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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

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sitz vieles Reichthums führten, herab san¬
ken in die drückendste bitterste Armuth, und
daß mein Vater, einst durch den Satan ver¬
lockt zum verruchten Frevel, eine Todsünde
beging, die er, als ihn in späten Jahren die
Gnade Gottes erleuchtete, abbüßen wollte,
auf einer Pilgerreise nach der heiligen Linde
im weit entfernten kalten Preußen. -- Auf
der beschwerlichen Wanderung dahin, fühlte
meine Mutter nach mehreren Jahren der
Ehe zum erstenmahl, daß diese nicht un¬
fruchtbar bleiben würde, wie mein Vater
befürchtet, und seiner Dürftigkeit unerachtet
war er hoch erfreut, weil nun eine Vision
in Erfüllung gehen sollte, in welcher ihm
der heilige Bernardus Trost und Vergebung
der Sünde durch die Geburt eines Sohnes
zugesichert hatte. In der heiligen Linde er¬
krankte mein Vater, und je weniger er die
vorgeschriebenen beschwerlichen Andachts¬
übungen seiner Schwäche unerachtet aus¬
setzen wollte, desto mehr nahm das Uebel

ſitz vieles Reichthums fuͤhrten, herab ſan¬
ken in die druͤckendſte bitterſte Armuth, und
daß mein Vater, einſt durch den Satan ver¬
lockt zum verruchten Frevel, eine Todſuͤnde
beging, die er, als ihn in ſpaͤten Jahren die
Gnade Gottes erleuchtete, abbuͤßen wollte,
auf einer Pilgerreiſe nach der heiligen Linde
im weit entfernten kalten Preußen. — Auf
der beſchwerlichen Wanderung dahin, fuͤhlte
meine Mutter nach mehreren Jahren der
Ehe zum erſtenmahl, daß dieſe nicht un¬
fruchtbar bleiben wuͤrde, wie mein Vater
befuͤrchtet, und ſeiner Duͤrftigkeit unerachtet
war er hoch erfreut, weil nun eine Viſion
in Erfuͤllung gehen ſollte, in welcher ihm
der heilige Bernardus Troſt und Vergebung
der Suͤnde durch die Geburt eines Sohnes
zugeſichert hatte. In der heiligen Linde er¬
krankte mein Vater, und je weniger er die
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[4/0020] ſitz vieles Reichthums fuͤhrten, herab ſan¬ ken in die druͤckendſte bitterſte Armuth, und daß mein Vater, einſt durch den Satan ver¬ lockt zum verruchten Frevel, eine Todſuͤnde beging, die er, als ihn in ſpaͤten Jahren die Gnade Gottes erleuchtete, abbuͤßen wollte, auf einer Pilgerreiſe nach der heiligen Linde im weit entfernten kalten Preußen. — Auf der beſchwerlichen Wanderung dahin, fuͤhlte meine Mutter nach mehreren Jahren der Ehe zum erſtenmahl, daß dieſe nicht un¬ fruchtbar bleiben wuͤrde, wie mein Vater befuͤrchtet, und ſeiner Duͤrftigkeit unerachtet war er hoch erfreut, weil nun eine Viſion in Erfuͤllung gehen ſollte, in welcher ihm der heilige Bernardus Troſt und Vergebung der Suͤnde durch die Geburt eines Sohnes zugeſichert hatte. In der heiligen Linde er¬ krankte mein Vater, und je weniger er die vorgeſchriebenen beſchwerlichen Andachts¬ uͤbungen ſeiner Schwaͤche unerachtet aus¬ ſetzen wollte, deſto mehr nahm das Uebel

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/20>, abgerufen am 19.04.2024.