fort, ohne dass es durch schwermüthigen Affect immer neu angeregt zu werden brauchte, ja die Stimmung selbst ändert sich häufig in ihr Gegentheil um, und wird heiter, lustig und übermüthig.
Auch die Zerstörungswerke, die wilden Angriffe und lärmend vollzogenen Unthaten der Tobsüchtigen sind durchaus nicht immer in wahrem, negativem Affect, in einer auch nur momentan feind- seligen Absicht begründet; das Thun dieser Kranken ist vielmehr grösstentheils das Ergebniss eines blind sich äussernden Triebes zu handeln, eines Bedürfnisses, durch Wollen die Aussenwelt zu ver- ändern. Im Zerstören findet der Trieb die beste Gelegenheit sich zu äussern, weil es leichter ist als das Schaffen und weil zum Schaffen Besonnenheit und Sorgfalt gehören, von denen beim Tobsüchtigen nicht die Rede sein kann. Der Trieb will schnell befriedigt sein, dem langsameren Einflusse ordnender Vorstellungen eilt er convul- sivisch voraus; da seine Wirkung eine sichtbare sein soll, so greift er demolirend ein, und es kann sich dann das Ziel, welches nur das Ende der Thätigkeit bezeichnen sollte, als der Zweck des Thuns darstellen. Man sieht etwas ähnliches beim Kinde, das sein Spiel- werk zerstört, um sein Bedürfniss, es durch Wollen zu verändern, zu befriedigen, oder bei den Knaben, welche den Trieb zu Kraft- äusserung durch Angriffe auf einander und Balgereien bethätigen. Gerade so demolirt und verwüstet der Tobsüchtige oft unter lautem Lachen und in der ausgelassensten Laune. Vollends ganz entschieden und deutlich aber erhellt der Unterschied des Thuns in der Manie von dem Thun des Schwermüthigen in der Form des Wahnsinns, die ihrem innern Grunde nach mit der Tobsucht so eng zusammenhängt. Hier nemlich will der Kranke meistens wirklich schaffen und zwar Ungeheures leisten, gestalten, hervorbringen, und er kann hiezu sogar mit einer gewissen Besonnenheit Anstalt treffen, weil hier die psychi- schen Processe nicht mit der Hast, Unruhe und Verworrenheit der Tobsucht vor sich gehen, sondern es Zeit dazu gibt, dass der Trieb zu Kraftäusserung von einer festen, grossen, ordnenden, aber freilich falschen Vorstellung beherrscht werden kann, in deren Dienste er nun wirken muss.
Wenn die Manie und namentlich die Tobsucht aus der Schwermuth in an- gegebener Weise hervorgeht, so ist hierbei an eine absichtliche psychische That von Seiten des Kranken nicht zu denken, das Ganze ist, wie aus dem bisheri- gen erhellen mag, überhaupt nicht als ein psychologischer Process, der auf dem innersten Gebiete des Seelenlebens spielt, zu betrachten. Es ist vielmehr eine Aenderung der krankhaft gesetzten Stimmung, die mit dem Kranken ohne sein Zuthun vorgeht, und die man sich nur aus einer Aenderung in der
zur Schwermuth.
fort, ohne dass es durch schwermüthigen Affect immer neu angeregt zu werden brauchte, ja die Stimmung selbst ändert sich häufig in ihr Gegentheil um, und wird heiter, lustig und übermüthig.
Auch die Zerstörungswerke, die wilden Angriffe und lärmend vollzogenen Unthaten der Tobsüchtigen sind durchaus nicht immer in wahrem, negativem Affect, in einer auch nur momentan feind- seligen Absicht begründet; das Thun dieser Kranken ist vielmehr grösstentheils das Ergebniss eines blind sich äussernden Triebes zu handeln, eines Bedürfnisses, durch Wollen die Aussenwelt zu ver- ändern. Im Zerstören findet der Trieb die beste Gelegenheit sich zu äussern, weil es leichter ist als das Schaffen und weil zum Schaffen Besonnenheit und Sorgfalt gehören, von denen beim Tobsüchtigen nicht die Rede sein kann. Der Trieb will schnell befriedigt sein, dem langsameren Einflusse ordnender Vorstellungen eilt er convul- sivisch voraus; da seine Wirkung eine sichtbare sein soll, so greift er demolirend ein, und es kann sich dann das Ziel, welches nur das Ende der Thätigkeit bezeichnen sollte, als der Zweck des Thuns darstellen. Man sieht etwas ähnliches beim Kinde, das sein Spiel- werk zerstört, um sein Bedürfniss, es durch Wollen zu verändern, zu befriedigen, oder bei den Knaben, welche den Trieb zu Kraft- äusserung durch Angriffe auf einander und Balgereien bethätigen. Gerade so demolirt und verwüstet der Tobsüchtige oft unter lautem Lachen und in der ausgelassensten Laune. Vollends ganz entschieden und deutlich aber erhellt der Unterschied des Thuns in der Manie von dem Thun des Schwermüthigen in der Form des Wahnsinns, die ihrem innern Grunde nach mit der Tobsucht so eng zusammenhängt. Hier nemlich will der Kranke meistens wirklich schaffen und zwar Ungeheures leisten, gestalten, hervorbringen, und er kann hiezu sogar mit einer gewissen Besonnenheit Anstalt treffen, weil hier die psychi- schen Processe nicht mit der Hast, Unruhe und Verworrenheit der Tobsucht vor sich gehen, sondern es Zeit dazu gibt, dass der Trieb zu Kraftäusserung von einer festen, grossen, ordnenden, aber freilich falschen Vorstellung beherrscht werden kann, in deren Dienste er nun wirken muss.
Wenn die Manie und namentlich die Tobsucht aus der Schwermuth in an- gegebener Weise hervorgeht, so ist hierbei an eine absichtliche psychische That von Seiten des Kranken nicht zu denken, das Ganze ist, wie aus dem bisheri- gen erhellen mag, überhaupt nicht als ein psychologischer Process, der auf dem innersten Gebiete des Seelenlebens spielt, zu betrachten. Es ist vielmehr eine Aenderung der krankhaft gesetzten Stimmung, die mit dem Kranken ohne sein Zuthun vorgeht, und die man sich nur aus einer Aenderung in der
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zur Schwermuth.
fort, ohne dass es durch schwermüthigen Affect immer neu angeregt
zu werden brauchte, ja die Stimmung selbst ändert sich häufig in
ihr Gegentheil um, und wird heiter, lustig und übermüthig.
Auch die Zerstörungswerke, die wilden Angriffe und lärmend
vollzogenen Unthaten der Tobsüchtigen sind durchaus nicht immer
in wahrem, negativem Affect, in einer auch nur momentan feind-
seligen Absicht begründet; das Thun dieser Kranken ist vielmehr
grösstentheils das Ergebniss eines blind sich äussernden Triebes zu
handeln, eines Bedürfnisses, durch Wollen die Aussenwelt zu ver-
ändern. Im Zerstören findet der Trieb die beste Gelegenheit sich
zu äussern, weil es leichter ist als das Schaffen und weil zum Schaffen
Besonnenheit und Sorgfalt gehören, von denen beim Tobsüchtigen
nicht die Rede sein kann. Der Trieb will schnell befriedigt sein,
dem langsameren Einflusse ordnender Vorstellungen eilt er convul-
sivisch voraus; da seine Wirkung eine sichtbare sein soll, so greift
er demolirend ein, und es kann sich dann das Ziel, welches nur
das Ende der Thätigkeit bezeichnen sollte, als der Zweck des Thuns
darstellen. Man sieht etwas ähnliches beim Kinde, das sein Spiel-
werk zerstört, um sein Bedürfniss, es durch Wollen zu verändern,
zu befriedigen, oder bei den Knaben, welche den Trieb zu Kraft-
äusserung durch Angriffe auf einander und Balgereien bethätigen.
Gerade so demolirt und verwüstet der Tobsüchtige oft unter lautem
Lachen und in der ausgelassensten Laune. Vollends ganz entschieden
und deutlich aber erhellt der Unterschied des Thuns in der Manie
von dem Thun des Schwermüthigen in der Form des Wahnsinns, die
ihrem innern Grunde nach mit der Tobsucht so eng zusammenhängt.
Hier nemlich will der Kranke meistens wirklich schaffen und zwar
Ungeheures leisten, gestalten, hervorbringen, und er kann hiezu sogar
mit einer gewissen Besonnenheit Anstalt treffen, weil hier die psychi-
schen Processe nicht mit der Hast, Unruhe und Verworrenheit der
Tobsucht vor sich gehen, sondern es Zeit dazu gibt, dass der Trieb
zu Kraftäusserung von einer festen, grossen, ordnenden, aber freilich
falschen Vorstellung beherrscht werden kann, in deren Dienste er
nun wirken muss.
Wenn die Manie und namentlich die Tobsucht aus der Schwermuth in an-
gegebener Weise hervorgeht, so ist hierbei an eine absichtliche psychische That
von Seiten des Kranken nicht zu denken, das Ganze ist, wie aus dem bisheri-
gen erhellen mag, überhaupt nicht als ein psychologischer Process, der auf
dem innersten Gebiete des Seelenlebens spielt, zu betrachten. Es ist vielmehr
eine Aenderung der krankhaft gesetzten Stimmung, die mit dem Kranken
ohne sein Zuthun vorgeht, und die man sich nur aus einer Aenderung in der
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Griesinger, Wilhelm: Die Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten, für Ärzte und Studierende. Stuttgart, 1845, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/griesinger_psychische_1845/227>, abgerufen am 23.11.2024.
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