Der Sohn wird verdrossen, trotzig und widerspänstig. Er hat einen Anverwand- ten gehabt, der ihm im Testamente einige hundert Thaler vermacht. Er fordert sel- bige und will seinen eigenen Haushalt an- fangen. Man will sie ihm nicht geben, weil man siehet, er werde sie gar bald durchbringen. Hiermit aber treibet er sei- nen Trotz auf den höchsten Grad. Man giebet ihm endlich sein Geld, und sogleich fänget er an zu schwärmen, und verthut selbiges in wenigen Monathen. Man läs- set ihn gehen, er geräth in Schulden und in die äusserste Noth. Diese aber demü- thiget und beweget ihn in sich zu gehen, sei- nen Ungehorsam und Ausschweifungen weh- müthigst zu erkennen. Er wirfet sich sei- nem Vater zu den Füssen, und suchet die Vergebung seiner Widerspänstigkeit, und fänget an, ein ganz anderer und würdiger Mensch zu werden. Ein ähnliches Exem- pel finden wir an dem verlohrnen Sohne in der Schrift *).
§. 17.
Beschluß des vori- gen.
Aus denen Exempeln der Verhärtung, welche ich bisher beygebracht habe, erhel- let, daß nicht eine jede Verstockung von gleicher Beschaffenheit sey. Man kann jemanden auf eine solche Art verhärten, daß
man
*) Luc. C. 15.
Der Sohn wird verdroſſen, trotzig und widerſpaͤnſtig. Er hat einen Anverwand- ten gehabt, der ihm im Teſtamente einige hundert Thaler vermacht. Er fordert ſel- bige und will ſeinen eigenen Haushalt an- fangen. Man will ſie ihm nicht geben, weil man ſiehet, er werde ſie gar bald durchbringen. Hiermit aber treibet er ſei- nen Trotz auf den hoͤchſten Grad. Man giebet ihm endlich ſein Geld, und ſogleich faͤnget er an zu ſchwaͤrmen, und verthut ſelbiges in wenigen Monathen. Man laͤſ- ſet ihn gehen, er geraͤth in Schulden und in die aͤuſſerſte Noth. Dieſe aber demuͤ- thiget und beweget ihn in ſich zu gehen, ſei- nen Ungehorſam und Ausſchweifungen weh- muͤthigſt zu erkennen. Er wirfet ſich ſei- nem Vater zu den Fuͤſſen, und ſuchet die Vergebung ſeiner Widerſpaͤnſtigkeit, und faͤnget an, ein ganz anderer und wuͤrdiger Menſch zu werden. Ein aͤhnliches Exem- pel finden wir an dem verlohrnen Sohne in der Schrift *).
§. 17.
Beſchluß des vori- gen.
Aus denen Exempeln der Verhaͤrtung, welche ich bisher beygebracht habe, erhel- let, daß nicht eine jede Verſtockung von gleicher Beſchaffenheit ſey. Man kann jemanden auf eine ſolche Art verhaͤrten, daß
man
*) Luc. C. 15.
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Der Sohn wird verdroſſen, trotzig und
widerſpaͤnſtig. Er hat einen Anverwand-
ten gehabt, der ihm im Teſtamente einige
hundert Thaler vermacht. Er fordert ſel-
bige und will ſeinen eigenen Haushalt an-
fangen. Man will ſie ihm nicht geben,
weil man ſiehet, er werde ſie gar bald
durchbringen. Hiermit aber treibet er ſei-
nen Trotz auf den hoͤchſten Grad. Man
giebet ihm endlich ſein Geld, und ſogleich
faͤnget er an zu ſchwaͤrmen, und verthut
ſelbiges in wenigen Monathen. Man laͤſ-
ſet ihn gehen, er geraͤth in Schulden und
in die aͤuſſerſte Noth. Dieſe aber demuͤ-
thiget und beweget ihn in ſich zu gehen, ſei-
nen Ungehorſam und Ausſchweifungen weh-
muͤthigſt zu erkennen. Er wirfet ſich ſei-
nem Vater zu den Fuͤſſen, und ſuchet die
Vergebung ſeiner Widerſpaͤnſtigkeit, und
faͤnget an, ein ganz anderer und wuͤrdiger
Menſch zu werden. Ein aͤhnliches Exem-
pel finden wir an dem verlohrnen Sohne
in der Schrift *).
§. 17.
Aus denen Exempeln der Verhaͤrtung,
welche ich bisher beygebracht habe, erhel-
let, daß nicht eine jede Verſtockung von
gleicher Beſchaffenheit ſey. Man kann
jemanden auf eine ſolche Art verhaͤrten, daß
man
*) Luc. C. 15.
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/246>, abgerufen am 23.11.2024.
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