Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite



ner Messer oder Rohr (Schilf) bedienen, welches
bei lebenden verboten ist *).

Eltern und Kinder, Geschwister und Gatten
sind zu wechselseitiger Trauer verbunden.

Die Trauerzeit der Kinder um die Eltern dauert
zwölf Monate, und so lange müssen sie ein Licht
von Wachs oder Oehl, nicht von Unschlitt, in der
Synagoge oder in dem Zimmer, wo ihr Vater oder
ihre Mutter gestorben ist, brennen lassen. Dies
Licht zünden sie an, sobald sie von der Beerdigung
heim kommen, und setzen es zum Haupt des Ster-
bebettes, weil die Seele dort sich einfindet, um den
Verlust ihres Körpers zu beweinen. Während des
Trauerjahrs dürfen sie keine neue Kleidungsstücke
anziehen, mit Ausschluß von Schuhen und Strüm-
pfen; sollen sich nicht barbieren lassen, was man
aber nicht so strenge beobachtet; und müssen nach-
her alle Jahre an dem Todestage ihrer Eltern in
Gegenwart von zehn Juden das Kaddisch beten,
und bis zur späten Nacht fasten. Das Zeichen der
Trauer über den Tod der Großeltern besteht dar-
in, daß man am nächstfolgenden Sabbath keine
weiße Kleider anlegt. Eben so kurz ist die Trauer
um die Geschwister der Eltern. Zu Hause sitzt man
blos eine Stunde lang auf der Erde; vernimmt

*) M. s. R. Maimonides Erklärung des Traktats
Schabbath und Sebast. Schmidt. Tract. de circum-
cisione p. 232 et
264; imgl. Buxlorff Synag. Jud.
cap.
2.



ner Meſſer oder Rohr (Schilf) bedienen, welches
bei lebenden verboten iſt *).

Eltern und Kinder, Geſchwiſter und Gatten
ſind zu wechſelſeitiger Trauer verbunden.

Die Trauerzeit der Kinder um die Eltern dauert
zwoͤlf Monate, und ſo lange muͤſſen ſie ein Licht
von Wachs oder Oehl, nicht von Unſchlitt, in der
Synagoge oder in dem Zimmer, wo ihr Vater oder
ihre Mutter geſtorben iſt, brennen laſſen. Dies
Licht zuͤnden ſie an, ſobald ſie von der Beerdigung
heim kommen, und ſetzen es zum Haupt des Ster-
bebettes, weil die Seele dort ſich einfindet, um den
Verluſt ihres Koͤrpers zu beweinen. Waͤhrend des
Trauerjahrs duͤrfen ſie keine neue Kleidungsſtuͤcke
anziehen, mit Ausſchluß von Schuhen und Struͤm-
pfen; ſollen ſich nicht barbieren laſſen, was man
aber nicht ſo ſtrenge beobachtet; und muͤſſen nach-
her alle Jahre an dem Todestage ihrer Eltern in
Gegenwart von zehn Juden das Kaddiſch beten,
und bis zur ſpaͤten Nacht faſten. Das Zeichen der
Trauer uͤber den Tod der Großeltern beſteht dar-
in, daß man am naͤchſtfolgenden Sabbath keine
weiße Kleider anlegt. Eben ſo kurz iſt die Trauer
um die Geſchwiſter der Eltern. Zu Hauſe ſitzt man
blos eine Stunde lang auf der Erde; vernimmt

*) M. ſ. R. Maimonides Erklaͤrung des Traktats
Schabbath und Sebast. Schmidt. Tract. de circum-
cisione p. 232 et
264; imgl. Buxlorff Synag. Jud.
cap.
2.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0439" n="439"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
ner Me&#x017F;&#x017F;er oder Rohr (Schilf) bedienen, welches<lb/>
bei lebenden verboten i&#x017F;t <note place="foot" n="*)">M. &#x017F;. R. Maimonides Erkla&#x0364;rung des Traktats<lb/>
Schabbath und <hi rendition="#aq">Sebast. Schmidt. Tract. de circum-<lb/>
cisione p. 232 et</hi> 264; imgl. <hi rendition="#aq">Buxlorff Synag. Jud.<lb/>
cap.</hi> 2.</note>.</p><lb/>
        <p>Eltern und Kinder, Ge&#x017F;chwi&#x017F;ter und Gatten<lb/>
&#x017F;ind zu wech&#x017F;el&#x017F;eitiger Trauer verbunden.</p><lb/>
        <p>Die Trauerzeit der Kinder um die Eltern dauert<lb/>
zwo&#x0364;lf Monate, und &#x017F;o lange mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie ein Licht<lb/>
von Wachs oder Oehl, nicht von Un&#x017F;chlitt, in der<lb/>
Synagoge oder in dem Zimmer, wo ihr Vater oder<lb/>
ihre Mutter ge&#x017F;torben i&#x017F;t, brennen la&#x017F;&#x017F;en. Dies<lb/>
Licht zu&#x0364;nden &#x017F;ie an, &#x017F;obald &#x017F;ie von der Beerdigung<lb/>
heim kommen, und &#x017F;etzen es zum Haupt des Ster-<lb/>
bebettes, weil die Seele dort &#x017F;ich einfindet, um den<lb/>
Verlu&#x017F;t ihres Ko&#x0364;rpers zu beweinen. Wa&#x0364;hrend des<lb/>
Trauerjahrs du&#x0364;rfen &#x017F;ie keine neue Kleidungs&#x017F;tu&#x0364;cke<lb/>
anziehen, mit Aus&#x017F;chluß von Schuhen und Stru&#x0364;m-<lb/>
pfen; &#x017F;ollen &#x017F;ich nicht barbieren la&#x017F;&#x017F;en, was man<lb/>
aber nicht &#x017F;o &#x017F;trenge beobachtet; und mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en nach-<lb/>
her alle Jahre an dem Todestage ihrer Eltern in<lb/>
Gegenwart von zehn Juden das Kaddi&#x017F;ch beten,<lb/>
und bis zur &#x017F;pa&#x0364;ten Nacht fa&#x017F;ten. Das Zeichen der<lb/>
Trauer u&#x0364;ber den Tod der Großeltern be&#x017F;teht dar-<lb/>
in, daß man am na&#x0364;ch&#x017F;tfolgenden Sabbath keine<lb/>
weiße Kleider anlegt. Eben &#x017F;o kurz i&#x017F;t die Trauer<lb/>
um die Ge&#x017F;chwi&#x017F;ter der Eltern. Zu Hau&#x017F;e &#x017F;itzt man<lb/>
blos eine Stunde lang auf der Erde; vernimmt<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[439/0439] ner Meſſer oder Rohr (Schilf) bedienen, welches bei lebenden verboten iſt *). Eltern und Kinder, Geſchwiſter und Gatten ſind zu wechſelſeitiger Trauer verbunden. Die Trauerzeit der Kinder um die Eltern dauert zwoͤlf Monate, und ſo lange muͤſſen ſie ein Licht von Wachs oder Oehl, nicht von Unſchlitt, in der Synagoge oder in dem Zimmer, wo ihr Vater oder ihre Mutter geſtorben iſt, brennen laſſen. Dies Licht zuͤnden ſie an, ſobald ſie von der Beerdigung heim kommen, und ſetzen es zum Haupt des Ster- bebettes, weil die Seele dort ſich einfindet, um den Verluſt ihres Koͤrpers zu beweinen. Waͤhrend des Trauerjahrs duͤrfen ſie keine neue Kleidungsſtuͤcke anziehen, mit Ausſchluß von Schuhen und Struͤm- pfen; ſollen ſich nicht barbieren laſſen, was man aber nicht ſo ſtrenge beobachtet; und muͤſſen nach- her alle Jahre an dem Todestage ihrer Eltern in Gegenwart von zehn Juden das Kaddiſch beten, und bis zur ſpaͤten Nacht faſten. Das Zeichen der Trauer uͤber den Tod der Großeltern beſteht dar- in, daß man am naͤchſtfolgenden Sabbath keine weiße Kleider anlegt. Eben ſo kurz iſt die Trauer um die Geſchwiſter der Eltern. Zu Hauſe ſitzt man blos eine Stunde lang auf der Erde; vernimmt *) M. ſ. R. Maimonides Erklaͤrung des Traktats Schabbath und Sebast. Schmidt. Tract. de circum- cisione p. 232 et 264; imgl. Buxlorff Synag. Jud. cap. 2.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/439
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/439>, abgerufen am 23.11.2024.