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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr.

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Heimatklänge

Fassen Wir noch einmal kurz zusammen, auf welchem Wege die Gesetz¬
gebung im Sinne einer vernünftigen Apothekenreform weitergehn muß, so ist es
folgendes: Freigebung aller belanglosen Mittel und sämtlicher Spezialitäten. Die
starkwirkenden Arzneimittel und Geheimmittel werden nach aufzustellenden Listen
den Apotheken vorbehalten; ebenso wird die offizielle Apotheke Verkaufsftätte
für Gifte, Heilsera, gewisse notwendige Apparate zur Krankenpflege, Eis usw.
Endlich Verwendung der Apotheken als Melde- und Verwaltungsstellen im
medizinalpolizeilichen Betrieb. Daneben Genehmigung des Übergangs von Apo¬
theken in Kassenbesitz und Kommunalbesitz.




Heimatklänge
von der böhmisch-bayrisch-sächsischen Grenze
Reinhold Hofmann von (Schluß)

n den einst in der Gegend betriebnen oder versuchten Bergbau
erinnern noch heute zahlreiche Flur- und Ortsbezeichnungen: der
Schacht (Schacht), ein zum vormaligen Rittergute Ebmath ge¬
hörender großer Wald; die Zech, ein paar Häuser in Bayern un¬
mittelbar an der Grenze; der Kaiserhammer, ein schon im zwölften
Jahrhundert genanntes, von Kaiser Friedrich Barbarossa 1153 begnadetes, mit
einer Waffenschmiede verbundnes vormaliges Hammerwerk; man findet in diesem
kleinen böhmischen Orte noch umfangreiche Halden und Schlacken (Eisenerz). In
dem benachbarten bayrischen Regnitzlosau gab es im achtzehnten Jahrhundert
eine Alaunsiederei, in Triebel grub man Eisenstein. Noch ist in meiner Heimat
die Walensage lebendig: Venediger Männlein sollen einst nach Erz und Zinn
gegraben haben, zwei Bäche in der Nähe führen den Namen Zinnbach.

Verschiedne von den alten Flur- und Waldraum meines Heimatortes und
der sächsischen und böhmischen Nachbarschaft drohen aus dem Gedächtnis des
heutigen Geschlechts zu verschwinden: Katzenböhl (Kcchenbü-el), Katzenschwanz,
Armetei, Menschenbein, Hühnergatzen, die Schanz, der kalte Frosch, der Bremsen-
grnnd, die alte J-enet, der Lohteich u. v. a. Über manche von ihnen -- den
Jrrwald, Spaltenschädel, Pumpenstock -- haben sich im Volke Sagen erhalten,
in denen von dem Doppelmord feindlicher Brüder, von unheimlich tiefen Mooren,
von versunkner flüchtigen Kriegsknechten und andern grausigen Dingen die Rede
ist. Von Kriegsdrangsalen, Seuchen und Hungersnot aus der Zeit der Hussiten-
grenel und des Dreißigjährigen Krieges, besonders damals, als der General
Holle das obere Vogelart peinigte, ist noch eine dunkle Kunde geblieben bis
auf den heutigen Tag, so soll in den Tagen einer schweren Teuerung das
Hetzschenholz um einen Laib Brot verkauft worden sein. Bon den Freveltaten,
die französische Soldaten in der napoleonischen Zeit verübt haben, ist manche


Heimatklänge

Fassen Wir noch einmal kurz zusammen, auf welchem Wege die Gesetz¬
gebung im Sinne einer vernünftigen Apothekenreform weitergehn muß, so ist es
folgendes: Freigebung aller belanglosen Mittel und sämtlicher Spezialitäten. Die
starkwirkenden Arzneimittel und Geheimmittel werden nach aufzustellenden Listen
den Apotheken vorbehalten; ebenso wird die offizielle Apotheke Verkaufsftätte
für Gifte, Heilsera, gewisse notwendige Apparate zur Krankenpflege, Eis usw.
Endlich Verwendung der Apotheken als Melde- und Verwaltungsstellen im
medizinalpolizeilichen Betrieb. Daneben Genehmigung des Übergangs von Apo¬
theken in Kassenbesitz und Kommunalbesitz.




Heimatklänge
von der böhmisch-bayrisch-sächsischen Grenze
Reinhold Hofmann von (Schluß)

n den einst in der Gegend betriebnen oder versuchten Bergbau
erinnern noch heute zahlreiche Flur- und Ortsbezeichnungen: der
Schacht (Schacht), ein zum vormaligen Rittergute Ebmath ge¬
hörender großer Wald; die Zech, ein paar Häuser in Bayern un¬
mittelbar an der Grenze; der Kaiserhammer, ein schon im zwölften
Jahrhundert genanntes, von Kaiser Friedrich Barbarossa 1153 begnadetes, mit
einer Waffenschmiede verbundnes vormaliges Hammerwerk; man findet in diesem
kleinen böhmischen Orte noch umfangreiche Halden und Schlacken (Eisenerz). In
dem benachbarten bayrischen Regnitzlosau gab es im achtzehnten Jahrhundert
eine Alaunsiederei, in Triebel grub man Eisenstein. Noch ist in meiner Heimat
die Walensage lebendig: Venediger Männlein sollen einst nach Erz und Zinn
gegraben haben, zwei Bäche in der Nähe führen den Namen Zinnbach.

Verschiedne von den alten Flur- und Waldraum meines Heimatortes und
der sächsischen und böhmischen Nachbarschaft drohen aus dem Gedächtnis des
heutigen Geschlechts zu verschwinden: Katzenböhl (Kcchenbü-el), Katzenschwanz,
Armetei, Menschenbein, Hühnergatzen, die Schanz, der kalte Frosch, der Bremsen-
grnnd, die alte J-enet, der Lohteich u. v. a. Über manche von ihnen — den
Jrrwald, Spaltenschädel, Pumpenstock — haben sich im Volke Sagen erhalten,
in denen von dem Doppelmord feindlicher Brüder, von unheimlich tiefen Mooren,
von versunkner flüchtigen Kriegsknechten und andern grausigen Dingen die Rede
ist. Von Kriegsdrangsalen, Seuchen und Hungersnot aus der Zeit der Hussiten-
grenel und des Dreißigjährigen Krieges, besonders damals, als der General
Holle das obere Vogelart peinigte, ist noch eine dunkle Kunde geblieben bis
auf den heutigen Tag, so soll in den Tagen einer schweren Teuerung das
Hetzschenholz um einen Laib Brot verkauft worden sein. Bon den Freveltaten,
die französische Soldaten in der napoleonischen Zeit verübt haben, ist manche


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_297518/90>, abgerufen am 27.09.2024.