwesenden allgemeine Heiterkeit erregte. Auch der
evangelische Pfarrer Mathy von Freilaubersheim, hieß es von
derselben Seite her, wolle als Candidat auftreten, wovon die
Wahlmänner übrigens keine Notiz nahmen. Vollmar von
Kempten dagegen, welcher bei früheren ähnlichen Gelegenheiten
auch als Candidat aufgetreten war, erklärte, er ziehe sich zurück.
Nach diesen mitunter ergötzlichen Zwischenspielen ging man nun
wieder zur Hauptsache über, wem nämlich von den zuerst genann-
ten drei Candidaten wohl der Vorzug gebühre, wobei die des-
fallsigen Debatten ergaben, daß bei einer frühern Versammlung
von mehreren Wahlmännern zu Jugenheim der Wunsch ausge-
sprochen worden war, die drei Herren aufzufordern, daß sie selbst auf
irgend eine Weise unter sich denjenigen bezeichnen möchten, auf
den bei der Wahl alle Stimmen sich zu vereinigen hätten, weil
sonst zu fürchten sey, daß bei obwaltender Zersplitterung die Mi-
norität der s. g. Demokraten oder Republikaner den Sieg davon
trage. Auf dieses Ansinnen hin ist nur Herr Dr. Langen freiwillig
zurückgetreten und gerade dieser Umstand hat für ihn entschieden. Bei
der hierauf stattgehabten schriftlichen Abstimmung, wobei sich jedoch
fünf Mitglieder nicht betheiligten, wurde nämlich Dr. Langen fast
einstimmig als Candidat bezeichnet, den man als Mitglied der
deutschen Nationalversammlung durchzusetzen und auch den nicht
anwesenden Wahlmännern zu empfehlen sich redlich bemühen
wolle. Wir freuen uns über diesen schönen Beweis, daß das
biedere deutsche Volk Bescheidenheit und Anspruchslosigkeit ge-
ziemend zu würdigen noch nicht verlernt hat. Möchten nun auch
die schönen Eigenschaften unseres Candidaten, je seltener sie heut'
zu Tage sind, bei Allen die verdiente Anerkennung finden, daß er,
wenn auch nicht einstimmig, was kaum zu erwarten steht, doch
mit großer Majorität aus der Wahlurne unseres Bezirkes hervor-
gehend, in diesem Vertrauen seiner Mitbürger einen Antrieb finde,
nach allen Kräften mitzuwirken zur Herstellung eines freien, eini-
gen, starken Deutschlands.

Altenburg 16. December. ( D. A. Z. ) Jn diesen Tagen
haben wir wieder einmal einen sichern Maßstab für die hiesige
Stimmung, bei der Wahl eines Commandanten für unsere
neu zu organisirende Bürgergarde, erhalten. Von der demokra-
tischen Partei war Advocat Dölitzsch, von der Gegenpartei Hr.
Hermann, Hauptmann der altenburgischen Jägercompagnie, als
Candidat aufgestellt. Die demokratische Partei siegte mit großer
Majorität, wenn wir nicht irren, mit 522 gegen 224 Stim-
men. Das Wahlresultat zeigt, daß ein großer Theil unserer
Mitbürger, wir meinen damit die nicht demokratisch Gesinnten,
sich gar nicht bei der Wahl betheiligte. Statt von
der demokratischen Partei, die sich auch jetzt wieder als eine treff-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] ist gewiß, daß der Schwerpunkt der neuzugestaltenden Monarchie
nicht im Reichstage, sondern im Ministerium liegt. Dorthin muß
man also den Blick richten und dort findet man Stoff.

Kremster 12. December. ( N. C. ) Jn einigen Tagen wird
die Bewilligung des Credits von 80 Millionen stattfinden. Wie
wir die Stimmung der Mehrzahl der Abgeordneten kennen, dürfte
sich der Verwilligung kein bedeutendes Hinderniß entgegenstellen,
und somit wird auch die Furcht vor einer Prorogation oder gänz-
lichen Auflösung der Kammer schwinden. — Von sonstigen Neu-
igkeiten haben wir die baldige Verwirklichung einer langgehegten
Jdee Stadion's zu berichten, welche in der Gründung eines
Volksblattes “ im ministeriellen Sinne besteht. Die Ein-
richtung und Redaction desselben soll dem Hrn. Warrens, Mit-
interessenten des österreichischen Lloyd, übertragen worden seyn.

Berlin 17. December. ( V. Z. ) Verschiedene Zeitungen
bringen die Nachricht, daß die Anklageschrift gegen diejenigen
Mitglieder der Nationalversammlung, welche den bekannten Be-
schluß der Steuerverweigerung gefaßt haben, vom Staatsan-
walte bereits ausgearbeitet sey und in kurzer Zeit eingereicht wer-
den würde, um hierdurch eine Wiederwahl dieser Abgeordne-
ten unmöglich zu machen. Wir glauben diese Nachricht als eine
durchaus ungegründete bezeichnen zu können. Zunächst ist es nicht
glaubhaft, daß unsere Regierung jetzt, wo die Ruhe mühsam
wiederhergestellt und das Ansehen der Nationalversammlung
geradezu gebrochen ist, einen so aufregenden nutzlosen Schritt
unternehmen sollte, der eher geeignet wäre Sympathien für die
betreffenden Angeklagten zu erregen als zu untergraben. Ueber-
dies aber wäre der Ausgang dieses Prozesses ein höchst zweifel-
hafter, da den Abgeordneten für alle ihre Abstimmungen Unan-
tastbarkeit gesetzlich zugesichert ist und da, wenn man die Sache
auf die juristische Spitze treibt, sich möglicher Weise Resultate
herausstellen könnten, welche der Regierung nicht günstig sind.
Am wenigsten ließe sich aber in solcher Weise die Wiederwahl der
betreffenden Abgeordneten hintertreiben. Denn nach Artikel 71.
und 65. der Verfassung geht die Wählbarkeit nicht gleich bei Ein-
leidung jedweder Untersuchung, sondern erst in Folge rechts-
kräftigen
richterlichen Erkenntnisses verloren. Jedenfalls
möchten aber bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Monstre-
Prozesses wohl mehrere Jahre vergehen.

Jn den einzelnen Bezirken haben sich bereits Wahlcomit é 's zu
den bevorstehenden Wahlen gebildet. Alle Parteien sind diesmal
ungleich thätiger als das letzte Mal und es steht jedenfalls ein
sehr harter Wahlkampf in Aussicht. Auf die von verschiedenen
Bezirksvereinen an Herrn von Wrangel gerichtete Bitte, um Er-
laubniß zur Abhaltung von Wahlversammlungen, ist bis jetzt noch
keine Antwort erfolgt.

Unsere Börse, welche Anfangs dieser Woche eine starke stei-
gende Tendenz verrieth, ist in den letzten drei Tagen hiervon mehr
und mehr zurückgekommen. — Wiewohl die französischen Course
gestern fast anderthalb Procent höher gekommen sind, hat dies
doch auf unsere Börse eher einen entgegengesetzten Einfluß ge-
übt, ein Beweis, daß die Wendung der französischen Zustände
hier kein Vertrauen einflößt. Jnzwischen muß man annehmen,
daß die Franzosen ihre eigenen Angelegenheiten richtiger betrach-
ten als wir.

Hannover 15. December. ( D. A. Z. ) Man rüstet sich im
ganzen Lande lebhaft zu den nahe bevorstehenden Wahlen
und es gewinnt den Anschein, daß diesmal eine starke Wahl-
bewegung an allen Orten unseres Königreiches stattfinden wird.
Entwickelt die Presse in dieser Hinsicht eine größere Thätigkeit
als in früheren Jahren, so kommt gegenwärtig noch hinzu, daß
auch die „Volksvereine,“ welche über das ganze Land verbrei-
tet sind, die Sache in die Hand nehmen. Der hiesige Volks-
verein
hat sich so gut wie einstimmig dem frankfurter März-
vereine angeschlossen und sind wir sehr sehr begierig zu erfah-
ren, ob der vaterländische Verein, in welchem diese Angelegen-
heit jedenfalls auch zur Sprache kommt, einen gleichen Schritt
unternehmen wird.

Darmstadt 17. December. ( Fr. J. ) Jn der gestrigen Sitzung
der 2. Kammer wurde durch eine Jnterpellation des Abg. Glaub-
rech
an den Ministerpräsidenten Jaup die Frage des Ausbaues
der Ludwigs=Eisenbahn in Rheinhessen durch den Staat in
Anregung gebracht, indem Ersterer folgende Fragen an Herrn
Jaup richtete: 1 ) Ob der Herr Minister die von dem frühern
Ministerium des Jnnern eingegangene Unterhandlung mit dem
Verwaltungsrathe der Ludwigs=Eisenbahn über die Uebernahme
dieser Bahn durch den Staat aufgegeben habe? und eventuell,
welches die Ursachen des Aufgebens oder der seitherigen Unter-
brechung dieser Unterhandlung seyen? 2 ) Ob der Herr Minister
geneigt sey, in Bezug auf den Wunsch der Uebernahme dieser
Bahn durch den Staat, der Provinz Rheinhessen Gerechtigkeit
[Spaltenumbruch] wiederfahren zu lassen und demgemäß einen entsprechenden Vor-
schlag baldmöglichst den Ständen des Großherzogthumes vorzu-
legen? Der Abgeordnete Glaubrech motivirte seine Jnterpellation
sowohl durch die außerordentlichen Zeitverhältnisse, welche der
Provinz Rheinhessen die Vollendung der Bahn aus ihren allei-
nigen
Mitteln erschwerten, wo nicht unmöglich machten, — als
durch die großen Opfer, welche diese Provinz bereits für die dies-
seitigen Eisenbahnen gebracht habe, und den unverhältnißmäßigen
Beitrag, welchen dieselbe zu dem Gesammtstaatshaushalte und
den diesseitigen Anstalten leiste, indem er in letzterer Beziehung
durch Zahlen nachwies, daß Rheinhessen, obwohl sein Areal nur
ein Sechstel des gesammten Flächeninhaltes, und die Zahl
seiner Bewohner nur ein Viertel der Gesammtbevölkerung des
Großherzogthumes ausmache, dennoch ein volles Drittel
und noch 30,000 fl. mehr von sämmtlichen directen Steuern
zu bezahlen und in noch größerem Verhältnisse zu den indirec-
ten
Abgaben beizusteuern habe. Man ist auf die Antwort des
Herrn Ministers in dieser so viele Jnteressen berührenden Angele-
genheit sehr gespannt.

△ Aus dem Kreise Bingen 18. December. Am 16. dieses
hatte zu Gensingen eine Versammlung von Wahlmännern
statt behufs der Besprechung und möglichen Vereinigung über
die demnächste Wahl eines Parlamentsmitgliedes an die Stelle
des dahingeschiedenen Brunck von Fürfeld. Nach einer vom Ge-
meindeeinnehmer Riffel von Büdesheim gehaltenen kurzen Anrede
über den wichtigen Zweck der Versammlung wurde, auf dessen
Vorschlag, der Bezirksrath Bürgermeister George von Büdes-
heim als Vorsitzender gewählt. Mit wenigen Ausnahmen bezeich-
neten alle Anwesenden die Herren Dr. Langen, Obergerichts-
rath Glaubrech und Advocat Lehne, als diejenigen Männer,
welche zu dieser Stelle wohl gleich befähigt seyen und von deren
ehrenhaften Charakteren man Alles zum Wohle des Volkes hoffen
dürfe. Auch einige sogenannte Demokraten fanden sich ein, welche
die Ehrenhaftigkeit sowie die großen Verdienste, welche ein ge-
wisser Schütz von Mainz sich um Deutschland erworben haben
soll, als glaubwürdig auszumalen sich bemühten, was übrigens
bei den Anwesenden allgemeine Heiterkeit erregte. Auch der
evangelische Pfarrer Mathy von Freilaubersheim, hieß es von
derselben Seite her, wolle als Candidat auftreten, wovon die
Wahlmänner übrigens keine Notiz nahmen. Vollmar von
Kempten dagegen, welcher bei früheren ähnlichen Gelegenheiten
auch als Candidat aufgetreten war, erklärte, er ziehe sich zurück.
Nach diesen mitunter ergötzlichen Zwischenspielen ging man nun
wieder zur Hauptsache über, wem nämlich von den zuerst genann-
ten drei Candidaten wohl der Vorzug gebühre, wobei die des-
fallsigen Debatten ergaben, daß bei einer frühern Versammlung
von mehreren Wahlmännern zu Jugenheim der Wunsch ausge-
sprochen worden war, die drei Herren aufzufordern, daß sie selbst auf
irgend eine Weise unter sich denjenigen bezeichnen möchten, auf
den bei der Wahl alle Stimmen sich zu vereinigen hätten, weil
sonst zu fürchten sey, daß bei obwaltender Zersplitterung die Mi-
norität der s. g. Demokraten oder Republikaner den Sieg davon
trage. Auf dieses Ansinnen hin ist nur Herr Dr. Langen freiwillig
zurückgetreten und gerade dieser Umstand hat für ihn entschieden. Bei
der hierauf stattgehabten schriftlichen Abstimmung, wobei sich jedoch
fünf Mitglieder nicht betheiligten, wurde nämlich Dr. Langen fast
einstimmig als Candidat bezeichnet, den man als Mitglied der
deutschen Nationalversammlung durchzusetzen und auch den nicht
anwesenden Wahlmännern zu empfehlen sich redlich bemühen
wolle. Wir freuen uns über diesen schönen Beweis, daß das
biedere deutsche Volk Bescheidenheit und Anspruchslosigkeit ge-
ziemend zu würdigen noch nicht verlernt hat. Möchten nun auch
die schönen Eigenschaften unseres Candidaten, je seltener sie heut'
zu Tage sind, bei Allen die verdiente Anerkennung finden, daß er,
wenn auch nicht einstimmig, was kaum zu erwarten steht, doch
mit großer Majorität aus der Wahlurne unseres Bezirkes hervor-
gehend, in diesem Vertrauen seiner Mitbürger einen Antrieb finde,
nach allen Kräften mitzuwirken zur Herstellung eines freien, eini-
gen, starken Deutschlands.

Altenburg 16. December. ( D. A. Z. ) Jn diesen Tagen
haben wir wieder einmal einen sichern Maßstab für die hiesige
Stimmung, bei der Wahl eines Commandanten für unsere
neu zu organisirende Bürgergarde, erhalten. Von der demokra-
tischen Partei war Advocat Dölitzsch, von der Gegenpartei Hr.
Hermann, Hauptmann der altenburgischen Jägercompagnie, als
Candidat aufgestellt. Die demokratische Partei siegte mit großer
Majorität, wenn wir nicht irren, mit 522 gegen 224 Stim-
men. Das Wahlresultat zeigt, daß ein großer Theil unserer
Mitbürger, wir meinen damit die nicht demokratisch Gesinnten,
sich gar nicht bei der Wahl betheiligte. Statt von
der demokratischen Partei, die sich auch jetzt wieder als eine treff-
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[0003] ist gewiß, daß der Schwerpunkt der neuzugestaltenden Monarchie nicht im Reichstage, sondern im Ministerium liegt. Dorthin muß man also den Blick richten und dort findet man Stoff. Kremster 12. December. ( N. C. ) Jn einigen Tagen wird die Bewilligung des Credits von 80 Millionen stattfinden. Wie wir die Stimmung der Mehrzahl der Abgeordneten kennen, dürfte sich der Verwilligung kein bedeutendes Hinderniß entgegenstellen, und somit wird auch die Furcht vor einer Prorogation oder gänz- lichen Auflösung der Kammer schwinden. — Von sonstigen Neu- igkeiten haben wir die baldige Verwirklichung einer langgehegten Jdee Stadion's zu berichten, welche in der Gründung eines „ Volksblattes “ im ministeriellen Sinne besteht. Die Ein- richtung und Redaction desselben soll dem Hrn. Warrens, Mit- interessenten des österreichischen Lloyd, übertragen worden seyn. Berlin 17. December. ( V. Z. ) Verschiedene Zeitungen bringen die Nachricht, daß die Anklageschrift gegen diejenigen Mitglieder der Nationalversammlung, welche den bekannten Be- schluß der Steuerverweigerung gefaßt haben, vom Staatsan- walte bereits ausgearbeitet sey und in kurzer Zeit eingereicht wer- den würde, um hierdurch eine Wiederwahl dieser Abgeordne- ten unmöglich zu machen. Wir glauben diese Nachricht als eine durchaus ungegründete bezeichnen zu können. Zunächst ist es nicht glaubhaft, daß unsere Regierung jetzt, wo die Ruhe mühsam wiederhergestellt und das Ansehen der Nationalversammlung geradezu gebrochen ist, einen so aufregenden nutzlosen Schritt unternehmen sollte, der eher geeignet wäre Sympathien für die betreffenden Angeklagten zu erregen als zu untergraben. Ueber- dies aber wäre der Ausgang dieses Prozesses ein höchst zweifel- hafter, da den Abgeordneten für alle ihre Abstimmungen Unan- tastbarkeit gesetzlich zugesichert ist und da, wenn man die Sache auf die juristische Spitze treibt, sich möglicher Weise Resultate herausstellen könnten, welche der Regierung nicht günstig sind. Am wenigsten ließe sich aber in solcher Weise die Wiederwahl der betreffenden Abgeordneten hintertreiben. Denn nach Artikel 71. und 65. der Verfassung geht die Wählbarkeit nicht gleich bei Ein- leidung jedweder Untersuchung, sondern erst in Folge rechts- kräftigen richterlichen Erkenntnisses verloren. Jedenfalls möchten aber bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Monstre- Prozesses wohl mehrere Jahre vergehen. Jn den einzelnen Bezirken haben sich bereits Wahlcomit é 's zu den bevorstehenden Wahlen gebildet. Alle Parteien sind diesmal ungleich thätiger als das letzte Mal und es steht jedenfalls ein sehr harter Wahlkampf in Aussicht. Auf die von verschiedenen Bezirksvereinen an Herrn von Wrangel gerichtete Bitte, um Er- laubniß zur Abhaltung von Wahlversammlungen, ist bis jetzt noch keine Antwort erfolgt. Unsere Börse, welche Anfangs dieser Woche eine starke stei- gende Tendenz verrieth, ist in den letzten drei Tagen hiervon mehr und mehr zurückgekommen. — Wiewohl die französischen Course gestern fast anderthalb Procent höher gekommen sind, hat dies doch auf unsere Börse eher einen entgegengesetzten Einfluß ge- übt, ein Beweis, daß die Wendung der französischen Zustände hier kein Vertrauen einflößt. Jnzwischen muß man annehmen, daß die Franzosen ihre eigenen Angelegenheiten richtiger betrach- ten als wir. Hannover 15. December. ( D. A. Z. ) Man rüstet sich im ganzen Lande lebhaft zu den nahe bevorstehenden Wahlen und es gewinnt den Anschein, daß diesmal eine starke Wahl- bewegung an allen Orten unseres Königreiches stattfinden wird. Entwickelt die Presse in dieser Hinsicht eine größere Thätigkeit als in früheren Jahren, so kommt gegenwärtig noch hinzu, daß auch die „Volksvereine,“ welche über das ganze Land verbrei- tet sind, die Sache in die Hand nehmen. Der hiesige Volks- verein hat sich so gut wie einstimmig dem frankfurter März- vereine angeschlossen und sind wir sehr sehr begierig zu erfah- ren, ob der vaterländische Verein, in welchem diese Angelegen- heit jedenfalls auch zur Sprache kommt, einen gleichen Schritt unternehmen wird. Darmstadt 17. December. ( Fr. J. ) Jn der gestrigen Sitzung der 2. Kammer wurde durch eine Jnterpellation des Abg. Glaub- rech an den Ministerpräsidenten Jaup die Frage des Ausbaues der Ludwigs=Eisenbahn in Rheinhessen durch den Staat in Anregung gebracht, indem Ersterer folgende Fragen an Herrn Jaup richtete: 1 ) Ob der Herr Minister die von dem frühern Ministerium des Jnnern eingegangene Unterhandlung mit dem Verwaltungsrathe der Ludwigs=Eisenbahn über die Uebernahme dieser Bahn durch den Staat aufgegeben habe? und eventuell, welches die Ursachen des Aufgebens oder der seitherigen Unter- brechung dieser Unterhandlung seyen? 2 ) Ob der Herr Minister geneigt sey, in Bezug auf den Wunsch der Uebernahme dieser Bahn durch den Staat, der Provinz Rheinhessen Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen und demgemäß einen entsprechenden Vor- schlag baldmöglichst den Ständen des Großherzogthumes vorzu- legen? Der Abgeordnete Glaubrech motivirte seine Jnterpellation sowohl durch die außerordentlichen Zeitverhältnisse, welche der Provinz Rheinhessen die Vollendung der Bahn aus ihren allei- nigen Mitteln erschwerten, wo nicht unmöglich machten, — als durch die großen Opfer, welche diese Provinz bereits für die dies- seitigen Eisenbahnen gebracht habe, und den unverhältnißmäßigen Beitrag, welchen dieselbe zu dem Gesammtstaatshaushalte und den diesseitigen Anstalten leiste, indem er in letzterer Beziehung durch Zahlen nachwies, daß Rheinhessen, obwohl sein Areal nur ein Sechstel des gesammten Flächeninhaltes, und die Zahl seiner Bewohner nur ein Viertel der Gesammtbevölkerung des Großherzogthumes ausmache, dennoch ein volles Drittel und noch 30,000 fl. mehr von sämmtlichen directen Steuern zu bezahlen und in noch größerem Verhältnisse zu den indirec- ten Abgaben beizusteuern habe. Man ist auf die Antwort des Herrn Ministers in dieser so viele Jnteressen berührenden Angele- genheit sehr gespannt. △ Aus dem Kreise Bingen 18. December. Am 16. dieses hatte zu Gensingen eine Versammlung von Wahlmännern statt behufs der Besprechung und möglichen Vereinigung über die demnächste Wahl eines Parlamentsmitgliedes an die Stelle des dahingeschiedenen Brunck von Fürfeld. Nach einer vom Ge- meindeeinnehmer Riffel von Büdesheim gehaltenen kurzen Anrede über den wichtigen Zweck der Versammlung wurde, auf dessen Vorschlag, der Bezirksrath Bürgermeister George von Büdes- heim als Vorsitzender gewählt. Mit wenigen Ausnahmen bezeich- neten alle Anwesenden die Herren Dr. Langen, Obergerichts- rath Glaubrech und Advocat Lehne, als diejenigen Männer, welche zu dieser Stelle wohl gleich befähigt seyen und von deren ehrenhaften Charakteren man Alles zum Wohle des Volkes hoffen dürfe. Auch einige sogenannte Demokraten fanden sich ein, welche die Ehrenhaftigkeit sowie die großen Verdienste, welche ein ge- wisser Schütz von Mainz sich um Deutschland erworben haben soll, als glaubwürdig auszumalen sich bemühten, was übrigens bei den Anwesenden allgemeine Heiterkeit erregte. Auch der evangelische Pfarrer Mathy von Freilaubersheim, hieß es von derselben Seite her, wolle als Candidat auftreten, wovon die Wahlmänner übrigens keine Notiz nahmen. Vollmar von Kempten dagegen, welcher bei früheren ähnlichen Gelegenheiten auch als Candidat aufgetreten war, erklärte, er ziehe sich zurück. Nach diesen mitunter ergötzlichen Zwischenspielen ging man nun wieder zur Hauptsache über, wem nämlich von den zuerst genann- ten drei Candidaten wohl der Vorzug gebühre, wobei die des- fallsigen Debatten ergaben, daß bei einer frühern Versammlung von mehreren Wahlmännern zu Jugenheim der Wunsch ausge- sprochen worden war, die drei Herren aufzufordern, daß sie selbst auf irgend eine Weise unter sich denjenigen bezeichnen möchten, auf den bei der Wahl alle Stimmen sich zu vereinigen hätten, weil sonst zu fürchten sey, daß bei obwaltender Zersplitterung die Mi- norität der s. g. Demokraten oder Republikaner den Sieg davon trage. Auf dieses Ansinnen hin ist nur Herr Dr. Langen freiwillig zurückgetreten und gerade dieser Umstand hat für ihn entschieden. Bei der hierauf stattgehabten schriftlichen Abstimmung, wobei sich jedoch fünf Mitglieder nicht betheiligten, wurde nämlich Dr. Langen fast einstimmig als Candidat bezeichnet, den man als Mitglied der deutschen Nationalversammlung durchzusetzen und auch den nicht anwesenden Wahlmännern zu empfehlen sich redlich bemühen wolle. Wir freuen uns über diesen schönen Beweis, daß das biedere deutsche Volk Bescheidenheit und Anspruchslosigkeit ge- ziemend zu würdigen noch nicht verlernt hat. Möchten nun auch die schönen Eigenschaften unseres Candidaten, je seltener sie heut' zu Tage sind, bei Allen die verdiente Anerkennung finden, daß er, wenn auch nicht einstimmig, was kaum zu erwarten steht, doch mit großer Majorität aus der Wahlurne unseres Bezirkes hervor- gehend, in diesem Vertrauen seiner Mitbürger einen Antrieb finde, nach allen Kräften mitzuwirken zur Herstellung eines freien, eini- gen, starken Deutschlands. Altenburg 16. December. ( D. A. Z. ) Jn diesen Tagen haben wir wieder einmal einen sichern Maßstab für die hiesige Stimmung, bei der Wahl eines Commandanten für unsere neu zu organisirende Bürgergarde, erhalten. Von der demokra- tischen Partei war Advocat Dölitzsch, von der Gegenpartei Hr. Hermann, Hauptmann der altenburgischen Jägercompagnie, als Candidat aufgestellt. Die demokratische Partei siegte mit großer Majorität, wenn wir nicht irren, mit 522 gegen 224 Stim- men. Das Wahlresultat zeigt, daß ein großer Theil unserer Mitbürger, wir meinen damit die nicht demokratisch Gesinnten, sich gar nicht bei der Wahl betheiligte. Statt von der demokratischen Partei, die sich auch jetzt wieder als eine treff-

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Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 168. Mainz, 19. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal168_1848/3>, abgerufen am 23.11.2024.