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Humboldt, Alexander von: Ueber einige neuere Galvanische Erscheinungen. In: Medicinisch-chirurgische Zeitung. Nr. 100 (1797) S. 375-382.

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ich ehemahls geglaubt, und Fowler's, so wie Hn. Prof. Creve's
scharfsinnige Bemerkungen hätten mich darauf leiten sollen.
Was ich bisher sah, reducirt sich auf drey Abstufungen der Reiz-
empfänglichkeit. 1) Sind die Organe im Zustande der höchsten
Incitabilität, so zeigen sich alle Wasserschichten zuleitend. Die
Muskelcontractionen entstehen dann, wenn auch die Metalle
mehrere Zolle weit von den Organen abliegen. Sie entstehen
in jedem Moment, wo die Armaturen sich von Neuem er-
schütternd berühren. 2) Mit abnehmender Erregbarkeit muß
das Nervenende auf 3, 2 oder 1 Linie dem Zink genähert wer-
den. Die Zuckungen treten dann ein, wenn der eine Schenkel
der silbernen Pincette auf dem Zink aufsteht, der andere (ß) aber,
mehrere Zolle weit von den Organen entfernt bleibt. 3) Hort
diese Art der Reitzung auf, wirksam zu seyn, dann muß man
(im dritten schwächern Zustande der Erregbarkeit) den Nerv in
unmittelbaren Contact mit dem Zink setzen, den Schenkel, ß,
der Pincette aber dem Muskel auf 2 oder 1 Linie nähern. Der
entblößte (weniger der mit der Oberhaut bedeckte) Muskel ver-
breitet nähmlich eine reitzempfängliche Atmosphäre um sich her,
die mit hinschwindender Lebenskraft abnimmt. Es gilt alles von
ihr, was ich in den Versuchen Fig. 36. (S. 82.) und Fig. 65.
(S. 233.) bemerkte. Die Zuckungen treten ein, so wie die
Muskelarmatur die dem Muskel nahen Wasserschichten berührt.
Wird eine Metallplatte so gehalten, daß sie die Atmosphäre
durchschneidet, aber weder die Organe, noch die Armatur be-
rührt, so ist die Wirkung nicht gehindert. Dagegen verschwin-
det der Reitz sogleich, wenn die Metallplatte mit einer Glastafel
verwechselt wird. Mit jedem Momente wird der reitzempfäng-
liche Wirkungskreis schmäler und schmäler, und zuletzt erfolgt
die Erschütterung nur, wenn entweder der Schenkel an einer
andern Stelle frisch entblößt, oder wenn die Pincette mit dem-
selben in unmittelbaren Contact gebracht wird. Daß diese
Wirkungen aus der Ferne hier den Organen, und nicht den Me-
tallen zugeschrieben werden müssen, schließe ich (außer dem schon

oben

ich ehemahls geglaubt, und Fowler's, ſo wie Hn. Prof. Creve's
ſcharfſinnige Bemerkungen haͤtten mich darauf leiten ſollen.
Was ich bisher ſah, reducirt ſich auf drey Abſtufungen der Reiz-
empfaͤnglichkeit. 1) Sind die Organe im Zuſtande der hoͤchſten
Incitabilitaͤt, ſo zeigen ſich alle Waſſerſchichten zuleitend. Die
Muskelcontractionen entſtehen dann, wenn auch die Metalle
mehrere Zolle weit von den Organen abliegen. Sie entſtehen
in jedem Moment, wo die Armaturen ſich von Neuem er-
ſchuͤtternd beruͤhren. 2) Mit abnehmender Erregbarkeit muß
das Nervenende auf 3, 2 oder 1 Linie dem Zink genaͤhert wer-
den. Die Zuckungen treten dann ein, wenn der eine Schenkel
der ſilbernen Pincette auf dem Zink aufſteht, der andere (ß) aber,
mehrere Zolle weit von den Organen entfernt bleibt. 3) Hort
dieſe Art der Reitzung auf, wirkſam zu ſeyn, dann muß man
(im dritten ſchwaͤchern Zuſtande der Erregbarkeit) den Nerv in
unmittelbaren Contact mit dem Zink ſetzen, den Schenkel, ß,
der Pincette aber dem Muskel auf 2 oder 1 Linie naͤhern. Der
entbloͤßte (weniger der mit der Oberhaut bedeckte) Muskel ver-
breitet naͤhmlich eine reitzempfaͤngliche Atmoſphaͤre um ſich her,
die mit hinſchwindender Lebenskraft abnimmt. Es gilt alles von
ihr, was ich in den Verſuchen Fig. 36. (S. 82.) und Fig. 65.
(S. 233.) bemerkte. Die Zuckungen treten ein, ſo wie die
Muskelarmatur die dem Muskel nahen Waſſerſchichten beruͤhrt.
Wird eine Metallplatte ſo gehalten, daß ſie die Atmoſphaͤre
durchſchneidet, aber weder die Organe, noch die Armatur be-
ruͤhrt, ſo iſt die Wirkung nicht gehindert. Dagegen verſchwin-
det der Reitz ſogleich, wenn die Metallplatte mit einer Glastafel
verwechſelt wird. Mit jedem Momente wird der reitzempfaͤng-
liche Wirkungskreis ſchmaͤler und ſchmaͤler, und zuletzt erfolgt
die Erſchuͤtterung nur, wenn entweder der Schenkel an einer
andern Stelle friſch entbloͤßt, oder wenn die Pincette mit dem-
ſelben in unmittelbaren Contact gebracht wird. Daß dieſe
Wirkungen aus der Ferne hier den Organen, und nicht den Me-
tallen zugeſchrieben werden muͤſſen, ſchließe ich (außer dem ſchon

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[376/0002] ich ehemahls geglaubt, und Fowler's, ſo wie Hn. Prof. Creve's ſcharfſinnige Bemerkungen haͤtten mich darauf leiten ſollen. Was ich bisher ſah, reducirt ſich auf drey Abſtufungen der Reiz- empfaͤnglichkeit. 1) Sind die Organe im Zuſtande der hoͤchſten Incitabilitaͤt, ſo zeigen ſich alle Waſſerſchichten zuleitend. Die Muskelcontractionen entſtehen dann, wenn auch die Metalle mehrere Zolle weit von den Organen abliegen. Sie entſtehen in jedem Moment, wo die Armaturen ſich von Neuem er- ſchuͤtternd beruͤhren. 2) Mit abnehmender Erregbarkeit muß das Nervenende auf 3, 2 oder 1 Linie dem Zink genaͤhert wer- den. Die Zuckungen treten dann ein, wenn der eine Schenkel der ſilbernen Pincette auf dem Zink aufſteht, der andere (ß) aber, mehrere Zolle weit von den Organen entfernt bleibt. 3) Hort dieſe Art der Reitzung auf, wirkſam zu ſeyn, dann muß man (im dritten ſchwaͤchern Zuſtande der Erregbarkeit) den Nerv in unmittelbaren Contact mit dem Zink ſetzen, den Schenkel, ß, der Pincette aber dem Muskel auf 2 oder 1 Linie naͤhern. Der entbloͤßte (weniger der mit der Oberhaut bedeckte) Muskel ver- breitet naͤhmlich eine reitzempfaͤngliche Atmoſphaͤre um ſich her, die mit hinſchwindender Lebenskraft abnimmt. Es gilt alles von ihr, was ich in den Verſuchen Fig. 36. (S. 82.) und Fig. 65. (S. 233.) bemerkte. Die Zuckungen treten ein, ſo wie die Muskelarmatur die dem Muskel nahen Waſſerſchichten beruͤhrt. Wird eine Metallplatte ſo gehalten, daß ſie die Atmoſphaͤre durchſchneidet, aber weder die Organe, noch die Armatur be- ruͤhrt, ſo iſt die Wirkung nicht gehindert. Dagegen verſchwin- det der Reitz ſogleich, wenn die Metallplatte mit einer Glastafel verwechſelt wird. Mit jedem Momente wird der reitzempfaͤng- liche Wirkungskreis ſchmaͤler und ſchmaͤler, und zuletzt erfolgt die Erſchuͤtterung nur, wenn entweder der Schenkel an einer andern Stelle friſch entbloͤßt, oder wenn die Pincette mit dem- ſelben in unmittelbaren Contact gebracht wird. Daß dieſe Wirkungen aus der Ferne hier den Organen, und nicht den Me- tallen zugeſchrieben werden muͤſſen, ſchließe ich (außer dem ſchon oben

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber einige neuere Galvanische Erscheinungen. In: Medicinisch-chirurgische Zeitung. Nr. 100 (1797) S. 375-382, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_galvanische_1797/2>, abgerufen am 23.11.2024.