Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.Altes und neues Heer Ich habe meinen Abschied eingereicht, Wenns mir das Herz auch bricht, Der Presse offizier. " . . . Wir haben gedacht, wir könnten die Dies Instrument der Presse, so fein wie der "Militarismus", wo es noch Der Stabsoffizier. ". . . Im Orient, in Rußland, an der Marne Mein Bataillon kam kampfbereit nach Hause, ward aufgelöst; ich pfiff aus Sie haben mich wiedergeholt. Jetzt wollen sie mich los werden. Ich werde Wir Stabsoffiziere müssen bleiben. Wir werden bleiben. Wer sollte sonst Altes und neues Heer Ich habe meinen Abschied eingereicht, Wenns mir das Herz auch bricht, Der Presse offizier. „ . . . Wir haben gedacht, wir könnten die Dies Instrument der Presse, so fein wie der „Militarismus", wo es noch Der Stabsoffizier. „. . . Im Orient, in Rußland, an der Marne Mein Bataillon kam kampfbereit nach Hause, ward aufgelöst; ich pfiff aus Sie haben mich wiedergeholt. Jetzt wollen sie mich los werden. Ich werde Wir Stabsoffiziere müssen bleiben. Wir werden bleiben. Wer sollte sonst <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0252" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/339801"/> <fw type="header" place="top"> Altes und neues Heer</fw><lb/> <p xml:id="ID_990"> Ich habe meinen Abschied eingereicht, Wenns mir das Herz auch bricht,<lb/> nicht mehr Soldat zu sein!"</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Der Presse offizier.</head> <p xml:id="ID_991"> „ . . . Wir haben gedacht, wir könnten die<lb/> Presse kommandieren wie die Soldaten. Aber sie will nicht. Ohnmächtig stehen<lb/> wir da. können einfach nicht soviel Gift und Galle spucken, soviel Gedanken¬<lb/> purzelbäume schlagen, soviel Schlangenlinien laufen, wie der Journalismus:<lb/> Weltfern liegt das unserm starren, nüchternen Charakter und wenn wir uns an--<lb/> passen, verdirbt unsere Stärke: der Charakter.</p><lb/> <p xml:id="ID_992"> Dies Instrument der Presse, so fein wie der „Militarismus", wo es noch<lb/> viel schneller als beim Offizier darauf ankommt. Ideen zu entwickeln, rasch und<lb/> oberflächlich zu entwickeln, im Gegensatz zur gründlichen Arbeit des Offiziers, —<lb/> dieses Handwerk, das doch dem unsrigen so nahesteht, weil zu beidem rasche<lb/> Auffassung und Konzentrierung vorhanden sein muß: Wir beherrschen es nicht,<lb/> denn uns fehlt der Geist, jener oberflächliche „intellektuelle" und typisch jüdische<lb/> Geist, jener reißerische, glitzernde, schillernde. Wenn wir unsere Ideen vertreten,<lb/> an die große Masse kommen wir nicht heran. Das muß heute sein. Wir können<lb/> uns nicht entblößen, wie die Herren Schriftsteller. Unsere Arbeit ausposaunen<lb/> wie die Politiker. Aktuell sein und Geheimnisse verraten. Und weil wir in der<lb/> Presse, die unser Erbe als Machtfaktor im Staat angetreten hat, schweigen<lb/> müssen: deshalb haben wir so wenig Freunde ..."</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Der Stabsoffizier.</head> <p xml:id="ID_993"> „. . . Im Orient, in Rußland, an der Marne<lb/> und in Italien, war mein Sturm bataillon nicht immer vorne dran? Und wenn,<lb/> ich an meine Leute denke, wie ihre Augen blitzten in der ersten Kriegszeit, wenn<lb/> das Bataillon zum Angriff meinen Tagesbefehl erhielt, und wie ihre Augen auch<lb/> dann noch glänzten, als sie am 20. November 1918 meinen Abschiedsbefehl er¬<lb/> hielten, so denke ich: Auch Deutschlands junger Nachwuchs ist kraftvoll, wenn'ß<lb/> die Führer sind. Sie waren's am 9. November nicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_994"> Mein Bataillon kam kampfbereit nach Hause, ward aufgelöst; ich pfiff aus<lb/> diesen Staat und seine Führer und wurde Tischler.</p><lb/> <p xml:id="ID_995"> Sie haben mich wiedergeholt. Jetzt wollen sie mich los werden. Ich werde<lb/> ihnen zu gefährlich. Denn meine fünfhundert, sie hängen an mir, und das darf<lb/> in der Republik nicht sein. Persönlichkeiten duldet sie nicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_996"> Wir Stabsoffiziere müssen bleiben. Wir werden bleiben. Wer sollte sonst<lb/> die Tradition halten? Die jungen Leutnants, die nie das Alte kannten, nur den<lb/> durch den Krieg erschütterten Staat, und ein Heer, wo Fnedensführung schon<lb/> nach einem Jahr erschüttert war? Wer sollte gesundem Neuen den Weg weisen ?<lb/> Die alten Generäle, denen die Tradition so im Blute steckt, daß sie mit Scheu¬<lb/> klappen am Neuen vorüber gehen? Wir Stabsoffiziere sind das Rückgrat auch<lb/> der neuen Wehrmacht. Denn wir steh'n mit einem Fuß im alten, mit dem andern<lb/> im neuen Regime. Breitbeinig steh'n wir da und lassen uns nicht umstoßen,<lb/> vom Ziele wegstoßen: Deutschen Nachwuchs kraftvoll zu erziehen."</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0252]
Altes und neues Heer
Ich habe meinen Abschied eingereicht, Wenns mir das Herz auch bricht,
nicht mehr Soldat zu sein!"
Der Presse offizier. „ . . . Wir haben gedacht, wir könnten die
Presse kommandieren wie die Soldaten. Aber sie will nicht. Ohnmächtig stehen
wir da. können einfach nicht soviel Gift und Galle spucken, soviel Gedanken¬
purzelbäume schlagen, soviel Schlangenlinien laufen, wie der Journalismus:
Weltfern liegt das unserm starren, nüchternen Charakter und wenn wir uns an--
passen, verdirbt unsere Stärke: der Charakter.
Dies Instrument der Presse, so fein wie der „Militarismus", wo es noch
viel schneller als beim Offizier darauf ankommt. Ideen zu entwickeln, rasch und
oberflächlich zu entwickeln, im Gegensatz zur gründlichen Arbeit des Offiziers, —
dieses Handwerk, das doch dem unsrigen so nahesteht, weil zu beidem rasche
Auffassung und Konzentrierung vorhanden sein muß: Wir beherrschen es nicht,
denn uns fehlt der Geist, jener oberflächliche „intellektuelle" und typisch jüdische
Geist, jener reißerische, glitzernde, schillernde. Wenn wir unsere Ideen vertreten,
an die große Masse kommen wir nicht heran. Das muß heute sein. Wir können
uns nicht entblößen, wie die Herren Schriftsteller. Unsere Arbeit ausposaunen
wie die Politiker. Aktuell sein und Geheimnisse verraten. Und weil wir in der
Presse, die unser Erbe als Machtfaktor im Staat angetreten hat, schweigen
müssen: deshalb haben wir so wenig Freunde ..."
Der Stabsoffizier. „. . . Im Orient, in Rußland, an der Marne
und in Italien, war mein Sturm bataillon nicht immer vorne dran? Und wenn,
ich an meine Leute denke, wie ihre Augen blitzten in der ersten Kriegszeit, wenn
das Bataillon zum Angriff meinen Tagesbefehl erhielt, und wie ihre Augen auch
dann noch glänzten, als sie am 20. November 1918 meinen Abschiedsbefehl er¬
hielten, so denke ich: Auch Deutschlands junger Nachwuchs ist kraftvoll, wenn'ß
die Führer sind. Sie waren's am 9. November nicht.
Mein Bataillon kam kampfbereit nach Hause, ward aufgelöst; ich pfiff aus
diesen Staat und seine Führer und wurde Tischler.
Sie haben mich wiedergeholt. Jetzt wollen sie mich los werden. Ich werde
ihnen zu gefährlich. Denn meine fünfhundert, sie hängen an mir, und das darf
in der Republik nicht sein. Persönlichkeiten duldet sie nicht.
Wir Stabsoffiziere müssen bleiben. Wir werden bleiben. Wer sollte sonst
die Tradition halten? Die jungen Leutnants, die nie das Alte kannten, nur den
durch den Krieg erschütterten Staat, und ein Heer, wo Fnedensführung schon
nach einem Jahr erschüttert war? Wer sollte gesundem Neuen den Weg weisen ?
Die alten Generäle, denen die Tradition so im Blute steckt, daß sie mit Scheu¬
klappen am Neuen vorüber gehen? Wir Stabsoffiziere sind das Rückgrat auch
der neuen Wehrmacht. Denn wir steh'n mit einem Fuß im alten, mit dem andern
im neuen Regime. Breitbeinig steh'n wir da und lassen uns nicht umstoßen,
vom Ziele wegstoßen: Deutschen Nachwuchs kraftvoll zu erziehen."
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