Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite


merksamkeit auf die feinern Theile des menschlichen Körpers; nehmlich auf das Nervensystem. Stahl trieb die Verfeinerung der Arzeneikunde noch weiter. Er behauptete, daß nicht nur alle Würkungen des gesunden Körpers von der Herrschaft und Würksamkeit der Seele, welche beurtheilt, was demselben nützlich und gut ist, abhängen, sondern daß auch die mehrsten Zeichen und Anzeigen eines widernatürlichen Zustandes, d.h. einer Krankheit, von der nehmlichen Ursache herrühren, und nichts anders, als eine zuweilen mit gutem, zuweilen auch mit schlechtem Erfolg verknüpfte Bemühung der Seele seyn, die Ursache der Krankheit zu heben.

Die Seelenarzeneikunde kann so wenig von der Mathematik, als von der Chimie Gebrauch machen. Jhre Behandlungsmethode kann auf einem von diesen dreien Principien beruhen.

1) Wird angenommen, daß die Seele ein vom Körper unabhängiges Daseyn habe, und mit andern Wesen ihrer Art, mit Geistern, in Verbindung und Wechselwürkung stehe. Diesem zufolge besteht also die Seelengesundheit in der guten Korrespondenz zwischen der Seele und den andern Wesen ihrer Art, mit denen sie in Beziehung steht; so wie die Seelenkrankheit das Gegentheil davon ist, nehmlich ein bloßes Leiden der Seele von den Würkungen der andern Wesen. Die Geisterwelt wird eben so wie die Körperwelt nach gewissen Gesetzen regiert. Die Seelenarzenei-


merksamkeit auf die feinern Theile des menschlichen Koͤrpers; nehmlich auf das Nervensystem. Stahl trieb die Verfeinerung der Arzeneikunde noch weiter. Er behauptete, daß nicht nur alle Wuͤrkungen des gesunden Koͤrpers von der Herrschaft und Wuͤrksamkeit der Seele, welche beurtheilt, was demselben nuͤtzlich und gut ist, abhaͤngen, sondern daß auch die mehrsten Zeichen und Anzeigen eines widernatuͤrlichen Zustandes, d.h. einer Krankheit, von der nehmlichen Ursache herruͤhren, und nichts anders, als eine zuweilen mit gutem, zuweilen auch mit schlechtem Erfolg verknuͤpfte Bemuͤhung der Seele seyn, die Ursache der Krankheit zu heben.

Die Seelenarzeneikunde kann so wenig von der Mathematik, als von der Chimie Gebrauch machen. Jhre Behandlungsmethode kann auf einem von diesen dreien Principien beruhen.

1) Wird angenommen, daß die Seele ein vom Koͤrper unabhaͤngiges Daseyn habe, und mit andern Wesen ihrer Art, mit Geistern, in Verbindung und Wechselwuͤrkung stehe. Diesem zufolge besteht also die Seelengesundheit in der guten Korrespondenz zwischen der Seele und den andern Wesen ihrer Art, mit denen sie in Beziehung steht; so wie die Seelenkrankheit das Gegentheil davon ist, nehmlich ein bloßes Leiden der Seele von den Wuͤrkungen der andern Wesen. Die Geisterwelt wird eben so wie die Koͤrperwelt nach gewissen Gesetzen regiert. Die Seelenarzenei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0008" n="6"/><lb/>
merksamkeit auf die feinern Theile des menschlichen                         Ko&#x0364;rpers; nehmlich auf das <hi rendition="#b">Nervensystem. Stahl</hi> trieb                         die Verfeinerung der Arzeneikunde noch weiter. Er behauptete, daß nicht nur                         alle Wu&#x0364;rkungen des gesunden Ko&#x0364;rpers von der Herrschaft und Wu&#x0364;rksamkeit der                         Seele, welche beurtheilt, was demselben nu&#x0364;tzlich und gut ist, abha&#x0364;ngen,                         sondern daß auch die mehrsten Zeichen und Anzeigen eines widernatu&#x0364;rlichen                         Zustandes, d.h. einer Krankheit, von der nehmlichen Ursache herru&#x0364;hren, und                         nichts anders, als eine zuweilen mit gutem, zuweilen auch mit schlechtem                         Erfolg verknu&#x0364;pfte Bemu&#x0364;hung der Seele seyn, die Ursache der Krankheit zu                         heben.</p>
            <p>Die <hi rendition="#b">Seelenarzeneikunde</hi> kann so wenig von der                         Mathematik, als von der Chimie Gebrauch machen. Jhre Behandlungsmethode kann                         auf einem von diesen dreien Principien beruhen.</p>
            <p>1) Wird angenommen, daß die Seele ein vom Ko&#x0364;rper <hi rendition="#b">unabha&#x0364;ngiges Daseyn </hi> habe, und mit andern Wesen ihrer Art, mit                         Geistern, in Verbindung und <hi rendition="#b">Wechselwu&#x0364;rkung</hi> stehe.                         Diesem zufolge besteht also die <hi rendition="#b">Seelengesundheit</hi> in                         der guten Korrespondenz zwischen der Seele und den andern Wesen ihrer Art,                         mit denen sie in Beziehung steht; so wie die <hi rendition="#b">Seelenkrankheit</hi> das Gegentheil davon ist, nehmlich ein bloßes <hi rendition="#b">Leiden</hi> der Seele von den Wu&#x0364;rkungen der andern                         Wesen. Die <hi rendition="#b">Geisterwelt</hi> wird eben so wie die <hi rendition="#b">Ko&#x0364;rperwelt</hi> nach gewissen Gesetzen regiert. Die                             Seelenarzenei-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0008] merksamkeit auf die feinern Theile des menschlichen Koͤrpers; nehmlich auf das Nervensystem. Stahl trieb die Verfeinerung der Arzeneikunde noch weiter. Er behauptete, daß nicht nur alle Wuͤrkungen des gesunden Koͤrpers von der Herrschaft und Wuͤrksamkeit der Seele, welche beurtheilt, was demselben nuͤtzlich und gut ist, abhaͤngen, sondern daß auch die mehrsten Zeichen und Anzeigen eines widernatuͤrlichen Zustandes, d.h. einer Krankheit, von der nehmlichen Ursache herruͤhren, und nichts anders, als eine zuweilen mit gutem, zuweilen auch mit schlechtem Erfolg verknuͤpfte Bemuͤhung der Seele seyn, die Ursache der Krankheit zu heben. Die Seelenarzeneikunde kann so wenig von der Mathematik, als von der Chimie Gebrauch machen. Jhre Behandlungsmethode kann auf einem von diesen dreien Principien beruhen. 1) Wird angenommen, daß die Seele ein vom Koͤrper unabhaͤngiges Daseyn habe, und mit andern Wesen ihrer Art, mit Geistern, in Verbindung und Wechselwuͤrkung stehe. Diesem zufolge besteht also die Seelengesundheit in der guten Korrespondenz zwischen der Seele und den andern Wesen ihrer Art, mit denen sie in Beziehung steht; so wie die Seelenkrankheit das Gegentheil davon ist, nehmlich ein bloßes Leiden der Seele von den Wuͤrkungen der andern Wesen. Die Geisterwelt wird eben so wie die Koͤrperwelt nach gewissen Gesetzen regiert. Die Seelenarzenei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0901_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0901_1792/8
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0901_1792/8>, abgerufen am 23.11.2024.