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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892].

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"Das werden wir thun!"

"Ja, wir werden sie zerreißen!"

"Ganz und gar!"

Bis hierher konnte ich die Unterhaltung vernehmen,
dann aber hörte man das erwähnte Pferdegetrappel. Der
Lieutenant hob den Kopf empor.

"Man kommt!" sagte er.

Auch der Hauptmann lauschte.

"Wer mag das sein?" fragte er.

"Es sind zwei Reiter; ich höre es!"

Sie erhoben sich, und die Soldaten thaten dasselbe.
In dem Scheine, den das Feuer hinauswarf, wurden
Halef und Selek sichtbar. Der Hauptmann trat ihnen
entgegen und zog seinen Säbel.

"Halt! Wer seid ihr?" rief er sie an.

Sie waren sofort von den Türken umringt. Mein
kleiner Halef betrachtete sich die Offiziere vom Pferde
herunter mit einer Miene, welche mich erraten ließ, daß
sie auf ihn den gleichen Eindruck machten, den sie auch
auf mich hervorgebracht hatten.

"Wer ihr seid, habe ich gefragt!" wiederholte der
Hauptmann.

"Leute!"

"Was für Leute?"

"Männer!"

"Was für Männer?"

"Reitende Männer!"

"Der Teufel verschlinge euch! Antwortet besser, sonst
erhaltet ihr die Bastonnade! Also wer seid ihr?"

"Wir sind Dschesidi," antwortete jetzt Selek mit klein-
lauter Stimme.

"Dschesidi? Ah! Woher?"

"Aus Mekka."

„Das werden wir thun!“

„Ja, wir werden ſie zerreißen!“

„Ganz und gar!“

Bis hierher konnte ich die Unterhaltung vernehmen,
dann aber hörte man das erwähnte Pferdegetrappel. Der
Lieutenant hob den Kopf empor.

„Man kommt!“ ſagte er.

Auch der Hauptmann lauſchte.

„Wer mag das ſein?“ fragte er.

„Es ſind zwei Reiter; ich höre es!“

Sie erhoben ſich, und die Soldaten thaten dasſelbe.
In dem Scheine, den das Feuer hinauswarf, wurden
Halef und Selek ſichtbar. Der Hauptmann trat ihnen
entgegen und zog ſeinen Säbel.

„Halt! Wer ſeid ihr?“ rief er ſie an.

Sie waren ſofort von den Türken umringt. Mein
kleiner Halef betrachtete ſich die Offiziere vom Pferde
herunter mit einer Miene, welche mich erraten ließ, daß
ſie auf ihn den gleichen Eindruck machten, den ſie auch
auf mich hervorgebracht hatten.

„Wer ihr ſeid, habe ich gefragt!“ wiederholte der
Hauptmann.

„Leute!“

„Was für Leute?“

„Männer!“

„Was für Männer?“

„Reitende Männer!“

„Der Teufel verſchlinge euch! Antwortet beſſer, ſonſt
erhaltet ihr die Baſtonnade! Alſo wer ſeid ihr?“

„Wir ſind Dſcheſidi,“ antwortete jetzt Selek mit klein-
lauter Stimme.

„Dſcheſidi? Ah! Woher?“

„Aus Mekka.“

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[28/0042] „Das werden wir thun!“ „Ja, wir werden ſie zerreißen!“ „Ganz und gar!“ Bis hierher konnte ich die Unterhaltung vernehmen, dann aber hörte man das erwähnte Pferdegetrappel. Der Lieutenant hob den Kopf empor. „Man kommt!“ ſagte er. Auch der Hauptmann lauſchte. „Wer mag das ſein?“ fragte er. „Es ſind zwei Reiter; ich höre es!“ Sie erhoben ſich, und die Soldaten thaten dasſelbe. In dem Scheine, den das Feuer hinauswarf, wurden Halef und Selek ſichtbar. Der Hauptmann trat ihnen entgegen und zog ſeinen Säbel. „Halt! Wer ſeid ihr?“ rief er ſie an. Sie waren ſofort von den Türken umringt. Mein kleiner Halef betrachtete ſich die Offiziere vom Pferde herunter mit einer Miene, welche mich erraten ließ, daß ſie auf ihn den gleichen Eindruck machten, den ſie auch auf mich hervorgebracht hatten. „Wer ihr ſeid, habe ich gefragt!“ wiederholte der Hauptmann. „Leute!“ „Was für Leute?“ „Männer!“ „Was für Männer?“ „Reitende Männer!“ „Der Teufel verſchlinge euch! Antwortet beſſer, ſonſt erhaltet ihr die Baſtonnade! Alſo wer ſeid ihr?“ „Wir ſind Dſcheſidi,“ antwortete jetzt Selek mit klein- lauter Stimme. „Dſcheſidi? Ah! Woher?“ „Aus Mekka.“

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Zitationshilfe: May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/42>, abgerufen am 19.04.2024.