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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796.

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Sie weiß nichts von jenem leeren Pomp,
der dem Heiden und Gott den Menschen
auszieht; die heroische Poesie der Alten ist
menschlich. Wozu endlich ward von den
klügsten Völkern die Mythologie, wo
nicht erfunden, so wenigstens an den schön-
sten Stellen gebraucht? Dem was keine
Gestalt hat, eine für uns lehrreiche und
angenehme Gestalt zu geben, den Abglanz
der blendenden Sonne im Spiegel des
Meers oder in den Farben des Regenbo-
gens zu zeigen. Uns sind im Grunde alle
Einkleidungen, wo und wenn sie erfunden
wurden, gleich; wir wollen sie zwar nicht
unzeitig vermischen, aber alle mit Verstand
gebrauchen. Aristoteles, Horaz, und
Quintilian sind uns nicht etwa über die
Mythologie der Griechen allein; über die
Mythologie jeder Nation und Reli-
gion sind ihre Grundsätze Gesetz und Regel.

Sie weiß nichts von jenem leeren Pomp,
der dem Heiden und Gott den Menſchen
auszieht; die heroiſche Poeſie der Alten iſt
menſchlich. Wozu endlich ward von den
kluͤgſten Voͤlkern die Mythologie, wo
nicht erfunden, ſo wenigſtens an den ſchoͤn-
ſten Stellen gebraucht? Dem was keine
Geſtalt hat, eine fuͤr uns lehrreiche und
angenehme Geſtalt zu geben, den Abglanz
der blendenden Sonne im Spiegel des
Meers oder in den Farben des Regenbo-
gens zu zeigen. Uns ſind im Grunde alle
Einkleidungen, wo und wenn ſie erfunden
wurden, gleich; wir wollen ſie zwar nicht
unzeitig vermiſchen, aber alle mit Verſtand
gebrauchen. Ariſtoteles, Horaz, und
Quintilian ſind uns nicht etwa uͤber die
Mythologie der Griechen allein; uͤber die
Mythologie jeder Nation und Reli-
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[10/0029] Sie weiß nichts von jenem leeren Pomp, der dem Heiden und Gott den Menſchen auszieht; die heroiſche Poeſie der Alten iſt menſchlich. Wozu endlich ward von den kluͤgſten Voͤlkern die Mythologie, wo nicht erfunden, ſo wenigſtens an den ſchoͤn- ſten Stellen gebraucht? Dem was keine Geſtalt hat, eine fuͤr uns lehrreiche und angenehme Geſtalt zu geben, den Abglanz der blendenden Sonne im Spiegel des Meers oder in den Farben des Regenbo- gens zu zeigen. Uns ſind im Grunde alle Einkleidungen, wo und wenn ſie erfunden wurden, gleich; wir wollen ſie zwar nicht unzeitig vermiſchen, aber alle mit Verſtand gebrauchen. Ariſtoteles, Horaz, und Quintilian ſind uns nicht etwa uͤber die Mythologie der Griechen allein; uͤber die Mythologie jeder Nation und Reli- gion ſind ihre Grundſaͤtze Geſetz und Regel.

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796/29>, abgerufen am 23.11.2024.