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Europa. Wochenschrift für Kultur und Politik. Jahrgang 1, Heft 10. Berlin-Charlottenburg, 23. März 1905.

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Leo Restenberg: Kichard Strauß.

bessere Handhabe zur Rekonstruktion unserer Zustände, unseres geistigen Lebens bieten
als Straußens Tondichtungen. Auch die immer wachsende, begeisterte Anerkennung,
welcher sich die Lieder und Orchesterstücke des Meisters zu erfreuen haben, zeigt deut-
lich, daß die Einreihung Richard Straußens in die großen Talente unserer Geschichte
berechtigt ist.

Mit dem letzten seiner großen Orchesterwerke, der " Symphonia domestica ",
findet Strauß demgemäß den lebhaftesten Beifall, da hier die musikalische Wiedergabe
eines beinahe nicht mehr als durchschnittlichen Gefühllebens versucht ist, und es unserem
Publikum nicht schwer fällt, dem gleichempfindenden Künstler zu folgen. Mit einem
Wort: "die Gegenwart ist -- wie Narciß -- in sich vernarrt, sie will ihr Bildnis
zart umrissen, dem lieben Sohn erhalten wissen". -- -- Wie eine Vorahnung der
" Domestica ", mutet der dritte Satz einer Klavier=Sonate Ch. V. Alkans an, der
überschrieben ist " Un heureux Menage ", und der auch eine Episode " Les enfants "
aufweist, auch eine kleine "10 heures " schlagende Schlafzimmeruhr ertönen läßt und
endlich mit " La priere " schließt. Aber was will diese Sonate nicht alles! Da heißt
der erste Satz "20 ans ", der zweite Satz " Quasi Faust" "30 ans " mit gewaltigen
Schilderungen von Himmel und Hölle, der dritte ist der früher erwähnte und im
letzten Satz "50 ans " ein dramatisches Bild " Promethee enchaine ". Ohne auf eine
ausführliche Gegenüberstellung dieser beiden, auf so verschiedenem Niveau aufgebauten
Werke, die vielleicht einen weiteren Beitrag zur eingangs versuchten Charakterisierung
von gefeiertem Talent und unerkannt gebliebenem Genie geben könnte, einzugehen,
können wir es uns doch nicht versagen, aus dem Hebbelschen Prolog zum "Diamant"
weiter zu zitieren: "Sie hat sich ihr Porträt bestellt, und Du, Du bringst das Bild
der Welt. Für Deine Müh ist nichts zu hoffen, sie krönt nur den, der sie getroffen,
und hast Du Gott den Herrn gemalt, so sei er's auch, der Dich bezahlt."

Einen ebenso großen Erfolg wie die " Symphonia domestica " hatte die kurz nach-
her aufgeführte Ballade "Taillefer" zu verzeichnen. Und auch bei diesem Opus kann
wohl behauptet werden, daß die Gleichartigkeit der Empfindung von Publikum und
Komponisten das unmittelbare Verständnis herbeiführte. Es ist schwer, angesichts
der vielen Kompositionen, welche den gleichen Geist wie die zwei zuletzt erwähnten
Werke atmen, den Gedanken abzuweisen, daß hier Strauß seine eigentliche Persön-
lichkeit, von keinem literarischen Führer geleitet, uns enthüllt. Umso schwerer als
Dichtungen wie "Tod und Verklärung", "Also sprach Zarathustra" und vor allem
das "Heldenleben" vorangehen und vermuten ließen, daß Strauß sich zu einer
Schaffensperiode sammelt, die einen Anfang für die Nach=Wagner=Lisztsche Epoche be-
deuten soll. Denn in diesen Werken ist Strauß -- trotz aller ultramodern an-
mutenden Effekte -- befangen von dem Jahrhunderte alten, in keiner Kunst so er-
drückend wie in der Musik geltenden Gesetz der Tradition. "Mich dünkt, Frau
Musika ist nicht frei. Ein unmelodisch, aufgeblasen Ding, stolziert sie pfauenstolz
im Reifrock einher und kann doch kaum atmen. Der Panzer der Berlioz=Strauß-
schen Kompositionstechnik und der schwere Glast der Bayreuther Seide drücken ihr
Brust und Herz zusammen." -- Das "Heldenleben" steht in der traditionellen Eroica-
Tonart, im "Zarathustra" wird die Tanz=Sinfonie citiert, in der "Feuersnot" bringt
auch das Libretto Anspielungen an die jüngste Vergangenheit. -- Mögen diese An-
lehnungen an verflossene Epochen unbedeutend sein, so sind sie doch charakteristisch und
berechtigten zu der Behauptung, daß Deutschland auch mit Richard Strauß die Nach-
Wagnersche Alexandriner=Periode der Tonkunst nicht überwunden hat.

Leo Restenberg: Kichard Strauß.

bessere Handhabe zur Rekonstruktion unserer Zustände, unseres geistigen Lebens bieten
als Straußens Tondichtungen. Auch die immer wachsende, begeisterte Anerkennung,
welcher sich die Lieder und Orchesterstücke des Meisters zu erfreuen haben, zeigt deut-
lich, daß die Einreihung Richard Straußens in die großen Talente unserer Geschichte
berechtigt ist.

Mit dem letzten seiner großen Orchesterwerke, der „ Symphonia domestica “,
findet Strauß demgemäß den lebhaftesten Beifall, da hier die musikalische Wiedergabe
eines beinahe nicht mehr als durchschnittlichen Gefühllebens versucht ist, und es unserem
Publikum nicht schwer fällt, dem gleichempfindenden Künstler zu folgen. Mit einem
Wort: „die Gegenwart ist — wie Narciß — in sich vernarrt, sie will ihr Bildnis
zart umrissen, dem lieben Sohn erhalten wissen“. — — Wie eine Vorahnung der
Domestica “, mutet der dritte Satz einer Klavier=Sonate Ch. V. Alkans an, der
überschrieben ist „ Un heureux Ménage “, und der auch eine Episode „ Les enfants
aufweist, auch eine kleine „10 heures “ schlagende Schlafzimmeruhr ertönen läßt und
endlich mit „ La prière “ schließt. Aber was will diese Sonate nicht alles! Da heißt
der erste Satz „20 ans “, der zweite Satz „ Quasi Faust“ „30 ans “ mit gewaltigen
Schilderungen von Himmel und Hölle, der dritte ist der früher erwähnte und im
letzten Satz „50 ans “ ein dramatisches Bild „ Promethée enchainé “. Ohne auf eine
ausführliche Gegenüberstellung dieser beiden, auf so verschiedenem Niveau aufgebauten
Werke, die vielleicht einen weiteren Beitrag zur eingangs versuchten Charakterisierung
von gefeiertem Talent und unerkannt gebliebenem Genie geben könnte, einzugehen,
können wir es uns doch nicht versagen, aus dem Hebbelschen Prolog zum „Diamant“
weiter zu zitieren: „Sie hat sich ihr Porträt bestellt, und Du, Du bringst das Bild
der Welt. Für Deine Müh ist nichts zu hoffen, sie krönt nur den, der sie getroffen,
und hast Du Gott den Herrn gemalt, so sei er's auch, der Dich bezahlt.“

Einen ebenso großen Erfolg wie die „ Symphonia domestica “ hatte die kurz nach-
her aufgeführte Ballade „Taillefer“ zu verzeichnen. Und auch bei diesem Opus kann
wohl behauptet werden, daß die Gleichartigkeit der Empfindung von Publikum und
Komponisten das unmittelbare Verständnis herbeiführte. Es ist schwer, angesichts
der vielen Kompositionen, welche den gleichen Geist wie die zwei zuletzt erwähnten
Werke atmen, den Gedanken abzuweisen, daß hier Strauß seine eigentliche Persön-
lichkeit, von keinem literarischen Führer geleitet, uns enthüllt. Umso schwerer als
Dichtungen wie „Tod und Verklärung“, „Also sprach Zarathustra“ und vor allem
das „Heldenleben“ vorangehen und vermuten ließen, daß Strauß sich zu einer
Schaffensperiode sammelt, die einen Anfang für die Nach=Wagner=Lisztsche Epoche be-
deuten soll. Denn in diesen Werken ist Strauß — trotz aller ultramodern an-
mutenden Effekte — befangen von dem Jahrhunderte alten, in keiner Kunst so er-
drückend wie in der Musik geltenden Gesetz der Tradition. „Mich dünkt, Frau
Musika ist nicht frei. Ein unmelodisch, aufgeblasen Ding, stolziert sie pfauenstolz
im Reifrock einher und kann doch kaum atmen. Der Panzer der Berlioz=Strauß-
schen Kompositionstechnik und der schwere Glast der Bayreuther Seide drücken ihr
Brust und Herz zusammen.“ — Das „Heldenleben“ steht in der traditionellen Eroica-
Tonart, im „Zarathustra“ wird die Tanz=Sinfonie citiert, in der „Feuersnot“ bringt
auch das Libretto Anspielungen an die jüngste Vergangenheit. — Mögen diese An-
lehnungen an verflossene Epochen unbedeutend sein, so sind sie doch charakteristisch und
berechtigten zu der Behauptung, daß Deutschland auch mit Richard Strauß die Nach-
Wagnersche Alexandriner=Periode der Tonkunst nicht überwunden hat.

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[473/0041] Leo Restenberg: Kichard Strauß. bessere Handhabe zur Rekonstruktion unserer Zustände, unseres geistigen Lebens bieten als Straußens Tondichtungen. Auch die immer wachsende, begeisterte Anerkennung, welcher sich die Lieder und Orchesterstücke des Meisters zu erfreuen haben, zeigt deut- lich, daß die Einreihung Richard Straußens in die großen Talente unserer Geschichte berechtigt ist. Mit dem letzten seiner großen Orchesterwerke, der „ Symphonia domestica “, findet Strauß demgemäß den lebhaftesten Beifall, da hier die musikalische Wiedergabe eines beinahe nicht mehr als durchschnittlichen Gefühllebens versucht ist, und es unserem Publikum nicht schwer fällt, dem gleichempfindenden Künstler zu folgen. Mit einem Wort: „die Gegenwart ist — wie Narciß — in sich vernarrt, sie will ihr Bildnis zart umrissen, dem lieben Sohn erhalten wissen“. — — Wie eine Vorahnung der „ Domestica “, mutet der dritte Satz einer Klavier=Sonate Ch. V. Alkans an, der überschrieben ist „ Un heureux Ménage “, und der auch eine Episode „ Les enfants “ aufweist, auch eine kleine „10 heures “ schlagende Schlafzimmeruhr ertönen läßt und endlich mit „ La prière “ schließt. Aber was will diese Sonate nicht alles! Da heißt der erste Satz „20 ans “, der zweite Satz „ Quasi Faust“ „30 ans “ mit gewaltigen Schilderungen von Himmel und Hölle, der dritte ist der früher erwähnte und im letzten Satz „50 ans “ ein dramatisches Bild „ Promethée enchainé “. Ohne auf eine ausführliche Gegenüberstellung dieser beiden, auf so verschiedenem Niveau aufgebauten Werke, die vielleicht einen weiteren Beitrag zur eingangs versuchten Charakterisierung von gefeiertem Talent und unerkannt gebliebenem Genie geben könnte, einzugehen, können wir es uns doch nicht versagen, aus dem Hebbelschen Prolog zum „Diamant“ weiter zu zitieren: „Sie hat sich ihr Porträt bestellt, und Du, Du bringst das Bild der Welt. Für Deine Müh ist nichts zu hoffen, sie krönt nur den, der sie getroffen, und hast Du Gott den Herrn gemalt, so sei er's auch, der Dich bezahlt.“ Einen ebenso großen Erfolg wie die „ Symphonia domestica “ hatte die kurz nach- her aufgeführte Ballade „Taillefer“ zu verzeichnen. Und auch bei diesem Opus kann wohl behauptet werden, daß die Gleichartigkeit der Empfindung von Publikum und Komponisten das unmittelbare Verständnis herbeiführte. Es ist schwer, angesichts der vielen Kompositionen, welche den gleichen Geist wie die zwei zuletzt erwähnten Werke atmen, den Gedanken abzuweisen, daß hier Strauß seine eigentliche Persön- lichkeit, von keinem literarischen Führer geleitet, uns enthüllt. Umso schwerer als Dichtungen wie „Tod und Verklärung“, „Also sprach Zarathustra“ und vor allem das „Heldenleben“ vorangehen und vermuten ließen, daß Strauß sich zu einer Schaffensperiode sammelt, die einen Anfang für die Nach=Wagner=Lisztsche Epoche be- deuten soll. Denn in diesen Werken ist Strauß — trotz aller ultramodern an- mutenden Effekte — befangen von dem Jahrhunderte alten, in keiner Kunst so er- drückend wie in der Musik geltenden Gesetz der Tradition. „Mich dünkt, Frau Musika ist nicht frei. Ein unmelodisch, aufgeblasen Ding, stolziert sie pfauenstolz im Reifrock einher und kann doch kaum atmen. Der Panzer der Berlioz=Strauß- schen Kompositionstechnik und der schwere Glast der Bayreuther Seide drücken ihr Brust und Herz zusammen.“ — Das „Heldenleben“ steht in der traditionellen Eroica- Tonart, im „Zarathustra“ wird die Tanz=Sinfonie citiert, in der „Feuersnot“ bringt auch das Libretto Anspielungen an die jüngste Vergangenheit. — Mögen diese An- lehnungen an verflossene Epochen unbedeutend sein, so sind sie doch charakteristisch und berechtigten zu der Behauptung, daß Deutschland auch mit Richard Strauß die Nach- Wagnersche Alexandriner=Periode der Tonkunst nicht überwunden hat.

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Zitationshilfe: Europa. Wochenschrift für Kultur und Politik. Jahrgang 1, Heft 10. Berlin-Charlottenburg, 23. März 1905, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_europa0110_1905/41>, abgerufen am 23.11.2024.