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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr.

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Der Vernichtungskrieg und seine Folge"

ist die Hoffnung ans eine entsprechende Kriegsentschädigung gering, aber es
wäre unbillig, die Last auf die Schultern des deutscheu Volkes zu legen.
Deshalb sind zu diesem Zweck in erster Linie die in Deutschland aber auch in
Belgien investierten englischen und französischen Privatvermögen, und alles
fremde Privateigentum in denjenigen derzeit von uns besetzten Gebieten, welche
nicht mit Sicherheit jetzt bereits dazu ausersehen sind, beim Friedensschluß als
integrierender Bestandteil dem Deutschen Reich einverleibt zu werden, heranzuziehen.
In letzteren Teilen Frankreichs käme nur englisches--in Belgien auch französisches--
Privateigentum für die Konfiskation in Betracht. Die Rücksicht auf unsere
leidenden Volksgenossen erfordert solche Handlungsweise, das französisch-englische
Vorgehen gegen deutsches Privateigentum berechtigt zu ihr.

Die zweite Vergeltuugsmaßregel käme besonders gegen England in Betracht,
das Deutschland durch Abschneiden jeder Zufuhr zum Hungern bringen will --
Oermany mu8t starvs! Wenn auch die Aushungerung ini vollsten Sinne des
Wortes nicht gelingen wird, so leiden wir doch heute schon Mangel an Weizen,
Eiern und anderen Genußmitteln, deren Ersatz wohl möglich, aber doch für
manche nicht ohne gesundheitliche Schädigung durchzuführen ist. Wir wissen
auch nicht, wie lange der Krieg noch dauern wird, wir wissen nicht, ob nicht
ein Minderertrag der Ernte im nächsten Jahr unsere Lage bedeutend ver¬
schlechtern wird. Wir müssen also Einfuhr an Nahrungsmitteln erzwinge",
eventuell, wenn andere Mittel versagen, selbst durch die Androhung physischen
Hungers für die den besseren Klassen angehörigen englischen Gefangenen.
Wir dürfen nicht durch deren Ernährung unter Umständen die Gefahr eigenen
Darvens für später heraufbeschwören! Nun würde Minderernährung des
Tommy Aelius in England gar keinen Eindruck machen -- für ihre niedrig
stehenden Volksgenossen, die paupers, hat die englische Plutokratie, in
deren einzigem Interesse dieser Krieg vom Zaun gebrochen ist, nur Ver¬
achtung, aber nie Mitgefühl gehabt -- um so mehr Gefühl aber für ihre
eigenen Mitglieder. Der Eintritt derartiger Maßregeln von einen: bestimmten
Zeitpunkt an, falls bis dahin nicht die Einfuhr von Nahrungsmitteln frei¬
gegeben ist, wäre leicht mit militärischer Notwendigkeit zu begründen, einer
Notwendigkeit des Nahrungssparens, die für England und Frankreich nie ein¬
treten kann, da ihre Küsten dem Import offen stehen. Jedenfalls wäre es
nicht zu ertragen, wenn deutsche Witwen und Waisen mehr oder minder darbten,
während den Gefangenen Vollernährung zuteil würde. Wir müssen während
des Krieges selbst humane Kriegführung, Einfuhr von Nahrungsmitteln und
Schadloshaltung unserer körperlich oder pekuniär schwer geschädigten Volks¬
genossen erzwingen. Die Regierung darf nicht vor Vergeltungsmaßnahmen
zurückschrecken, schwächliche Milde wäre ein Vergehen gegen die Zukunft
Deutschlands.




Der Vernichtungskrieg und seine Folge»

ist die Hoffnung ans eine entsprechende Kriegsentschädigung gering, aber es
wäre unbillig, die Last auf die Schultern des deutscheu Volkes zu legen.
Deshalb sind zu diesem Zweck in erster Linie die in Deutschland aber auch in
Belgien investierten englischen und französischen Privatvermögen, und alles
fremde Privateigentum in denjenigen derzeit von uns besetzten Gebieten, welche
nicht mit Sicherheit jetzt bereits dazu ausersehen sind, beim Friedensschluß als
integrierender Bestandteil dem Deutschen Reich einverleibt zu werden, heranzuziehen.
In letzteren Teilen Frankreichs käme nur englisches—in Belgien auch französisches—
Privateigentum für die Konfiskation in Betracht. Die Rücksicht auf unsere
leidenden Volksgenossen erfordert solche Handlungsweise, das französisch-englische
Vorgehen gegen deutsches Privateigentum berechtigt zu ihr.

Die zweite Vergeltuugsmaßregel käme besonders gegen England in Betracht,
das Deutschland durch Abschneiden jeder Zufuhr zum Hungern bringen will —
Oermany mu8t starvs! Wenn auch die Aushungerung ini vollsten Sinne des
Wortes nicht gelingen wird, so leiden wir doch heute schon Mangel an Weizen,
Eiern und anderen Genußmitteln, deren Ersatz wohl möglich, aber doch für
manche nicht ohne gesundheitliche Schädigung durchzuführen ist. Wir wissen
auch nicht, wie lange der Krieg noch dauern wird, wir wissen nicht, ob nicht
ein Minderertrag der Ernte im nächsten Jahr unsere Lage bedeutend ver¬
schlechtern wird. Wir müssen also Einfuhr an Nahrungsmitteln erzwinge»,
eventuell, wenn andere Mittel versagen, selbst durch die Androhung physischen
Hungers für die den besseren Klassen angehörigen englischen Gefangenen.
Wir dürfen nicht durch deren Ernährung unter Umständen die Gefahr eigenen
Darvens für später heraufbeschwören! Nun würde Minderernährung des
Tommy Aelius in England gar keinen Eindruck machen — für ihre niedrig
stehenden Volksgenossen, die paupers, hat die englische Plutokratie, in
deren einzigem Interesse dieser Krieg vom Zaun gebrochen ist, nur Ver¬
achtung, aber nie Mitgefühl gehabt — um so mehr Gefühl aber für ihre
eigenen Mitglieder. Der Eintritt derartiger Maßregeln von einen: bestimmten
Zeitpunkt an, falls bis dahin nicht die Einfuhr von Nahrungsmitteln frei¬
gegeben ist, wäre leicht mit militärischer Notwendigkeit zu begründen, einer
Notwendigkeit des Nahrungssparens, die für England und Frankreich nie ein¬
treten kann, da ihre Küsten dem Import offen stehen. Jedenfalls wäre es
nicht zu ertragen, wenn deutsche Witwen und Waisen mehr oder minder darbten,
während den Gefangenen Vollernährung zuteil würde. Wir müssen während
des Krieges selbst humane Kriegführung, Einfuhr von Nahrungsmitteln und
Schadloshaltung unserer körperlich oder pekuniär schwer geschädigten Volks¬
genossen erzwingen. Die Regierung darf nicht vor Vergeltungsmaßnahmen
zurückschrecken, schwächliche Milde wäre ein Vergehen gegen die Zukunft
Deutschlands.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323097/117>, abgerufen am 27.09.2024.