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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.

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geschrieben, worüber er seine Strafe zu befürchten Grund zu haben glaubte.

Er gieng darin so weit, daß er alles für Nachstellung ansah, was nur auf irgend eine entfernte Art dafür angesehen werden kann. Zuletzt verschloß er sich in seinem Zimmer, welches er, um allen Ueberfall zu verhüten, von aussen befestigt und mit Schießgewehr versehen hatte.

Er schrieb seine Träume sorgfältig auf, indem er sie für göttliche Eingebung hielt, und brachte seinen mit ihm eingesperrten Vetter durch Schläge dahin, daß dieser eidlich versichern mußte, daß er seines Onkels Träume für göttliche Eingebung halte.

Jn diesem Zustande blieb der vorerwähnte Mann bis zu seinem Tod, der im sechzigsten Jahre seines Alters erfolgte.

Die Angaben zur Erklärung dieser sonderbaren Seelenkrankheit sind: 1) War es einigermaßen eine Familienkrankheit. 2) Dazu kommt noch, daß dieser Mann, zur Zeit da er in königlichen Diensten stand, viel mit dem Kopfe hatte arbeiten müssen.




geschrieben, woruͤber er seine Strafe zu befuͤrchten Grund zu haben glaubte.

Er gieng darin so weit, daß er alles fuͤr Nachstellung ansah, was nur auf irgend eine entfernte Art dafuͤr angesehen werden kann. Zuletzt verschloß er sich in seinem Zimmer, welches er, um allen Ueberfall zu verhuͤten, von aussen befestigt und mit Schießgewehr versehen hatte.

Er schrieb seine Traͤume sorgfaͤltig auf, indem er sie fuͤr goͤttliche Eingebung hielt, und brachte seinen mit ihm eingesperrten Vetter durch Schlaͤge dahin, daß dieser eidlich versichern mußte, daß er seines Onkels Traͤume fuͤr goͤttliche Eingebung halte.

Jn diesem Zustande blieb der vorerwaͤhnte Mann bis zu seinem Tod, der im sechzigsten Jahre seines Alters erfolgte.

Die Angaben zur Erklaͤrung dieser sonderbaren Seelenkrankheit sind: 1) War es einigermaßen eine Familienkrankheit. 2) Dazu kommt noch, daß dieser Mann, zur Zeit da er in koͤniglichen Diensten stand, viel mit dem Kopfe hatte arbeiten muͤssen.



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[5/0005] geschrieben, woruͤber er seine Strafe zu befuͤrchten Grund zu haben glaubte. Er gieng darin so weit, daß er alles fuͤr Nachstellung ansah, was nur auf irgend eine entfernte Art dafuͤr angesehen werden kann. Zuletzt verschloß er sich in seinem Zimmer, welches er, um allen Ueberfall zu verhuͤten, von aussen befestigt und mit Schießgewehr versehen hatte. Er schrieb seine Traͤume sorgfaͤltig auf, indem er sie fuͤr goͤttliche Eingebung hielt, und brachte seinen mit ihm eingesperrten Vetter durch Schlaͤge dahin, daß dieser eidlich versichern mußte, daß er seines Onkels Traͤume fuͤr goͤttliche Eingebung halte. Jn diesem Zustande blieb der vorerwaͤhnte Mann bis zu seinem Tod, der im sechzigsten Jahre seines Alters erfolgte. Die Angaben zur Erklaͤrung dieser sonderbaren Seelenkrankheit sind: 1) War es einigermaßen eine Familienkrankheit. 2) Dazu kommt noch, daß dieser Mann, zur Zeit da er in koͤniglichen Diensten stand, viel mit dem Kopfe hatte arbeiten muͤssen.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/5>, abgerufen am 28.03.2024.