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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Planzungen werden besehn, und über die Maassen
gepriesen.
Aber wann brauner nun werden die Schatten, und
stiller die Hütten,
Wann die schmählende Mutter die tummelnden Klei-
nen nun heimruft,
Und nach erloschenem Pfeifchen der schläfernde
Vater ins Haus wankt;
Gerne sitzen wir dann am Weiher des Dorfs auf
den Blöcken,
Welche der emsige Wagner zu Axen und Felgen
zersägte,
Sehen den Himmel sich spiegeln im stillen Wasser
des Teiches,
Sehen die Lampen erlöschen, vernehmen das Lullen
der Mütter,
Und den klagenden Abendgesang der einsamen
Wittwe.
Dunkler wird es und stiller um uns, und stiller im
Busen.
Endlich beginnt es Allwinen zu grauen. "Es wird
schon so dunkel.
"Väterchen, gehen wir bald?" Wir thun ihr den
Willen und gehen.
"Väterchen, sieh', es brennt!" ruft Wina, indem
wir des Kirchhofs
Düstre Schatten beschreiten -- und siehe! der hei-
lige Vollmond

Planzungen werden besehn, und über die Maassen
gepriesen.
Aber wann brauner nun werden die Schatten, und
stiller die Hütten,
Wann die schmählende Mutter die tummelnden Klei-
nen nun heimruft,
Und nach erloschenem Pfeifchen der schläfernde
Vater ins Haus wankt;
Gerne sitzen wir dann am Weiher des Dorfs auf
den Blöcken,
Welche der emsige Wagner zu Axen und Felgen
zersägte,
Sehen den Himmel sich spiegeln im stillen Wasser
des Teiches,
Sehen die Lampen erlöschen, vernehmen das Lullen
der Mütter,
Und den klagenden Abendgesang der einsamen
Wittwe.
Dunkler wird es und stiller um uns, und stiller im
Busen.
Endlich beginnt es Allwinen zu grauen. „Es wird
schon so dunkel.
„Väterchen, gehen wir bald?“ Wir thun ihr den
Willen und gehen.
„Väterchen, sieh', es brennt!“ ruft Wina, indem
wir des Kirchhofs
Düstre Schatten beschreiten — und siehe! der hei-
lige Vollmond

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[390/0414] Planzungen werden besehn, und über die Maassen gepriesen. Aber wann brauner nun werden die Schatten, und stiller die Hütten, Wann die schmählende Mutter die tummelnden Klei- nen nun heimruft, Und nach erloschenem Pfeifchen der schläfernde Vater ins Haus wankt; Gerne sitzen wir dann am Weiher des Dorfs auf den Blöcken, Welche der emsige Wagner zu Axen und Felgen zersägte, Sehen den Himmel sich spiegeln im stillen Wasser des Teiches, Sehen die Lampen erlöschen, vernehmen das Lullen der Mütter, Und den klagenden Abendgesang der einsamen Wittwe. Dunkler wird es und stiller um uns, und stiller im Busen. Endlich beginnt es Allwinen zu grauen. „Es wird schon so dunkel. „Väterchen, gehen wir bald?“ Wir thun ihr den Willen und gehen. „Väterchen, sieh', es brennt!“ ruft Wina, indem wir des Kirchhofs Düstre Schatten beschreiten — und siehe! der hei- lige Vollmond

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Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798/414>, abgerufen am 29.03.2024.