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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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VII. Hauptstück.
(§. 224. 225.). Hingegen scheinen viele Jnterjectionen
um desto natülicher und nothwendiger Wurzelwörter
zu seyn, weil sie natürliche Wirkungen der Affecten sind
(§. 218.). Aber noch ungleich nothwendiger scheinen die
Vorwörter unter die Wurzelwörter zu gehören. Denn
sie drücken sehr einfache Verhältnisse des Orts, der Zeit,
der Lage, der Urseche und Wirkung aus (§. 212.), und
die Begriffe dieser Verhältnisse sind allerdings von den
Begriffen der Handlungen und Dinge selbst, durchaus
verschieden. Und da die ursprüngliche Bedeutung der
Vorwörter Verhältnisse der Körperwelt vorstellen, de-
ren Empfindung man immer wieder damit verbinden
kann, so ist auch dieses ein Grund mit, warum sie aller-
dings unter die ersten Wörter oder zu der Grundlage
einer Sprache gehören, weil sich bey dem ersten Ur-
sprung der Sprachen keine andere Wurzelwörter geden-
ken lassen, als solche, deren Bedeutung durch Vorzei-
gung der Sache selbst konnte bekannt gemacht werden.
Denn die Bedeutung eines Wurzelwortes ist von der
Bedeutung jeder andern Wörter unabhängig, weil es
eben dadurch ein Wurzelwort ist. Man kann noch
mit anmerken, daß die Bedeutung der Vorwörter sich
auch dermalen noch nicht wohl anders als durch die
Darstellung der Sache selbst kenntlich machen läßt.

§. 251. Diese Bedingung, daß die Wurzelwörter
ursprünglich solche Dinge anzeigen müssen, die in die
Sinnen fallen, schleußt die meisten Bindwörter aus,
und besonders diejenigen, welche abstractere Bestim-
mungsbegriffe des Zusammenhangs der Rede vorstel-
len. Wir haben daher bereits (§. 233.) angemerkt, daß
solche Bindwörter theils metaphorisch, theils abgeleitet,
theils auch Abkürzungen sind. So z. E. scheint im
Deutschen das Bindwort wenn anfänglich nur eine
Bedingung der Zeit, nachgehends aber, wegen Aehn-
lichkeit des Eindruckes, jede andere Bedingung ange-

zeigt

VII. Hauptſtuͤck.
(§. 224. 225.). Hingegen ſcheinen viele Jnterjectionen
um deſto natuͤlicher und nothwendiger Wurzelwoͤrter
zu ſeyn, weil ſie natuͤrliche Wirkungen der Affecten ſind
(§. 218.). Aber noch ungleich nothwendiger ſcheinen die
Vorwoͤrter unter die Wurzelwoͤrter zu gehoͤren. Denn
ſie druͤcken ſehr einfache Verhaͤltniſſe des Orts, der Zeit,
der Lage, der Urſeche und Wirkung aus (§. 212.), und
die Begriffe dieſer Verhaͤltniſſe ſind allerdings von den
Begriffen der Handlungen und Dinge ſelbſt, durchaus
verſchieden. Und da die urſpruͤngliche Bedeutung der
Vorwoͤrter Verhaͤltniſſe der Koͤrperwelt vorſtellen, de-
ren Empfindung man immer wieder damit verbinden
kann, ſo iſt auch dieſes ein Grund mit, warum ſie aller-
dings unter die erſten Woͤrter oder zu der Grundlage
einer Sprache gehoͤren, weil ſich bey dem erſten Ur-
ſprung der Sprachen keine andere Wurzelwoͤrter geden-
ken laſſen, als ſolche, deren Bedeutung durch Vorzei-
gung der Sache ſelbſt konnte bekannt gemacht werden.
Denn die Bedeutung eines Wurzelwortes iſt von der
Bedeutung jeder andern Woͤrter unabhaͤngig, weil es
eben dadurch ein Wurzelwort iſt. Man kann noch
mit anmerken, daß die Bedeutung der Vorwoͤrter ſich
auch dermalen noch nicht wohl anders als durch die
Darſtellung der Sache ſelbſt kenntlich machen laͤßt.

§. 251. Dieſe Bedingung, daß die Wurzelwoͤrter
urſpruͤnglich ſolche Dinge anzeigen muͤſſen, die in die
Sinnen fallen, ſchleußt die meiſten Bindwoͤrter aus,
und beſonders diejenigen, welche abſtractere Beſtim-
mungsbegriffe des Zuſammenhangs der Rede vorſtel-
len. Wir haben daher bereits (§. 233.) angemerkt, daß
ſolche Bindwoͤrter theils metaphoriſch, theils abgeleitet,
theils auch Abkuͤrzungen ſind. So z. E. ſcheint im
Deutſchen das Bindwort wenn anfaͤnglich nur eine
Bedingung der Zeit, nachgehends aber, wegen Aehn-
lichkeit des Eindruckes, jede andere Bedingung ange-

zeigt
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[150/0156] VII. Hauptſtuͤck. (§. 224. 225.). Hingegen ſcheinen viele Jnterjectionen um deſto natuͤlicher und nothwendiger Wurzelwoͤrter zu ſeyn, weil ſie natuͤrliche Wirkungen der Affecten ſind (§. 218.). Aber noch ungleich nothwendiger ſcheinen die Vorwoͤrter unter die Wurzelwoͤrter zu gehoͤren. Denn ſie druͤcken ſehr einfache Verhaͤltniſſe des Orts, der Zeit, der Lage, der Urſeche und Wirkung aus (§. 212.), und die Begriffe dieſer Verhaͤltniſſe ſind allerdings von den Begriffen der Handlungen und Dinge ſelbſt, durchaus verſchieden. Und da die urſpruͤngliche Bedeutung der Vorwoͤrter Verhaͤltniſſe der Koͤrperwelt vorſtellen, de- ren Empfindung man immer wieder damit verbinden kann, ſo iſt auch dieſes ein Grund mit, warum ſie aller- dings unter die erſten Woͤrter oder zu der Grundlage einer Sprache gehoͤren, weil ſich bey dem erſten Ur- ſprung der Sprachen keine andere Wurzelwoͤrter geden- ken laſſen, als ſolche, deren Bedeutung durch Vorzei- gung der Sache ſelbſt konnte bekannt gemacht werden. Denn die Bedeutung eines Wurzelwortes iſt von der Bedeutung jeder andern Woͤrter unabhaͤngig, weil es eben dadurch ein Wurzelwort iſt. Man kann noch mit anmerken, daß die Bedeutung der Vorwoͤrter ſich auch dermalen noch nicht wohl anders als durch die Darſtellung der Sache ſelbſt kenntlich machen laͤßt. §. 251. Dieſe Bedingung, daß die Wurzelwoͤrter urſpruͤnglich ſolche Dinge anzeigen muͤſſen, die in die Sinnen fallen, ſchleußt die meiſten Bindwoͤrter aus, und beſonders diejenigen, welche abſtractere Beſtim- mungsbegriffe des Zuſammenhangs der Rede vorſtel- len. Wir haben daher bereits (§. 233.) angemerkt, daß ſolche Bindwoͤrter theils metaphoriſch, theils abgeleitet, theils auch Abkuͤrzungen ſind. So z. E. ſcheint im Deutſchen das Bindwort wenn anfaͤnglich nur eine Bedingung der Zeit, nachgehends aber, wegen Aehn- lichkeit des Eindruckes, jede andere Bedingung ange- zeigt

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/156>, abgerufen am 23.11.2024.