Heine, Heinrich: Deutschland. Ein Wintermährchen. Hamburg, 1844."Verwelkt, entblättert, zertreten sogar Von rohen Schicksalsfüßen -- Mein Freund, das ist auf Erden das Loos Von allem Schönen und Süßen!" Wer bist du? -- rief ich -- du schaust mich an Wie'n Traum aus alten Zeiten -- Wo wohnst du, großes Frauenbild? Und darf ich dich begleiten? Da lächelte das Weib und sprach: "Du irrst dich, ich bin eine feine, Anständ'ge, moralische Person; Du irrst dich, ich bin nicht so Eine. "Ich bin nicht so eine kleine Mamsell,
So eine welsche Lorettinn -- Denn wisse: ich bin Hammonia, Hamburgs beschützende Göttinn! „Verwelkt, entblättert, zertreten ſogar Von rohen Schickſalsfüßen — Mein Freund, das iſt auf Erden das Loos Von allem Schönen und Süßen!“ Wer biſt du? — rief ich — du ſchauſt mich an Wie'n Traum aus alten Zeiten — Wo wohnſt du, großes Frauenbild? Und darf ich dich begleiten? Da lächelte das Weib und ſprach: „Du irrſt dich, ich bin eine feine, Anſtänd'ge, moraliſche Perſon; Du irrſt dich, ich bin nicht ſo Eine. „Ich bin nicht ſo eine kleine Mamſell,
So eine welſche Lorettinn — Denn wiſſe: ich bin Hammonia, Hamburgs beſchützende Göttinn! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0136" n="116"/> <lg n="24"> <l>„Verwelkt, entblättert, zertreten ſogar</l><lb/> <l>Von rohen Schickſalsfüßen —</l><lb/> <l>Mein Freund, das iſt auf Erden das Loos</l><lb/> <l>Von allem Schönen und Süßen!“</l><lb/> </lg> <lg n="25"> <l>Wer biſt du? — rief ich — du ſchauſt mich an</l><lb/> <l>Wie'n Traum aus alten Zeiten —</l><lb/> <l>Wo wohnſt du, großes Frauenbild?</l><lb/> <l>Und darf ich dich begleiten?</l><lb/> </lg> <lg n="26"> <l>Da lächelte das Weib und ſprach:</l><lb/> <l>„Du irrſt dich, ich bin eine feine,</l><lb/> <l>Anſtänd'ge, moraliſche Perſon;</l><lb/> <l>Du irrſt dich, ich bin nicht ſo Eine.</l><lb/> </lg> <lg n="27"> <l>„Ich bin nicht ſo eine kleine Mamſell,</l><lb/> <l>So eine welſche Lorettinn —</l><lb/> <l>Denn wiſſe: ich bin Hammonia,</l><lb/> <l>Hamburgs beſchützende Göttinn!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [116/0136]
„Verwelkt, entblättert, zertreten ſogar
Von rohen Schickſalsfüßen —
Mein Freund, das iſt auf Erden das Loos
Von allem Schönen und Süßen!“
Wer biſt du? — rief ich — du ſchauſt mich an
Wie'n Traum aus alten Zeiten —
Wo wohnſt du, großes Frauenbild?
Und darf ich dich begleiten?
Da lächelte das Weib und ſprach:
„Du irrſt dich, ich bin eine feine,
Anſtänd'ge, moraliſche Perſon;
Du irrſt dich, ich bin nicht ſo Eine.
„Ich bin nicht ſo eine kleine Mamſell,
So eine welſche Lorettinn —
Denn wiſſe: ich bin Hammonia,
Hamburgs beſchützende Göttinn!
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