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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783.

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III. Zur Seelennaturkunde.
1.Spalding an Sulzer.

Berlin am 31. Januar 1772*).

Jch hatte heute Vormittag in geschwinde abwechselnder Folge viele Leute sprechen, vielerlei Kleinigkeiten schreiben müssen, wobei die Gegenstände fast durchgehends von sehr unähnlicher Art waren, und also die Aufmerksamkeit ohne Unterlaß auf etwas ganz anderes gestoßen ward. Zuletzt war eine Quitung wegen Zinsen für Kirchenarme zu schreiben. Jch setzte mich nieder, schrieb die beiden ersten dazu erforderlichen Wörter; aber in dem Augenblicke war ich nicht weiter vermögend, weder die übrigen Wörter in meiner Vorstellungskraft zu finden, noch die dazu gehörigen Züge zu treffen. Jch strengte aufs äusserste meine Aufmerksamkeit an, suchte langsam einen Buchstab nach dem an-

*) Diese kurze Erzählung schrieb ich an demselbigen Tage Nachmittags auf, und schickte sie an meinen Freund Sulzer.

III. Zur Seelennaturkunde.
1.Spalding an Sulzer.

Berlin am 31. Januar 1772*).

Jch hatte heute Vormittag in geschwinde abwechselnder Folge viele Leute sprechen, vielerlei Kleinigkeiten schreiben muͤssen, wobei die Gegenstaͤnde fast durchgehends von sehr unaͤhnlicher Art waren, und also die Aufmerksamkeit ohne Unterlaß auf etwas ganz anderes gestoßen ward. Zuletzt war eine Quitung wegen Zinsen fuͤr Kirchenarme zu schreiben. Jch setzte mich nieder, schrieb die beiden ersten dazu erforderlichen Woͤrter; aber in dem Augenblicke war ich nicht weiter vermoͤgend, weder die uͤbrigen Woͤrter in meiner Vorstellungskraft zu finden, noch die dazu gehoͤrigen Zuͤge zu treffen. Jch strengte aufs aͤusserste meine Aufmerksamkeit an, suchte langsam einen Buchstab nach dem an-

*) Diese kurze Erzaͤhlung schrieb ich an demselbigen Tage Nachmittags auf, und schickte sie an meinen Freund Sulzer.
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[38/0042] III. Zur Seelennaturkunde. 1.Spalding an Sulzer. Berlin am 31. Januar 1772*) . Jch hatte heute Vormittag in geschwinde abwechselnder Folge viele Leute sprechen, vielerlei Kleinigkeiten schreiben muͤssen, wobei die Gegenstaͤnde fast durchgehends von sehr unaͤhnlicher Art waren, und also die Aufmerksamkeit ohne Unterlaß auf etwas ganz anderes gestoßen ward. Zuletzt war eine Quitung wegen Zinsen fuͤr Kirchenarme zu schreiben. Jch setzte mich nieder, schrieb die beiden ersten dazu erforderlichen Woͤrter; aber in dem Augenblicke war ich nicht weiter vermoͤgend, weder die uͤbrigen Woͤrter in meiner Vorstellungskraft zu finden, noch die dazu gehoͤrigen Zuͤge zu treffen. Jch strengte aufs aͤusserste meine Aufmerksamkeit an, suchte langsam einen Buchstab nach dem an- *) Diese kurze Erzaͤhlung schrieb ich an demselbigen Tage Nachmittags auf, und schickte sie an meinen Freund Sulzer.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0102_1783/42>, abgerufen am 25.04.2024.