Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr.Der deutsche Ärztetag und die Akademien für praktische Medizin Freilich eins war nicht geschehen. Die ärztliche Standesvertretung war Lassen sich die bis jetzt erwähnten Vorwürfe gegen die Akademien wenn Grenzboten III 1905 73
Der deutsche Ärztetag und die Akademien für praktische Medizin Freilich eins war nicht geschehen. Die ärztliche Standesvertretung war Lassen sich die bis jetzt erwähnten Vorwürfe gegen die Akademien wenn Grenzboten III 1905 73
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Der deutsche Ärztetag und die Akademien für praktische Medizin
Freilich eins war nicht geschehen. Die ärztliche Standesvertretung war
nicht gehört worden, ob die Errichtung der Akademie in Köln vom ärztlichen
Standpunkt aus erwünscht sei. Die rechtliche Frage, ob die Stadt Köln
verpflichtet war, die ärztliche Standesvertretnng der Rheinprovinz bei einer
rein städtischen Angelegenheit zu hören, mag hier unerörtert bleiben. Tat¬
sächlich hat der Borsitzende der Ärztekammer der Rheinprovinz den Verhand¬
lungen über die Errichtung der Akademie in Köln von Anfang an beigewohnt,
und es war ihm durchaus unbenommen, diese Angelegenheit seinerseits vor
das Forum der Ärztekammer zu bringen. Also auch dieser Vorwurf, die
Ärzteschaft sei übergangen worden, fällt in sich zusammen. Demgegenüber
berührt es merkwürdig, von Herrn Mugdan eine Äußerung der Genugtuung
darüber zu hören, daß die Ärztekammer nicht gehört worden sei. Warum?
Weil sie dann vielleicht zugestimmt und damit einen Teil der Verantwortung
für diese nach Ansicht des Herrn Mugdan unheilvolle Einrichtung über¬
nommen hätte!
Lassen sich die bis jetzt erwähnten Vorwürfe gegen die Akademien wenn
auch nicht begreifen, so doch vielleicht entschuldigen, so ist dies mit einem
Vorwurfe, der besonders gegen die Akademie in Köln erhoben worden ist, in
keiner Weise der Fall. Von verschiednen Rednern wurde nämlich hervorge¬
hoben, die Errichtung der Kölner Akademie für praktische Medizin sei in
größter Heimlichkeit betrieben worden. Die stenographischen Verhandlungen
der Stadtverordnetenversammlungen zu Köln, die gedruckt veröffentlicht werden
und jedermann zugänglich sind, beweisen das Gegenteil. Nun, die Stadt¬
verordneten stimmten in der zweiunddreißigsten Sitzung vom 10. November 1903
der Errichtung einer Akademie für praktische Medizin zu und erklärten sich mit
dem Entwurf eines Vertrags über das Verhältnis zu den Bonner Universitäts¬
kliniken einverstanden. In der dreizehnten Sitzung vom 30. Juni 1904 er¬
klärten sie sich damit einverstanden, daß die Akademie Anfang Oktober 1904
eröffnet werde. In der vierzehnten Sitzung vom 14. Juli 1904 ernannten
sie vier angesehene Ärzte zu ordentlichen Mitgliedern der Akademie. In der
fünfzehnten Sitzung vom 28. Juli 1904 waren sie einverstanden, daß ein
Kinderarzt als Dozent an die Akademie berufen werde. In der neunzehnten
Sitzung vom 15. September 1904 berieten sie die Eröffnungsfeier bis in die
Einzelheiten und bewilligten einen Kredit für die Bibliothek und für Apparate
für die Akademie. Auch die Protokolle der weitern Sitzungen führen den un-
widerleglicher Beweis, daß alles, was sich ans die Akademie bezog, in der
breitesten Öffentlichkeit verhandelt worden, und daß von Heimlichkeit hierbei keine
Rede gewesen ist. Wie wenig heimlich sich alles abgespielt hat, lehrt auch ein
Blick in die Tagespresse. So brachte die Kölnische Volkszeitung schon am 19.
und am 28. Juli 1903 eingehende Mitteilungen über die Akademie; so enthielt
die Kölnische Zeitung vom 7. Februar 1904 einen ausführlichen Artikel über
die Ziele und die Ausgestaltung der Kölner Akademie für praktische Medizin.
Der Vorwurf der Heimlichkeit ist also gänzlich unberechtigt, und die Kölner
Ärzteschaft hatte schon im Juli 1903 Gelegenheit, sich über die Akademie zu
orientieren.
Grenzboten III 1905 73
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