Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.den Rabbi um Freisprechung (Absolution). Die könnte nun freilich entbehrt werden; haben aber christliche Pfaffen das Recht, Sünden zu vergeben, wie will man es den jüdischen bestreiten? Dann verzeihet der Sterbende seinen Feinden, aber leider, dem Pharao, dem Haman, dem Sammael und uns armen Gojim nicht. Hat er Kinder, so er- theilt er ihnen seinen Segen; hat er Eltern, so läßt er sich von diesen segnen, offenbart zugleich die Geheimnisse seiner Seele dem Rabbiner, der, gleich unsern Pfarrern, zur Verschwiegenheit verbunden ist, und beschließt mit den Worten: mein Tod sey die Versöhnung für alle meine Sünden! sein Leben. Die Errichtung ihrer letztwilligen Verordnun- Jn dieser Hinsicht erscheinen die Juden weit den Rabbi um Freiſprechung (Abſolution). Die koͤnnte nun freilich entbehrt werden; haben aber chriſtliche Pfaffen das Recht, Suͤnden zu vergeben, wie will man es den juͤdiſchen beſtreiten? Dann verzeihet der Sterbende ſeinen Feinden, aber leider, dem Pharao, dem Haman, dem Sammael und uns armen Gojim nicht. Hat er Kinder, ſo er- theilt er ihnen ſeinen Segen; hat er Eltern, ſo laͤßt er ſich von dieſen ſegnen, offenbart zugleich die Geheimniſſe ſeiner Seele dem Rabbiner, der, gleich unſern Pfarrern, zur Verſchwiegenheit verbunden iſt, und beſchließt mit den Worten: mein Tod ſey die Verſoͤhnung fuͤr alle meine Suͤnden! ſein Leben. Die Errichtung ihrer letztwilligen Verordnun- Jn dieſer Hinſicht erſcheinen die Juden weit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0429" n="429"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> den Rabbi um Freiſprechung (Abſolution). Die<lb/> koͤnnte nun freilich entbehrt werden; haben aber<lb/> chriſtliche Pfaffen das Recht, Suͤnden zu vergeben,<lb/> wie will man es den juͤdiſchen beſtreiten? Dann<lb/> verzeihet der Sterbende ſeinen Feinden, aber leider,<lb/> dem Pharao, dem Haman, dem Sammael und<lb/> uns armen Gojim nicht. Hat er Kinder, ſo er-<lb/> theilt er ihnen ſeinen Segen; hat er Eltern, ſo<lb/> laͤßt er ſich von dieſen ſegnen, offenbart zugleich die<lb/> Geheimniſſe ſeiner Seele dem Rabbiner, der, gleich<lb/> unſern Pfarrern, zur Verſchwiegenheit verbunden<lb/> iſt, und beſchließt mit den Worten: mein Tod ſey<lb/> die Verſoͤhnung fuͤr alle meine Suͤnden! ſein Leben.</p><lb/> <p>Die Errichtung ihrer letztwilligen Verordnun-<lb/> gen verſchieben die Juden, wie viele Chriſten ſelbſt<lb/> dann, wann ſie in verwickelten Verhaͤltniſſen leben<lb/> und alt oder kraͤnklich ſind, gewoͤhnlich bis zur<lb/> Todesſtunde. Uebrigens haben ſie den ſehr lobens-<lb/> werthen Grundſatz, keinen ihrer rechtmaͤßigen Erben<lb/> zu uͤbergehen oder zu enterben, ſelbſt wenn er ſich<lb/> gegen ſie eines Verbrechens ſchuldig gemacht haͤtte,<lb/> weil er gute Kinder und Nachkommen haben<lb/> koͤnnte, die dann ohne ihre Schuld fuͤr ſein Ver-<lb/> gehen buͤßen muͤßten.</p><lb/> <p>Jn dieſer Hinſicht erſcheinen die Juden weit<lb/> achtungswuͤrdiger und vernuͤnftiger, als manche<lb/> Chriſten, die in der Todesſtunde voll bittern Grolls<lb/> wegen einer, oft nur vermeintlichen Beleidigung<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [429/0429]
den Rabbi um Freiſprechung (Abſolution). Die
koͤnnte nun freilich entbehrt werden; haben aber
chriſtliche Pfaffen das Recht, Suͤnden zu vergeben,
wie will man es den juͤdiſchen beſtreiten? Dann
verzeihet der Sterbende ſeinen Feinden, aber leider,
dem Pharao, dem Haman, dem Sammael und
uns armen Gojim nicht. Hat er Kinder, ſo er-
theilt er ihnen ſeinen Segen; hat er Eltern, ſo
laͤßt er ſich von dieſen ſegnen, offenbart zugleich die
Geheimniſſe ſeiner Seele dem Rabbiner, der, gleich
unſern Pfarrern, zur Verſchwiegenheit verbunden
iſt, und beſchließt mit den Worten: mein Tod ſey
die Verſoͤhnung fuͤr alle meine Suͤnden! ſein Leben.
Die Errichtung ihrer letztwilligen Verordnun-
gen verſchieben die Juden, wie viele Chriſten ſelbſt
dann, wann ſie in verwickelten Verhaͤltniſſen leben
und alt oder kraͤnklich ſind, gewoͤhnlich bis zur
Todesſtunde. Uebrigens haben ſie den ſehr lobens-
werthen Grundſatz, keinen ihrer rechtmaͤßigen Erben
zu uͤbergehen oder zu enterben, ſelbſt wenn er ſich
gegen ſie eines Verbrechens ſchuldig gemacht haͤtte,
weil er gute Kinder und Nachkommen haben
koͤnnte, die dann ohne ihre Schuld fuͤr ſein Ver-
gehen buͤßen muͤßten.
Jn dieſer Hinſicht erſcheinen die Juden weit
achtungswuͤrdiger und vernuͤnftiger, als manche
Chriſten, die in der Todesſtunde voll bittern Grolls
wegen einer, oft nur vermeintlichen Beleidigung
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |