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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

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tröstlichen Zuspruch, daß Jerusalem und der Tem-
pel nächstens wieder gebauet werden sollen. Weil
die Söhne nach dem Tode ihrer Eltern nicht ehe
beten und essen dürfen, als bis diese begraben sind,
so holen sie das Versäumte, auf der Erde sitzend,
nach. Jedem Leidtragenden werden von seinen
Freunden und Verwandten zwei bis drei Eier, et-
was Weißbrod und Wein geschickt, damit er sein
kummervolles Herz wieder stärken könne, denn der
König Salomo, der Weise spricht: gebet Wein den
betrübten Seelen. Die Söhne müssen sieben Tage
lang, nach dem Tode ihrer Eltern ohne Stiefel,
Schuhe oder Pantoffeln auf der Erde oder auf ei-
nem Schemel sitzen; dürfen an keinem Tische essen,
und sind verpflichtet, während dieser Zeit an jedem
Morgen und Abend das Kaddisch in Gesellschaft
von zehn Juden, die über dreizehn Jahr und einen
Tag alt sind, laut und andächtig zu beten, um die
Seele des Verstorbenen aus dem Fegfeuer zu be-
freien. Hiebei muß die Stirne mit den Tephillim
bedeckt seyn. Zwölf Monate müssen die Söhne um
die Eltern trauern, und eilf Monate lang täglich,
wenigstens einmal, jenes Gebet hersagen, denn je
öfter dies geschieht, je mehr Stufen der Seligkeit
ersteigt der Verstorbene im Himmel, und jedesmal,
wenn man für ihn das Kaddisch betet, regen sich
seine Lippen im Grabe und seine Seele genießt un-
aussprechlicher Wonne. Dies ist es eben, nebst der



troͤſtlichen Zuſpruch, daß Jeruſalem und der Tem-
pel naͤchſtens wieder gebauet werden ſollen. Weil
die Soͤhne nach dem Tode ihrer Eltern nicht ehe
beten und eſſen duͤrfen, als bis dieſe begraben ſind,
ſo holen ſie das Verſaͤumte, auf der Erde ſitzend,
nach. Jedem Leidtragenden werden von ſeinen
Freunden und Verwandten zwei bis drei Eier, et-
was Weißbrod und Wein geſchickt, damit er ſein
kummervolles Herz wieder ſtaͤrken koͤnne, denn der
Koͤnig Salomo, der Weiſe ſpricht: gebet Wein den
betruͤbten Seelen. Die Soͤhne muͤſſen ſieben Tage
lang, nach dem Tode ihrer Eltern ohne Stiefel,
Schuhe oder Pantoffeln auf der Erde oder auf ei-
nem Schemel ſitzen; duͤrfen an keinem Tiſche eſſen,
und ſind verpflichtet, waͤhrend dieſer Zeit an jedem
Morgen und Abend das Kaddiſch in Geſellſchaft
von zehn Juden, die uͤber dreizehn Jahr und einen
Tag alt ſind, laut und andaͤchtig zu beten, um die
Seele des Verſtorbenen aus dem Fegfeuer zu be-
freien. Hiebei muß die Stirne mit den Tephillim
bedeckt ſeyn. Zwoͤlf Monate muͤſſen die Soͤhne um
die Eltern trauern, und eilf Monate lang taͤglich,
wenigſtens einmal, jenes Gebet herſagen, denn je
oͤfter dies geſchieht, je mehr Stufen der Seligkeit
erſteigt der Verſtorbene im Himmel, und jedesmal,
wenn man fuͤr ihn das Kaddiſch betet, regen ſich
ſeine Lippen im Grabe und ſeine Seele genießt un-
ausſprechlicher Wonne. Dies iſt es eben, nebſt der

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[437/0437] troͤſtlichen Zuſpruch, daß Jeruſalem und der Tem- pel naͤchſtens wieder gebauet werden ſollen. Weil die Soͤhne nach dem Tode ihrer Eltern nicht ehe beten und eſſen duͤrfen, als bis dieſe begraben ſind, ſo holen ſie das Verſaͤumte, auf der Erde ſitzend, nach. Jedem Leidtragenden werden von ſeinen Freunden und Verwandten zwei bis drei Eier, et- was Weißbrod und Wein geſchickt, damit er ſein kummervolles Herz wieder ſtaͤrken koͤnne, denn der Koͤnig Salomo, der Weiſe ſpricht: gebet Wein den betruͤbten Seelen. Die Soͤhne muͤſſen ſieben Tage lang, nach dem Tode ihrer Eltern ohne Stiefel, Schuhe oder Pantoffeln auf der Erde oder auf ei- nem Schemel ſitzen; duͤrfen an keinem Tiſche eſſen, und ſind verpflichtet, waͤhrend dieſer Zeit an jedem Morgen und Abend das Kaddiſch in Geſellſchaft von zehn Juden, die uͤber dreizehn Jahr und einen Tag alt ſind, laut und andaͤchtig zu beten, um die Seele des Verſtorbenen aus dem Fegfeuer zu be- freien. Hiebei muß die Stirne mit den Tephillim bedeckt ſeyn. Zwoͤlf Monate muͤſſen die Soͤhne um die Eltern trauern, und eilf Monate lang taͤglich, wenigſtens einmal, jenes Gebet herſagen, denn je oͤfter dies geſchieht, je mehr Stufen der Seligkeit erſteigt der Verſtorbene im Himmel, und jedesmal, wenn man fuͤr ihn das Kaddiſch betet, regen ſich ſeine Lippen im Grabe und ſeine Seele genießt un- ausſprechlicher Wonne. Dies iſt es eben, nebſt der

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/437>, abgerufen am 23.11.2024.