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Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897.

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Auf dem Mars.

Einen starken Gegensatz zu dem reichen Kulturleben
und der Lebensfülle der Niederungen boten die felsigen
Hochplateaus, auf denen es an einigen Stellen sogar
beträchtliche Gebirge gab. Jm allgemeinen erhoben
sie sich jedoch nicht bedeutend über die Tiefebenen. Auch
durch jene Wüsten zogen sich, uralten Kulturwegen
folgend, die Jndustriestraßen hin, nur daß sie hier nicht
ein dichtes Netz bildeten, sondern parallel verliefen und
dadurch Streifen von dreißig bis dreihundert Kilometer
Breite darstellten, die mit Bewohnern besetzt waren. Denn
jeder solcher Streifen war von einem Kanal begleitet,
der das Wasser von den Polen über den ganzen Pla-
neten verbreitete. Nicht immer reichte die Wassermenge
aus, alle diese Kanäle zu füllen, so daß die Breite des
Vegetationsstreifens je nach der Stärke der Bewässerung
wechselte. Es schien dann, von der Erde aus gesehen,
als ob die dunklen Streifen, welche die Wüstengebiete
auf die Länge von tausenden von Kilometern durch-
setzen, sich seitlich verschöben, verengerten, verbreiterten
oder auch verdoppelten. Sobald der Wasserzufluß hier
aufhörte, verloren die schützenden Bäume ihr Laub und
der Boden verdorrte, wenige Tage aber genügten auch
wieder, dem Pflanzenwuchs seine Frische zurückzugeben.

Die Bevölkerung dieser Weltstraßen stand unter
ungünstigeren Lebensbedingungen als die der immer
feuchten Niederungen, aber sie war doch ungleich besser
gestellt als die Bewohner der Wüsten. Hier hausten
in der Kultur zurückgebliebene Gruppen der Bevölkerung
des Planeten, die zum Teil sogar noch Ackerbau trieben,
wo geringe Einsenkungen infolge der nächtlichen Nieder-

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Auf dem Mars.

Einen ſtarken Gegenſatz zu dem reichen Kulturleben
und der Lebensfülle der Niederungen boten die felſigen
Hochplateaus, auf denen es an einigen Stellen ſogar
beträchtliche Gebirge gab. Jm allgemeinen erhoben
ſie ſich jedoch nicht bedeutend über die Tiefebenen. Auch
durch jene Wüſten zogen ſich, uralten Kulturwegen
folgend, die Jnduſtrieſtraßen hin, nur daß ſie hier nicht
ein dichtes Netz bildeten, ſondern parallel verliefen und
dadurch Streifen von dreißig bis dreihundert Kilometer
Breite darſtellten, die mit Bewohnern beſetzt waren. Denn
jeder ſolcher Streifen war von einem Kanal begleitet,
der das Waſſer von den Polen über den ganzen Pla-
neten verbreitete. Nicht immer reichte die Waſſermenge
aus, alle dieſe Kanäle zu füllen, ſo daß die Breite des
Vegetationsſtreifens je nach der Stärke der Bewäſſerung
wechſelte. Es ſchien dann, von der Erde aus geſehen,
als ob die dunklen Streifen, welche die Wüſtengebiete
auf die Länge von tauſenden von Kilometern durch-
ſetzen, ſich ſeitlich verſchöben, verengerten, verbreiterten
oder auch verdoppelten. Sobald der Waſſerzufluß hier
aufhörte, verloren die ſchützenden Bäume ihr Laub und
der Boden verdorrte, wenige Tage aber genügten auch
wieder, dem Pflanzenwuchs ſeine Friſche zurückzugeben.

Die Bevölkerung dieſer Weltſtraßen ſtand unter
ungünſtigeren Lebensbedingungen als die der immer
feuchten Niederungen, aber ſie war doch ungleich beſſer
geſtellt als die Bewohner der Wüſten. Hier hauſten
in der Kultur zurückgebliebene Gruppen der Bevölkerung
des Planeten, die zum Teil ſogar noch Ackerbau trieben,
wo geringe Einſenkungen infolge der nächtlichen Nieder-

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[19/0027] Auf dem Mars. Einen ſtarken Gegenſatz zu dem reichen Kulturleben und der Lebensfülle der Niederungen boten die felſigen Hochplateaus, auf denen es an einigen Stellen ſogar beträchtliche Gebirge gab. Jm allgemeinen erhoben ſie ſich jedoch nicht bedeutend über die Tiefebenen. Auch durch jene Wüſten zogen ſich, uralten Kulturwegen folgend, die Jnduſtrieſtraßen hin, nur daß ſie hier nicht ein dichtes Netz bildeten, ſondern parallel verliefen und dadurch Streifen von dreißig bis dreihundert Kilometer Breite darſtellten, die mit Bewohnern beſetzt waren. Denn jeder ſolcher Streifen war von einem Kanal begleitet, der das Waſſer von den Polen über den ganzen Pla- neten verbreitete. Nicht immer reichte die Waſſermenge aus, alle dieſe Kanäle zu füllen, ſo daß die Breite des Vegetationsſtreifens je nach der Stärke der Bewäſſerung wechſelte. Es ſchien dann, von der Erde aus geſehen, als ob die dunklen Streifen, welche die Wüſtengebiete auf die Länge von tauſenden von Kilometern durch- ſetzen, ſich ſeitlich verſchöben, verengerten, verbreiterten oder auch verdoppelten. Sobald der Waſſerzufluß hier aufhörte, verloren die ſchützenden Bäume ihr Laub und der Boden verdorrte, wenige Tage aber genügten auch wieder, dem Pflanzenwuchs ſeine Friſche zurückzugeben. Die Bevölkerung dieſer Weltſtraßen ſtand unter ungünſtigeren Lebensbedingungen als die der immer feuchten Niederungen, aber ſie war doch ungleich beſſer geſtellt als die Bewohner der Wüſten. Hier hauſten in der Kultur zurückgebliebene Gruppen der Bevölkerung des Planeten, die zum Teil ſogar noch Ackerbau trieben, wo geringe Einſenkungen infolge der nächtlichen Nieder- 29*

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 2. Weimar, 1897, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten02_1897/27>, abgerufen am 19.04.2024.