Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite





men zu setzen. Wie regelmäßig bauet
nicht die Biene ihre Zellen? Wie ac-
curat sind nicht die Sechsecke, welche
sie ohne Circul und Lineal verfertiget?
Und wie genau beobachtet sie nicht die
Regeln der Festigkeit? Sie setzet nie-
mals zwey Zellen gerade über einander;
sondern das Mittelpunckt von der einen
Zelle ist eben da, wo auf der gegen über
stehenden Seite die Grundlinien von
drey andern Zellen zusammen stossen.
Das bewundernswürdigste ist, daß erst-
lich etliche tausend solcher Thierchen mit
einander in ihrem Bauen übereinstim-
men, und nicht nur nach einer Haupt-
regel, sondern auch nach einerley Maaß-
stabe ihre Zellen aufführen. Zweytens,
daß, wenn man die Regeln der Festig-
keit und Bequemlichkeit zum voraus se-
tzet, unter so viel möglichen mathema-
tischen Figuren sich keine eintzige zum
Bienenbau besser schicket, als eben das
Sechseck. Unsere Ausschweiffung wür-
de zu weitläuftig werden, wenn wir die-
ses mathematisch erweisen wolten. Die-
jenigen aber, so Mathematick verste-
hen, nehmen nur folgende Regeln, als
Hauptgesetze einer Bienenbaukunst, an,
so werden sie aus mathematischen Grün-
den leicht den Beweiß finden, daß kei-
ne eintzige andere Figur als das ordent-

liche





men zu ſetzen. Wie regelmaͤßig bauet
nicht die Biene ihre Zellen? Wie ac-
curat ſind nicht die Sechsecke, welche
ſie ohne Circul und Lineal verfertiget?
Und wie genau beobachtet ſie nicht die
Regeln der Feſtigkeit? Sie ſetzet nie-
mals zwey Zellen gerade uͤber einander;
ſondern das Mittelpunckt von der einen
Zelle iſt eben da, wo auf der gegen uͤber
ſtehenden Seite die Grundlinien von
drey andern Zellen zuſammen ſtoſſen.
Das bewundernswuͤrdigſte iſt, daß erſt-
lich etliche tauſend ſolcher Thierchen mit
einander in ihrem Bauen uͤbereinſtim-
men, und nicht nur nach einer Haupt-
regel, ſondern auch nach einerley Maaß-
ſtabe ihre Zellen auffuͤhren. Zweytens,
daß, wenn man die Regeln der Feſtig-
keit und Bequemlichkeit zum voraus ſe-
tzet, unter ſo viel moͤglichen mathema-
tiſchen Figuren ſich keine eintzige zum
Bienenbau beſſer ſchicket, als eben das
Sechseck. Unſere Ausſchweiffung wuͤr-
de zu weitlaͤuftig werden, wenn wir die-
ſes mathematiſch erweiſen wolten. Die-
jenigen aber, ſo Mathematick verſte-
hen, nehmen nur folgende Regeln, als
Hauptgeſetze einer Bienenbaukunſt, an,
ſo werden ſie aus mathematiſchen Gruͤn-
den leicht den Beweiß finden, daß kei-
ne eintzige andere Figur als das ordent-

liche
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0363" n="331[327]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
men zu &#x017F;etzen. Wie regelma&#x0364;ßig bauet<lb/>
nicht die Biene ihre Zellen? Wie ac-<lb/>
curat &#x017F;ind nicht die Sechsecke, welche<lb/>
&#x017F;ie ohne Circul und Lineal verfertiget?<lb/>
Und wie genau beobachtet &#x017F;ie nicht die<lb/>
Regeln der Fe&#x017F;tigkeit? Sie &#x017F;etzet nie-<lb/>
mals zwey Zellen gerade u&#x0364;ber einander;<lb/>
&#x017F;ondern das Mittelpunckt von der einen<lb/>
Zelle i&#x017F;t eben da, wo auf der gegen u&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;tehenden Seite die Grundlinien von<lb/>
drey andern Zellen zu&#x017F;ammen &#x017F;to&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Das bewundernswu&#x0364;rdig&#x017F;te i&#x017F;t, daß er&#x017F;t-<lb/>
lich etliche tau&#x017F;end &#x017F;olcher Thierchen mit<lb/>
einander in ihrem Bauen u&#x0364;berein&#x017F;tim-<lb/>
men, und nicht nur nach einer Haupt-<lb/>
regel, &#x017F;ondern auch nach einerley Maaß-<lb/>
&#x017F;tabe ihre Zellen auffu&#x0364;hren. Zweytens,<lb/>
daß, wenn man die Regeln der Fe&#x017F;tig-<lb/>
keit und Bequemlichkeit zum voraus &#x017F;e-<lb/>
tzet, unter &#x017F;o viel mo&#x0364;glichen mathema-<lb/>
ti&#x017F;chen Figuren &#x017F;ich keine eintzige zum<lb/>
Bienenbau be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;chicket, als eben das<lb/>
Sechseck. Un&#x017F;ere Aus&#x017F;chweiffung wu&#x0364;r-<lb/>
de zu weitla&#x0364;uftig werden, wenn wir die-<lb/>
&#x017F;es mathemati&#x017F;ch erwei&#x017F;en wolten. Die-<lb/>
jenigen aber, &#x017F;o Mathematick ver&#x017F;te-<lb/>
hen, nehmen nur folgende Regeln, als<lb/>
Hauptge&#x017F;etze einer Bienenbaukun&#x017F;t, an,<lb/>
&#x017F;o werden &#x017F;ie aus mathemati&#x017F;chen Gru&#x0364;n-<lb/>
den leicht den Beweiß finden, daß kei-<lb/>
ne eintzige andere Figur als das ordent-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">liche</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[331[327]/0363] men zu ſetzen. Wie regelmaͤßig bauet nicht die Biene ihre Zellen? Wie ac- curat ſind nicht die Sechsecke, welche ſie ohne Circul und Lineal verfertiget? Und wie genau beobachtet ſie nicht die Regeln der Feſtigkeit? Sie ſetzet nie- mals zwey Zellen gerade uͤber einander; ſondern das Mittelpunckt von der einen Zelle iſt eben da, wo auf der gegen uͤber ſtehenden Seite die Grundlinien von drey andern Zellen zuſammen ſtoſſen. Das bewundernswuͤrdigſte iſt, daß erſt- lich etliche tauſend ſolcher Thierchen mit einander in ihrem Bauen uͤbereinſtim- men, und nicht nur nach einer Haupt- regel, ſondern auch nach einerley Maaß- ſtabe ihre Zellen auffuͤhren. Zweytens, daß, wenn man die Regeln der Feſtig- keit und Bequemlichkeit zum voraus ſe- tzet, unter ſo viel moͤglichen mathema- tiſchen Figuren ſich keine eintzige zum Bienenbau beſſer ſchicket, als eben das Sechseck. Unſere Ausſchweiffung wuͤr- de zu weitlaͤuftig werden, wenn wir die- ſes mathematiſch erweiſen wolten. Die- jenigen aber, ſo Mathematick verſte- hen, nehmen nur folgende Regeln, als Hauptgeſetze einer Bienenbaukunſt, an, ſo werden ſie aus mathematiſchen Gruͤn- den leicht den Beweiß finden, daß kei- ne eintzige andere Figur als das ordent- liche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/363
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 331[327]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/363>, abgerufen am 23.11.2024.