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Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785.

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Wirthin. Ei was, es ist wahr -- was zu arg ist, ist
zu arg. Man muß leben und leben lassen. Er will die
geordinirte Obrigkeit sein -- --
Gerichtsschr. Nun ja.
Wirthin. So sollte Er es auch hübsch darnach
machen. Aber erst beschwazt und berauscht Er die armen
Leute, daß Sie ins Tages Licht hinein kaufen. Vier
Wochen danach sizt Er ihnen auf dem Halse. Nun
heißt es: Geld her! Da wird wieder gerequirirt, ver-
kauft und genommen, bis sie fort von Haus und Hof
einer nach dem andern in die neue Welt ziehen.
Gerichtsschr. Laß sie ziehen -- so giebt es Plaz.
Wirthin. Wenn sie alle nach der neuen Welt gezo-
gen sind, dann kann ich mein weisses Roß zusperren --
gelt? Nein -- bleib Er mir zu Liebe weg. Der Ge-
winn ist Sündengeld, ich mag ihn nicht. Wer weiß,
wer weiß, warum mir mein Sohn so plözlich gestorben
und mein Vieh so gefallen ist.
Gerichtsschr. Hat Euch denn der Tischler bezahlt?
He?
Wirthin. Der Herr Amtmann, sollte ein Einse-
hens haben -- -- aber der -- --
Gerichtsschr. Sagt doch, hat Euch der Tischler
bezahlt?
Wirthin. Ei was, es iſt wahr — was zu arg iſt, iſt
zu arg. Man muß leben und leben laſſen. Er will die
geordinirte Obrigkeit ſein — —
Gerichtsſchr. Nun ja.
Wirthin. So ſollte Er es auch huͤbſch darnach
machen. Aber erſt beſchwazt und berauſcht Er die armen
Leute, daß Sie ins Tages Licht hinein kaufen. Vier
Wochen danach ſizt Er ihnen auf dem Halſe. Nun
heißt es: Geld her! Da wird wieder gerequirirt, ver-
kauft und genommen, bis ſie fort von Haus und Hof
einer nach dem andern in die neue Welt ziehen.
Gerichtsſchr. Laß ſie ziehen — ſo giebt es Plaz.
Wirthin. Wenn ſie alle nach der neuen Welt gezo-
gen ſind, dann kann ich mein weiſſes Roß zuſperren —
gelt? Nein — bleib Er mir zu Liebe weg. Der Ge-
winn iſt Suͤndengeld, ich mag ihn nicht. Wer weiß,
wer weiß, warum mir mein Sohn ſo ploͤzlich geſtorben
und mein Vieh ſo gefallen iſt.
Gerichtsſchr. Hat Euch denn der Tiſchler bezahlt?
He?
Wirthin. Der Herr Amtmann, ſollte ein Einſe-
hens haben — — aber der — —
Gerichtsſchr. Sagt doch, hat Euch der Tiſchler
bezahlt?
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[95/0101] Wirthin. Ei was, es iſt wahr — was zu arg iſt, iſt zu arg. Man muß leben und leben laſſen. Er will die geordinirte Obrigkeit ſein — — Gerichtsſchr. Nun ja. Wirthin. So ſollte Er es auch huͤbſch darnach machen. Aber erſt beſchwazt und berauſcht Er die armen Leute, daß Sie ins Tages Licht hinein kaufen. Vier Wochen danach ſizt Er ihnen auf dem Halſe. Nun heißt es: Geld her! Da wird wieder gerequirirt, ver- kauft und genommen, bis ſie fort von Haus und Hof einer nach dem andern in die neue Welt ziehen. Gerichtsſchr. Laß ſie ziehen — ſo giebt es Plaz. Wirthin. Wenn ſie alle nach der neuen Welt gezo- gen ſind, dann kann ich mein weiſſes Roß zuſperren — gelt? Nein — bleib Er mir zu Liebe weg. Der Ge- winn iſt Suͤndengeld, ich mag ihn nicht. Wer weiß, wer weiß, warum mir mein Sohn ſo ploͤzlich geſtorben und mein Vieh ſo gefallen iſt. Gerichtsſchr. Hat Euch denn der Tiſchler bezahlt? He? Wirthin. Der Herr Amtmann, ſollte ein Einſe- hens haben — — aber der — — Gerichtsſchr. Sagt doch, hat Euch der Tiſchler bezahlt?

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Zitationshilfe: Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/iffland_jaeger_1785/101>, abgerufen am 18.04.2024.