leiden darf ich kaum erinnern. Da alle diese besondern Bestimmungen des Eigenthums auf wilkührliche Ein- richtungen und Verträge beruhen, so müssen die Rechte der Theilhaber auch lediglich darnach, nach dem Her- kommen und allenfals aus der Absicht und Natur dieser Verträge beurteilt werden.
In Ansehung der zwischen mehrern gemeinschaft- lichen und geteilten Eigenthumsrechte, die zusammen erst ein volständiges Ganzes ausmachen, ergiebt sich im Algemeinen soviel, daß kein Theilhaber nach völli- ger Wilkühr mit dem ganzen Lande, und über den ihm zustehenden Antheil nur in so weit schalten, denselben veräussern oder sonst gebrauchen kann, als dem andern Theile kein Schaden dadurch zugefügt wird.
Was die Lehen insonderheit anlanget a] kann da- her der Vasall ohne Einwilligung des Oberlehnsherrn [domini directi] das Lehn weder veräussern, verpfän- den, demselben eine bleibende Dienstbarkeit auflegen, noch irgend einen dem Obereigenthum nachtheiligen Ge- brauch davon machen, wenn ihm nicht eins oder das andere ausdrücklich zugestanden ist b] wohl aber hat er das Recht, alle Eigenthumsnutzungen selbst oder durch andere daraus zu ziehn. Eine Afterverleihung [subinfeudatio] und Aufkündigung des Lehns [refuta- tio feudi] findet nur dann Statt, wenn sie ohne den mindesten Nachtheil des Lehnsherrn geschehen können. Eben so wenig kann dieser, zum Schaden des Vasal- len das Obereigenthum wilkührlich veräussern, weil es bey der Lehnsverbindung zumal in aufgetragenen Lehen, mehr auf moralische Rechte und Pflichten, als auf phisische Leistungen ankomt c]: er darf das nutzbare Ei- genthum nicht eher, als bis es, nach den Bedingungen des Lehnsvertrages, durch den Tod des Vasallen, oder aller derer, welchen die Nachfolge zugestanden worden, oder durch Vergehn wider die Lehnsverbindlichkeit d]
[Felonie]
und eingeſchraͤnkten Eigenthum der Lande.
leiden darf ich kaum erinnern. Da alle dieſe beſondern Beſtimmungen des Eigenthums auf wilkuͤhrliche Ein- richtungen und Vertraͤge beruhen, ſo muͤſſen die Rechte der Theilhaber auch lediglich darnach, nach dem Her- kommen und allenfals aus der Abſicht und Natur dieſer Vertraͤge beurteilt werden.
In Anſehung der zwiſchen mehrern gemeinſchaft- lichen und geteilten Eigenthumsrechte, die zuſammen erſt ein volſtaͤndiges Ganzes ausmachen, ergiebt ſich im Algemeinen ſoviel, daß kein Theilhaber nach voͤlli- ger Wilkuͤhr mit dem ganzen Lande, und uͤber den ihm zuſtehenden Antheil nur in ſo weit ſchalten, denſelben veraͤuſſern oder ſonſt gebrauchen kann, als dem andern Theile kein Schaden dadurch zugefuͤgt wird.
Was die Lehen inſonderheit anlanget a] kann da- her der Vaſall ohne Einwilligung des Oberlehnsherrn [domini directi] das Lehn weder veraͤuſſern, verpfaͤn- den, demſelben eine bleibende Dienſtbarkeit auflegen, noch irgend einen dem Obereigenthum nachtheiligen Ge- brauch davon machen, wenn ihm nicht eins oder das andere ausdruͤcklich zugeſtanden iſt b] wohl aber hat er das Recht, alle Eigenthumsnutzungen ſelbſt oder durch andere daraus zu ziehn. Eine Afterverleihung [ſubinfeudatio] und Aufkuͤndigung des Lehns [refuta- tio feudi] findet nur dann Statt, wenn ſie ohne den mindeſten Nachtheil des Lehnsherrn geſchehen koͤnnen. Eben ſo wenig kann dieſer, zum Schaden des Vaſal- len das Obereigenthum wilkuͤhrlich veraͤuſſern, weil es bey der Lehnsverbindung zumal in aufgetragenen Lehen, mehr auf moraliſche Rechte und Pflichten, als auf phiſiſche Leiſtungen ankomt c]: er darf das nutzbare Ei- genthum nicht eher, als bis es, nach den Bedingungen des Lehnsvertrages, durch den Tod des Vaſallen, oder aller derer, welchen die Nachfolge zugeſtanden worden, oder durch Vergehn wider die Lehnsverbindlichkeit d]
[Felonie]
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0173"n="159"/><fwplace="top"type="header">und eingeſchraͤnkten Eigenthum der Lande.</fw><lb/>
leiden darf ich kaum erinnern. Da alle dieſe beſondern<lb/>
Beſtimmungen des Eigenthums auf wilkuͤhrliche Ein-<lb/>
richtungen und Vertraͤge beruhen, ſo muͤſſen die Rechte<lb/>
der Theilhaber auch lediglich darnach, nach dem Her-<lb/>
kommen und allenfals aus der Abſicht und Natur dieſer<lb/>
Vertraͤge beurteilt werden.</p><lb/><p>In Anſehung der zwiſchen mehrern gemeinſchaft-<lb/>
lichen und geteilten Eigenthumsrechte, die zuſammen<lb/>
erſt ein volſtaͤndiges Ganzes ausmachen, ergiebt ſich<lb/>
im Algemeinen ſoviel, daß kein Theilhaber nach voͤlli-<lb/>
ger Wilkuͤhr mit dem ganzen Lande, und uͤber den ihm<lb/>
zuſtehenden Antheil nur in ſo weit ſchalten, denſelben<lb/>
veraͤuſſern oder ſonſt gebrauchen kann, als dem andern<lb/>
Theile kein Schaden dadurch zugefuͤgt wird.</p><lb/><p>Was die <hirendition="#fr">Lehen</hi> inſonderheit anlanget <hirendition="#aq"><hirendition="#sup">a</hi></hi>] kann da-<lb/>
her der Vaſall ohne Einwilligung des Oberlehnsherrn<lb/>
[<hirendition="#aq">domini directi</hi>] das Lehn weder veraͤuſſern, verpfaͤn-<lb/>
den, demſelben eine bleibende Dienſtbarkeit auflegen,<lb/>
noch irgend einen dem Obereigenthum nachtheiligen Ge-<lb/>
brauch davon machen, wenn ihm nicht eins oder das<lb/>
andere ausdruͤcklich zugeſtanden iſt <hirendition="#aq"><hirendition="#sup">b</hi></hi>] wohl aber hat<lb/>
er das Recht, alle Eigenthumsnutzungen ſelbſt oder<lb/>
durch andere daraus zu ziehn. Eine Afterverleihung<lb/>
[<hirendition="#aq">ſubinfeudatio</hi>] und Aufkuͤndigung des Lehns [<hirendition="#aq">refuta-<lb/>
tio feudi</hi>] findet nur dann Statt, wenn ſie ohne den<lb/>
mindeſten Nachtheil des Lehnsherrn geſchehen koͤnnen.<lb/>
Eben ſo wenig kann dieſer, zum Schaden des Vaſal-<lb/>
len das Obereigenthum wilkuͤhrlich veraͤuſſern, weil es<lb/>
bey der Lehnsverbindung zumal in aufgetragenen Lehen,<lb/>
mehr auf moraliſche Rechte und Pflichten, als auf<lb/>
phiſiſche Leiſtungen ankomt <hirendition="#aq"><hirendition="#sup">c</hi></hi>]: er darf das nutzbare Ei-<lb/>
genthum nicht eher, als bis es, nach den Bedingungen<lb/>
des Lehnsvertrages, durch den Tod des Vaſallen, oder<lb/>
aller derer, welchen die Nachfolge zugeſtanden worden,<lb/>
oder durch Vergehn wider die Lehnsverbindlichkeit <hirendition="#aq"><hirendition="#sup">d</hi></hi>]<lb/><fwplace="bottom"type="catch">[Felonie]</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[159/0173]
und eingeſchraͤnkten Eigenthum der Lande.
leiden darf ich kaum erinnern. Da alle dieſe beſondern
Beſtimmungen des Eigenthums auf wilkuͤhrliche Ein-
richtungen und Vertraͤge beruhen, ſo muͤſſen die Rechte
der Theilhaber auch lediglich darnach, nach dem Her-
kommen und allenfals aus der Abſicht und Natur dieſer
Vertraͤge beurteilt werden.
In Anſehung der zwiſchen mehrern gemeinſchaft-
lichen und geteilten Eigenthumsrechte, die zuſammen
erſt ein volſtaͤndiges Ganzes ausmachen, ergiebt ſich
im Algemeinen ſoviel, daß kein Theilhaber nach voͤlli-
ger Wilkuͤhr mit dem ganzen Lande, und uͤber den ihm
zuſtehenden Antheil nur in ſo weit ſchalten, denſelben
veraͤuſſern oder ſonſt gebrauchen kann, als dem andern
Theile kein Schaden dadurch zugefuͤgt wird.
Was die Lehen inſonderheit anlanget a] kann da-
her der Vaſall ohne Einwilligung des Oberlehnsherrn
[domini directi] das Lehn weder veraͤuſſern, verpfaͤn-
den, demſelben eine bleibende Dienſtbarkeit auflegen,
noch irgend einen dem Obereigenthum nachtheiligen Ge-
brauch davon machen, wenn ihm nicht eins oder das
andere ausdruͤcklich zugeſtanden iſt b] wohl aber hat
er das Recht, alle Eigenthumsnutzungen ſelbſt oder
durch andere daraus zu ziehn. Eine Afterverleihung
[ſubinfeudatio] und Aufkuͤndigung des Lehns [refuta-
tio feudi] findet nur dann Statt, wenn ſie ohne den
mindeſten Nachtheil des Lehnsherrn geſchehen koͤnnen.
Eben ſo wenig kann dieſer, zum Schaden des Vaſal-
len das Obereigenthum wilkuͤhrlich veraͤuſſern, weil es
bey der Lehnsverbindung zumal in aufgetragenen Lehen,
mehr auf moraliſche Rechte und Pflichten, als auf
phiſiſche Leiſtungen ankomt c]: er darf das nutzbare Ei-
genthum nicht eher, als bis es, nach den Bedingungen
des Lehnsvertrages, durch den Tod des Vaſallen, oder
aller derer, welchen die Nachfolge zugeſtanden worden,
oder durch Vergehn wider die Lehnsverbindlichkeit d]
[Felonie]
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/173>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.