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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Drittes Buch.
sie/ da es anders ein Fehler zu nennen/ wieder leicht-
lich gebessert werden; Zwar lobe ichs nit/ sich auff
diese Art zu verehelichen/ aber gleichwol hat dieses
junge Paar hierdurch weder Galgen noch Rad ver-
dient/ der Herr Obrist Leutenant auch keine Schand
darvon zu gewarten/ wenn er nur diesen Fehler (der
ohne das noch niemand bewust) heimlich halten und
verzeyhen/ seine Consens zu beyder Verehelichung
geben/ und diese Ehe durch den gewöhnlichen Kirch-
gang offentlich bestetigen lassen wird. Was? ant-
wortet er/ solte ich ihnen an statt billicher Straff/ erst
noch hofieren/ und grosse Ehr anthun? ich wolte sie
ehe morgenden Tags beyde zusammen binden/ und
in der Lipp erträncken lassen! Jhr müst mir sie in die-
sem Augenblick copulirn/ massen ich euch deßwegen
holen lassen/ oder ich will sie alle beyde wie die Hüner
erwürgen.

Jch gedachte/ was wiltu thun/ es heist: Vogel
friß/ oder stirb; zu dem so ist es eine solche Jungfer/
deren du dich nicht schämen darffst/ ja wenn du dein
Herkommen bedenckest/ so bistu kaum werth/ hin zu
sitzen/ wo sie ihre Schuh hinstellt; doch schwur ich/
und bezeugte hoch und theur/ daß wir nichts unehr-
lichs miteinander zu schaffen gehabt hätten; Aber mir
wurde geantwortet/ wir solten uns gehalten haben/
daß man nichts Böses von uns argwohnen können/
diesen Weg aber würden wir dem einmal gefasten
Verdacht niemand benehmen. Hierauff wurden wir
von gemeldtem Pfarrer im Bett sitzend zusamm ge-
geben/ und nachdem solches geschehen/ auffzustehen/
und miteinander auß dem Hauß zu gehen gemüssiget.
Unter der Thür sagte der Obrist Leutenant zu mir

und
Q jv

Drittes Buch.
ſie/ da es anders ein Fehler zu nennen/ wieder leicht-
lich gebeſſert werden; Zwar lobe ichs nit/ ſich auff
dieſe Art zu verehelichen/ aber gleichwol hat dieſes
junge Paar hierdurch weder Galgen noch Rad ver-
dient/ der Herꝛ Obriſt Leutenant auch keine Schand
darvon zu gewarten/ wenn er nur dieſen Fehler (der
ohne das noch niemand bewuſt) heimlich halten und
verzeyhen/ ſeine Conſens zu beyder Verehelichung
geben/ und dieſe Ehe durch den gewoͤhnlichen Kirch-
gang offentlich beſtetigen laſſen wird. Was? ant-
wortet er/ ſolte ich ihnen an ſtatt billicher Straff/ erſt
noch hofieren/ und groſſe Ehr anthun? ich wolte ſie
ehe morgenden Tags beyde zuſammen binden/ und
in der Lipp ertraͤncken laſſen! Jhr muͤſt mir ſie in die-
ſem Augenblick copulirn/ maſſen ich euch deßwegen
holen laſſen/ oder ich will ſie alle beyde wie die Huͤner
erwuͤrgen.

Jch gedachte/ was wiltu thun/ es heiſt: Vogel
friß/ oder ſtirb; zu dem ſo iſt es eine ſolche Jungfer/
deren du dich nicht ſchaͤmen darffſt/ ja wenn du dein
Herkommen bedenckeſt/ ſo biſtu kaum werth/ hin zu
ſitzen/ wo ſie ihre Schuh hinſtellt; doch ſchwur ich/
und bezeugte hoch und theur/ daß wir nichts unehr-
lichs miteinander zu ſchaffen gehabt haͤtten; Aber mir
wurde geantwortet/ wir ſolten uns gehalten haben/
daß man nichts Boͤſes von uns argwohnen koͤnnen/
dieſen Weg aber wuͤrden wir dem einmal gefaſten
Verdacht niemand benehmen. Hierauff wurden wir
von gemeldtem Pfarꝛer im Bett ſitzend zuſamm ge-
geben/ und nachdem ſolches geſchehen/ auffzuſtehen/
und miteinander auß dem Hauß zu gehen gemuͤſſiget.
Unter der Thuͤr ſagte der Obriſt Leutenant zu mir

und
Q jv
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[365/0371] Drittes Buch. ſie/ da es anders ein Fehler zu nennen/ wieder leicht- lich gebeſſert werden; Zwar lobe ichs nit/ ſich auff dieſe Art zu verehelichen/ aber gleichwol hat dieſes junge Paar hierdurch weder Galgen noch Rad ver- dient/ der Herꝛ Obriſt Leutenant auch keine Schand darvon zu gewarten/ wenn er nur dieſen Fehler (der ohne das noch niemand bewuſt) heimlich halten und verzeyhen/ ſeine Conſens zu beyder Verehelichung geben/ und dieſe Ehe durch den gewoͤhnlichen Kirch- gang offentlich beſtetigen laſſen wird. Was? ant- wortet er/ ſolte ich ihnen an ſtatt billicher Straff/ erſt noch hofieren/ und groſſe Ehr anthun? ich wolte ſie ehe morgenden Tags beyde zuſammen binden/ und in der Lipp ertraͤncken laſſen! Jhr muͤſt mir ſie in die- ſem Augenblick copulirn/ maſſen ich euch deßwegen holen laſſen/ oder ich will ſie alle beyde wie die Huͤner erwuͤrgen. Jch gedachte/ was wiltu thun/ es heiſt: Vogel friß/ oder ſtirb; zu dem ſo iſt es eine ſolche Jungfer/ deren du dich nicht ſchaͤmen darffſt/ ja wenn du dein Herkommen bedenckeſt/ ſo biſtu kaum werth/ hin zu ſitzen/ wo ſie ihre Schuh hinſtellt; doch ſchwur ich/ und bezeugte hoch und theur/ daß wir nichts unehr- lichs miteinander zu ſchaffen gehabt haͤtten; Aber mir wurde geantwortet/ wir ſolten uns gehalten haben/ daß man nichts Boͤſes von uns argwohnen koͤnnen/ dieſen Weg aber wuͤrden wir dem einmal gefaſten Verdacht niemand benehmen. Hierauff wurden wir von gemeldtem Pfarꝛer im Bett ſitzend zuſamm ge- geben/ und nachdem ſolches geſchehen/ auffzuſtehen/ und miteinander auß dem Hauß zu gehen gemuͤſſiget. Unter der Thuͤr ſagte der Obriſt Leutenant zu mir und Q jv

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/371>, abgerufen am 29.11.2024.