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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr.

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Kriegerische Volkspoesie
Wenns blitzt, Wenns donnert und Wenns kracht,
Das Blut fließt rosenrot,
Wenns Blut von unsern Säbeln fließt,
Dann haben wir frohen Mut.
Wie mancher gute Kamerad
Muß bleiben in dem Streit,
Wir Deutschen fragen nichts danach,
Wir sind dazu bereit.
Den Leib begräbt man in die Gruft,
Der Ruhm bleibt auf der WeltI
Die Seele schwingt sich durch die Luft
Ins blaue Himmelszelt.



Eine Frage bleibt: wie steht es mit der kriegerischen Volkspoesie unserer großen
Tage? Diese Frage ist nicht zu beantworten, weil wir die Poesie des gewaltigen
Kampfes, den wir heute erleben, noch nicht kennen. Es ist ja nicht die Poesie der
Zeitungen und literarischen Blätter, die wir täglich zu lesen bekommen, sondern
die Poesie der Namenlosen, die auch namenlos und ungeschrieben bleibt, bis
einmal einer kommt, der sie den Soldaten ablauschen und zu Papier bringen wird.
Lesen werden wir sie spät, hören werden wir sie bald nach dem Kriege. ^
wird die Poesie der Schützengräben sein mit der langen Wacht ihrer Tage
und Nächte, die Poesie der Flieger, die übers blaue Weltmeer fliegen, und
die Poesie der Unterseeboote, die mit Hai und Rochen um Korallenriffe huschen.
Es werden auch wieder Helden besungen werden und Namen werden fortleben.

Was aber den dichterischen und sittlichen Wert dieser Poesie anlangen
wird, so brauchen wir nicht bange zu sein, sondern können uns ruhigen Herzens
dem Troste hingeben, der aus den herrlichen Worten Eichendorffs quillt und
der uns auch gleichzeitig für die bittere Zeit ein Trost fein mag und eine
Hoffnung, daß eisernen Zeiten goldene folgen werden:

Im Walde da liegt verfallen
Der alten Helden Haus,
Doch aus den Toren und Hallen
Bricht jährlich der Frühling aus.
Es haben viel Dichter gesungen
Im schönen deutschen Land,
Nun sind ihre Lieder verklungen,
Die Sänger ruhen im Sand.
Und wo immer müde Fechter
Sinken im mutigen Strauß,
Es kommen fnsche Geschlechter
Und fechten es ehrlich aus.
Aber so lange noch kreisen
Die Stern' um die Erde rund,
Tun Herzen in neuen Weisen
Die alte Schönheit kund.



Kriegerische Volkspoesie
Wenns blitzt, Wenns donnert und Wenns kracht,
Das Blut fließt rosenrot,
Wenns Blut von unsern Säbeln fließt,
Dann haben wir frohen Mut.
Wie mancher gute Kamerad
Muß bleiben in dem Streit,
Wir Deutschen fragen nichts danach,
Wir sind dazu bereit.
Den Leib begräbt man in die Gruft,
Der Ruhm bleibt auf der WeltI
Die Seele schwingt sich durch die Luft
Ins blaue Himmelszelt.



Eine Frage bleibt: wie steht es mit der kriegerischen Volkspoesie unserer großen
Tage? Diese Frage ist nicht zu beantworten, weil wir die Poesie des gewaltigen
Kampfes, den wir heute erleben, noch nicht kennen. Es ist ja nicht die Poesie der
Zeitungen und literarischen Blätter, die wir täglich zu lesen bekommen, sondern
die Poesie der Namenlosen, die auch namenlos und ungeschrieben bleibt, bis
einmal einer kommt, der sie den Soldaten ablauschen und zu Papier bringen wird.
Lesen werden wir sie spät, hören werden wir sie bald nach dem Kriege. ^
wird die Poesie der Schützengräben sein mit der langen Wacht ihrer Tage
und Nächte, die Poesie der Flieger, die übers blaue Weltmeer fliegen, und
die Poesie der Unterseeboote, die mit Hai und Rochen um Korallenriffe huschen.
Es werden auch wieder Helden besungen werden und Namen werden fortleben.

Was aber den dichterischen und sittlichen Wert dieser Poesie anlangen
wird, so brauchen wir nicht bange zu sein, sondern können uns ruhigen Herzens
dem Troste hingeben, der aus den herrlichen Worten Eichendorffs quillt und
der uns auch gleichzeitig für die bittere Zeit ein Trost fein mag und eine
Hoffnung, daß eisernen Zeiten goldene folgen werden:

Im Walde da liegt verfallen
Der alten Helden Haus,
Doch aus den Toren und Hallen
Bricht jährlich der Frühling aus.
Es haben viel Dichter gesungen
Im schönen deutschen Land,
Nun sind ihre Lieder verklungen,
Die Sänger ruhen im Sand.
Und wo immer müde Fechter
Sinken im mutigen Strauß,
Es kommen fnsche Geschlechter
Und fechten es ehrlich aus.
Aber so lange noch kreisen
Die Stern' um die Erde rund,
Tun Herzen in neuen Weisen
Die alte Schönheit kund.



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[0203] Kriegerische Volkspoesie Wenns blitzt, Wenns donnert und Wenns kracht, Das Blut fließt rosenrot, Wenns Blut von unsern Säbeln fließt, Dann haben wir frohen Mut. Wie mancher gute Kamerad Muß bleiben in dem Streit, Wir Deutschen fragen nichts danach, Wir sind dazu bereit. Den Leib begräbt man in die Gruft, Der Ruhm bleibt auf der WeltI Die Seele schwingt sich durch die Luft Ins blaue Himmelszelt. Eine Frage bleibt: wie steht es mit der kriegerischen Volkspoesie unserer großen Tage? Diese Frage ist nicht zu beantworten, weil wir die Poesie des gewaltigen Kampfes, den wir heute erleben, noch nicht kennen. Es ist ja nicht die Poesie der Zeitungen und literarischen Blätter, die wir täglich zu lesen bekommen, sondern die Poesie der Namenlosen, die auch namenlos und ungeschrieben bleibt, bis einmal einer kommt, der sie den Soldaten ablauschen und zu Papier bringen wird. Lesen werden wir sie spät, hören werden wir sie bald nach dem Kriege. ^ wird die Poesie der Schützengräben sein mit der langen Wacht ihrer Tage und Nächte, die Poesie der Flieger, die übers blaue Weltmeer fliegen, und die Poesie der Unterseeboote, die mit Hai und Rochen um Korallenriffe huschen. Es werden auch wieder Helden besungen werden und Namen werden fortleben. Was aber den dichterischen und sittlichen Wert dieser Poesie anlangen wird, so brauchen wir nicht bange zu sein, sondern können uns ruhigen Herzens dem Troste hingeben, der aus den herrlichen Worten Eichendorffs quillt und der uns auch gleichzeitig für die bittere Zeit ein Trost fein mag und eine Hoffnung, daß eisernen Zeiten goldene folgen werden: Im Walde da liegt verfallen Der alten Helden Haus, Doch aus den Toren und Hallen Bricht jährlich der Frühling aus. Es haben viel Dichter gesungen Im schönen deutschen Land, Nun sind ihre Lieder verklungen, Die Sänger ruhen im Sand. Und wo immer müde Fechter Sinken im mutigen Strauß, Es kommen fnsche Geschlechter Und fechten es ehrlich aus. Aber so lange noch kreisen Die Stern' um die Erde rund, Tun Herzen in neuen Weisen Die alte Schönheit kund.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323097/203>, abgerufen am 27.09.2024.