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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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Die Menschen hungern und dürsten

[Beginn Spaltensatz]

tastische Frauenwelt des Waldes und
die bürgerlich-reale des Krankenzimmers
stehen in keiner rechten Verbindung mit
"marder. In musikalischer Hinsicht aber
ist das Werk außerordentlich schön.
Diese Partitur ist ein kostbarer Spät¬
ling musikalischer Romantik. Der
skurrile, seltsame Geist deutscher Märchen-
Poesie steckt in den Elfengesängen und
in der Musik zu den Tauernvalletten

[Spaltenumbruch]

des ersten Aktes, und eine reine und
naive Gläubigkeit spricht aus den Engel-
und Kinderchoren. Das Schönste an
Pfitzners Musik: sie hat die Kraft, den
Hörer in die Märchenstimmung des
Stückes ganz einzuspinnen und daran
auch festzuhalten. Wegen der Musik
müsse man dieses Werk lieben, denn sie
ist von den Quellen echten und reinen
Schrenr Künstlertums gespeist.

[Ende Spaltensatz]


9le Menschen hungern und dürsten
Bogislav von Selchow von
Die Menschen dünnern und dürste"
Alle gleich,
Ob Bettler oder Fürsten,
Ob arm, ob reich, Die einen nach goldenen Schützen,
Nach Ruhm und Macht,
Die andern nach buntem Ergötzen,
Nach Prunk und Pracht, Die dritten nach Sturmesbebcn,
Nach stolzer Tat,
Die vierten, daß das Leben
Ihnen naht. War auch der Wunsch verschieben
Bei Klein und Groß,
War keiner doch zufrieden
Mit seinem Los. Ich sah von hohem Firste
Viel Menschenleib?
Nun hnngre ich und dürste
Nach Einsamkeit.

Die Menschen hungern und dürsten

[Beginn Spaltensatz]

tastische Frauenwelt des Waldes und
die bürgerlich-reale des Krankenzimmers
stehen in keiner rechten Verbindung mit
«marder. In musikalischer Hinsicht aber
ist das Werk außerordentlich schön.
Diese Partitur ist ein kostbarer Spät¬
ling musikalischer Romantik. Der
skurrile, seltsame Geist deutscher Märchen-
Poesie steckt in den Elfengesängen und
in der Musik zu den Tauernvalletten

[Spaltenumbruch]

des ersten Aktes, und eine reine und
naive Gläubigkeit spricht aus den Engel-
und Kinderchoren. Das Schönste an
Pfitzners Musik: sie hat die Kraft, den
Hörer in die Märchenstimmung des
Stückes ganz einzuspinnen und daran
auch festzuhalten. Wegen der Musik
müsse man dieses Werk lieben, denn sie
ist von den Quellen echten und reinen
Schrenr Künstlertums gespeist.

[Ende Spaltensatz]


9le Menschen hungern und dürsten
Bogislav von Selchow von
Die Menschen dünnern und dürste»
Alle gleich,
Ob Bettler oder Fürsten,
Ob arm, ob reich, Die einen nach goldenen Schützen,
Nach Ruhm und Macht,
Die andern nach buntem Ergötzen,
Nach Prunk und Pracht, Die dritten nach Sturmesbebcn,
Nach stolzer Tat,
Die vierten, daß das Leben
Ihnen naht. War auch der Wunsch verschieben
Bei Klein und Groß,
War keiner doch zufrieden
Mit seinem Los. Ich sah von hohem Firste
Viel Menschenleib?
Nun hnngre ich und dürste
Nach Einsamkeit.

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[0329] Die Menschen hungern und dürsten tastische Frauenwelt des Waldes und die bürgerlich-reale des Krankenzimmers stehen in keiner rechten Verbindung mit «marder. In musikalischer Hinsicht aber ist das Werk außerordentlich schön. Diese Partitur ist ein kostbarer Spät¬ ling musikalischer Romantik. Der skurrile, seltsame Geist deutscher Märchen- Poesie steckt in den Elfengesängen und in der Musik zu den Tauernvalletten des ersten Aktes, und eine reine und naive Gläubigkeit spricht aus den Engel- und Kinderchoren. Das Schönste an Pfitzners Musik: sie hat die Kraft, den Hörer in die Märchenstimmung des Stückes ganz einzuspinnen und daran auch festzuhalten. Wegen der Musik müsse man dieses Werk lieben, denn sie ist von den Quellen echten und reinen Schrenr Künstlertums gespeist. 9le Menschen hungern und dürsten Bogislav von Selchow von Die Menschen dünnern und dürste» Alle gleich, Ob Bettler oder Fürsten, Ob arm, ob reich, Die einen nach goldenen Schützen, Nach Ruhm und Macht, Die andern nach buntem Ergötzen, Nach Prunk und Pracht, Die dritten nach Sturmesbebcn, Nach stolzer Tat, Die vierten, daß das Leben Ihnen naht. War auch der Wunsch verschieben Bei Klein und Groß, War keiner doch zufrieden Mit seinem Los. Ich sah von hohem Firste Viel Menschenleib? Nun hnngre ich und dürste Nach Einsamkeit.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/329>, abgerufen am 27.09.2024.