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Grünberg, Helene: Frauenwahlrechtsbewegung in Bayern. In: Frauenwahlrecht! Hrsg. zum Zweiten Sozialdemokratischen Frauentag. 12. Mai 1912, S. 14–15.

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Frauenwahlrecht
tungen berührt wird. Und diese Vielen sind im politischen
Leben rechtlos. Sie sollen Pflichten tragen, aber keine Rechte
genießen. Dieses Unrecht wird immer schärfer von den
Frauen empfunden, die als ausgebeutete Arbeiterinnen
ihren Unterhalt erwerben. Sie erkennen den Wert des Wahl-
rechts, sie sammeln sich um das Banner der Sozialdemo-
kratie. Ungeachtet aller Schwierigkeiten entfaltete sich all-
mählich in allen Jndustriezentren ein reges Vereins- und
Versammlungsleben der Proletarierinnen. Unsere Frauen-
bewegung trat kraftvoll für das Frauenwahlrecht ein.

1907 forderten die bayerischen Genossinnen vom Landtag
für die Frauen das Wahlrecht und volle politische Betäti-
gungsfreiheit. Zahlreich besuchte Frauenwahlrechtsversamm-
lungen fanden statt in Nürnberg, Fürth, München, Schwa-
bach, Erlangen, Wunsiedel, Oberröslau, Aschaffenburg, Bay-
reuth, Forchheim, Lauf, Regensburg, Augsburg, Burgfarrn-
bach, Lechhausen, Kaiserslautern und Roth. Sie alle nahmen
eine gleichlautende Resolution an, in der volles Bürgerrecht
für das weibliche Geschlecht gefordert wurde.

Als 1909 der bayerische Landtag sich endlich mit den vor-
liegenden 17 Frauenwahlrechtspetitionen beschäftigen mußte,
beantragte der Redner des Zentrums, sie einfach zur Kennt-
nis zu nehmen. Gegen diese Behandlung der Frauenforde-
rungen wandte sich unser Genosse v. Bollmar mit folgen-
den Worten: "Meine Herren! So kurz kann die Sache denn
doch nicht erledigt werden. Jch weiß ja wohl, daß der gegen-
wärtige Augenblick nicht zu großen Reden über eine so
wichtige prinzipielle Frage wie die des Frauenwahlrechts
geeignet ist. Es ist auch meinerseits gar nicht notwendig,
mich eingehend über die Sache zu verbreiten, da wir Sozial-
demokraten ja hier schon wiederholt für das Frauenwahl-
recht eingetreten sind und entsprechende Anträge gestellt
haben. Aber nachdem - wie aus dem Vortrag des Herrn
Referenten hervorgeht - bereits im Ausschuß so gut wie
gar nichts zu den vorliegenden Petitionen gesprochen worden
ist, darf die Sache hier nicht ohne Geleitwort passieren. -
Jch bin der Meinung, daß nun die Zeit heranrückt, in der
Leute und Parteien, die früher über das Frauenwahlrecht
nur zu lachen gewußt haben, werden anfangen müssen, diese
Sache ernsthafter zu behandeln. Sonst werden ihnen die
Frauen zu nahe kommen. (Heiterkeit.) - Jawohl, gerade
auch das Zentrum weiß von dieser Tatsache etwas zu er-
zählen. Es hat bereits begonnen, sich auch diese Bewegung
nutzbar zu machen. Eine Zeitlang mag das ja wohl gehen,
indem Sie den Frauen schöne Versprechungen machen; aber
auf die Dauer wird das nicht helfen. Die Frauen werden
Jhnen schon zeigen, daß sie ein ernstliches Eintreten für
ihre Rechte und nicht bloße Versprechungen haben wollen."
Als Reaktionäre vom reinsten Wasser stimmten die Zen-
trümler trotz allem die Frauenwahlrechtsforderungen nieder.

Diese unverständige und unverschämte Behandlung ihrer
Jnteressen haben die Frauen im Lande nicht ruhig hin-
genommen. Sie haben darauf geantwortet, indem sie den
Ruf nach dem Frauenwahlrecht nur lauter erhoben und
immer zahlreicher den sozialdemokratischen Wahlvereinen
beitraten. Der sozialdemokratische Frauentag des vorigen
Jahres war eine machtvolle Demonstration für das Frauen-
wahlrecht. Der Zudrang zu den Versammlungen in den ein-
zelnen Orten war gewaltig.

1912 sind 30 Sozialdemokraten in den bayerischen Landtag
eingezogen. Die proletarischen Frauen haben ihr gut Teil
zu diesem Erfolg beigetragen. Sie wissen, diese 30 werden
zuverlässige Kämpfer für das Brot, das Recht und die Frei-
heit der Arbeiterinnen und Arbeiterfrauen sein. Jn den 30
Sozialdemokraten wird daher auch das Frauenwahlrecht
seine besten, treuesten Verteidiger im bayerischen Landtag
besitzen. Dort wird die Frage wiederkehren. Die proleta-
rischen Frauen selbst werden das Landesparlament mit der
Forderung bombardieren: "Heraus mit dem Frauen-
wahlrecht
!" Der 12. Mai wird ihren Aufmarsch zur Er-
ringung ihres Bürgerrechtes zeigen.

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Frauenwahlrecht
tungen berührt wird. Und diese Vielen sind im politischen
Leben rechtlos. Sie sollen Pflichten tragen, aber keine Rechte
genießen. Dieses Unrecht wird immer schärfer von den
Frauen empfunden, die als ausgebeutete Arbeiterinnen
ihren Unterhalt erwerben. Sie erkennen den Wert des Wahl-
rechts, sie sammeln sich um das Banner der Sozialdemo-
kratie. Ungeachtet aller Schwierigkeiten entfaltete sich all-
mählich in allen Jndustriezentren ein reges Vereins- und
Versammlungsleben der Proletarierinnen. Unsere Frauen-
bewegung trat kraftvoll für das Frauenwahlrecht ein.

1907 forderten die bayerischen Genossinnen vom Landtag
für die Frauen das Wahlrecht und volle politische Betäti-
gungsfreiheit. Zahlreich besuchte Frauenwahlrechtsversamm-
lungen fanden statt in Nürnberg, Fürth, München, Schwa-
bach, Erlangen, Wunsiedel, Oberröslau, Aschaffenburg, Bay-
reuth, Forchheim, Lauf, Regensburg, Augsburg, Burgfarrn-
bach, Lechhausen, Kaiserslautern und Roth. Sie alle nahmen
eine gleichlautende Resolution an, in der volles Bürgerrecht
für das weibliche Geschlecht gefordert wurde.

Als 1909 der bayerische Landtag sich endlich mit den vor-
liegenden 17 Frauenwahlrechtspetitionen beschäftigen mußte,
beantragte der Redner des Zentrums, sie einfach zur Kennt-
nis zu nehmen. Gegen diese Behandlung der Frauenforde-
rungen wandte sich unser Genosse v. Bollmar mit folgen-
den Worten: „Meine Herren! So kurz kann die Sache denn
doch nicht erledigt werden. Jch weiß ja wohl, daß der gegen-
wärtige Augenblick nicht zu großen Reden über eine so
wichtige prinzipielle Frage wie die des Frauenwahlrechts
geeignet ist. Es ist auch meinerseits gar nicht notwendig,
mich eingehend über die Sache zu verbreiten, da wir Sozial-
demokraten ja hier schon wiederholt für das Frauenwahl-
recht eingetreten sind und entsprechende Anträge gestellt
haben. Aber nachdem – wie aus dem Vortrag des Herrn
Referenten hervorgeht – bereits im Ausschuß so gut wie
gar nichts zu den vorliegenden Petitionen gesprochen worden
ist, darf die Sache hier nicht ohne Geleitwort passieren. –
Jch bin der Meinung, daß nun die Zeit heranrückt, in der
Leute und Parteien, die früher über das Frauenwahlrecht
nur zu lachen gewußt haben, werden anfangen müssen, diese
Sache ernsthafter zu behandeln. Sonst werden ihnen die
Frauen zu nahe kommen. (Heiterkeit.) – Jawohl, gerade
auch das Zentrum weiß von dieser Tatsache etwas zu er-
zählen. Es hat bereits begonnen, sich auch diese Bewegung
nutzbar zu machen. Eine Zeitlang mag das ja wohl gehen,
indem Sie den Frauen schöne Versprechungen machen; aber
auf die Dauer wird das nicht helfen. Die Frauen werden
Jhnen schon zeigen, daß sie ein ernstliches Eintreten für
ihre Rechte und nicht bloße Versprechungen haben wollen.“
Als Reaktionäre vom reinsten Wasser stimmten die Zen-
trümler trotz allem die Frauenwahlrechtsforderungen nieder.

Diese unverständige und unverschämte Behandlung ihrer
Jnteressen haben die Frauen im Lande nicht ruhig hin-
genommen. Sie haben darauf geantwortet, indem sie den
Ruf nach dem Frauenwahlrecht nur lauter erhoben und
immer zahlreicher den sozialdemokratischen Wahlvereinen
beitraten. Der sozialdemokratische Frauentag des vorigen
Jahres war eine machtvolle Demonstration für das Frauen-
wahlrecht. Der Zudrang zu den Versammlungen in den ein-
zelnen Orten war gewaltig.

1912 sind 30 Sozialdemokraten in den bayerischen Landtag
eingezogen. Die proletarischen Frauen haben ihr gut Teil
zu diesem Erfolg beigetragen. Sie wissen, diese 30 werden
zuverlässige Kämpfer für das Brot, das Recht und die Frei-
heit der Arbeiterinnen und Arbeiterfrauen sein. Jn den 30
Sozialdemokraten wird daher auch das Frauenwahlrecht
seine besten, treuesten Verteidiger im bayerischen Landtag
besitzen. Dort wird die Frage wiederkehren. Die proleta-
rischen Frauen selbst werden das Landesparlament mit der
Forderung bombardieren: „Heraus mit dem Frauen-
wahlrecht
!“ Der 12. Mai wird ihren Aufmarsch zur Er-
ringung ihres Bürgerrechtes zeigen.

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[15/0002] Frauenwahlrecht tungen berührt wird. Und diese Vielen sind im politischen Leben rechtlos. Sie sollen Pflichten tragen, aber keine Rechte genießen. Dieses Unrecht wird immer schärfer von den Frauen empfunden, die als ausgebeutete Arbeiterinnen ihren Unterhalt erwerben. Sie erkennen den Wert des Wahl- rechts, sie sammeln sich um das Banner der Sozialdemo- kratie. Ungeachtet aller Schwierigkeiten entfaltete sich all- mählich in allen Jndustriezentren ein reges Vereins- und Versammlungsleben der Proletarierinnen. Unsere Frauen- bewegung trat kraftvoll für das Frauenwahlrecht ein. 1907 forderten die bayerischen Genossinnen vom Landtag für die Frauen das Wahlrecht und volle politische Betäti- gungsfreiheit. Zahlreich besuchte Frauenwahlrechtsversamm- lungen fanden statt in Nürnberg, Fürth, München, Schwa- bach, Erlangen, Wunsiedel, Oberröslau, Aschaffenburg, Bay- reuth, Forchheim, Lauf, Regensburg, Augsburg, Burgfarrn- bach, Lechhausen, Kaiserslautern und Roth. Sie alle nahmen eine gleichlautende Resolution an, in der volles Bürgerrecht für das weibliche Geschlecht gefordert wurde. Als 1909 der bayerische Landtag sich endlich mit den vor- liegenden 17 Frauenwahlrechtspetitionen beschäftigen mußte, beantragte der Redner des Zentrums, sie einfach zur Kennt- nis zu nehmen. Gegen diese Behandlung der Frauenforde- rungen wandte sich unser Genosse v. Bollmar mit folgen- den Worten: „Meine Herren! So kurz kann die Sache denn doch nicht erledigt werden. Jch weiß ja wohl, daß der gegen- wärtige Augenblick nicht zu großen Reden über eine so wichtige prinzipielle Frage wie die des Frauenwahlrechts geeignet ist. Es ist auch meinerseits gar nicht notwendig, mich eingehend über die Sache zu verbreiten, da wir Sozial- demokraten ja hier schon wiederholt für das Frauenwahl- recht eingetreten sind und entsprechende Anträge gestellt haben. Aber nachdem – wie aus dem Vortrag des Herrn Referenten hervorgeht – bereits im Ausschuß so gut wie gar nichts zu den vorliegenden Petitionen gesprochen worden ist, darf die Sache hier nicht ohne Geleitwort passieren. – Jch bin der Meinung, daß nun die Zeit heranrückt, in der Leute und Parteien, die früher über das Frauenwahlrecht nur zu lachen gewußt haben, werden anfangen müssen, diese Sache ernsthafter zu behandeln. Sonst werden ihnen die Frauen zu nahe kommen. (Heiterkeit.) – Jawohl, gerade auch das Zentrum weiß von dieser Tatsache etwas zu er- zählen. Es hat bereits begonnen, sich auch diese Bewegung nutzbar zu machen. Eine Zeitlang mag das ja wohl gehen, indem Sie den Frauen schöne Versprechungen machen; aber auf die Dauer wird das nicht helfen. Die Frauen werden Jhnen schon zeigen, daß sie ein ernstliches Eintreten für ihre Rechte und nicht bloße Versprechungen haben wollen.“ Als Reaktionäre vom reinsten Wasser stimmten die Zen- trümler trotz allem die Frauenwahlrechtsforderungen nieder. Diese unverständige und unverschämte Behandlung ihrer Jnteressen haben die Frauen im Lande nicht ruhig hin- genommen. Sie haben darauf geantwortet, indem sie den Ruf nach dem Frauenwahlrecht nur lauter erhoben und immer zahlreicher den sozialdemokratischen Wahlvereinen beitraten. Der sozialdemokratische Frauentag des vorigen Jahres war eine machtvolle Demonstration für das Frauen- wahlrecht. Der Zudrang zu den Versammlungen in den ein- zelnen Orten war gewaltig. 1912 sind 30 Sozialdemokraten in den bayerischen Landtag eingezogen. Die proletarischen Frauen haben ihr gut Teil zu diesem Erfolg beigetragen. Sie wissen, diese 30 werden zuverlässige Kämpfer für das Brot, das Recht und die Frei- heit der Arbeiterinnen und Arbeiterfrauen sein. Jn den 30 Sozialdemokraten wird daher auch das Frauenwahlrecht seine besten, treuesten Verteidiger im bayerischen Landtag besitzen. Dort wird die Frage wiederkehren. Die proleta- rischen Frauen selbst werden das Landesparlament mit der Forderung bombardieren: „Heraus mit dem Frauen- wahlrecht!“ Der 12. Mai wird ihren Aufmarsch zur Er- ringung ihres Bürgerrechtes zeigen. Helene Grünberg. _______________________________________________________________________

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Zitationshilfe: Grünberg, Helene: Frauenwahlrechtsbewegung in Bayern. In: Frauenwahlrecht! Hrsg. zum Zweiten Sozialdemokratischen Frauentag. 12. Mai 1912, S. 14–15, hier S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gruenberg_frauenwahlrechtsbewegung_1912/2>, abgerufen am 23.11.2024.