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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr.

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Der preußische Eisenbahnfiskus

tagssitzung vom 28. März d. I. -- der Reichsschatzsekretär hatte die Notlage
der Einzelstaaten besonders stark betont -- gegebne Anregung, für das Reich
eine Besteuerung der Reinertrage der Eisenbahnen in Aussicht zu nehmen,
wobei bemerkt wurde: wenn Preußen dabei am meisten zahlen müsse, so sei
es doch auch der mächtigste und stärkste der Einzelstaaten, und hinzugefügt
wurde: MdlöSM odligs!

In drastischer Weise bemerkte zu dieser Anregung ein andrer Abgeordneter:
"Aber eher können Sie Gelder aus der vierten Dimension holen als aus dem
Säckel des preußischen Eisenbahnfiskus."

Jedenfalls geht auch aus dieser Verhandlung deutlich hervor, daß das
Verhältnis des preußischen Eisenbahnfiskus zu den Einzelstaaten und ihren
Gemeinden nicht so ist, wie es billigerweise sein sollte.

Die Eisenbahnstrecken, die von dem preußischen Staatsbahnnetz in den
kleinern deutschen Staaten liegen, sind verhältnismäßig sehr bedeutend; sie be¬
tragen nach dem an den preußischen Landtag über die Eisenbahnverwaltung
im Rechnungsjahre 1903 am 5. Januar 1905 (S. 4) erstatteten Berichte in:

Mecklenburg-Schwerin. . . .156,77 Kilometer
Sachsen-Weimar.....275,48
76,32
, 121,47
Braunschweig.......440,75
Sachsen-Meiningen.....266,31
60,71
Sachsen-Koburg-Gotha . . ., 284,88
Anhalt........., 268,91
Schwarzburg-Sondershausen, ,, 75,35
Schwarzburg-Rudolstadt . . ., 106.10
Waldeck.........39,31
Reuß j. L........47,62
Schaumburg-Lippe.....24,32
Lippe-Detmold......93,83
3,77
38,63
35,45

Ohne Frage würde die volle Besteuerung der Reinertrage dieser Eisen¬
bahnstrecken, also des Reineinkommens des preußischen Eisenbahnfiskus aus
diesen deutschen Bundesstaaten, durch diese Bundesstaaten selbst und durch ihre
Gemeinden und andre Kommunalverbände eine für sie ganz bedeutende Summe
ausmachen. Das Ergebnis wäre aber auf der einen Seite eine nicht un¬
wesentliche Linderung der Finanznot der deutschen Kleinstaaten und ihrer Ge¬
meinden, auf der andern Seite freilich eine entsprechende Schmälerung des
Überschusses der preußischen Staatseisenbahnverwaltung. Diese sollte einmal
für ein Jahr berechnen, welche Summe für die Staaten und ihre Gemeinden
(außerdem kämen noch Bayern mit nur 10. Sachsen mit 135,06, Hessen-
Darmstadt mit 123,83 Kilometern in Betracht, dieses jedoch nur, wenn nicht
der Vertrag über die Preußisch-Hessische Eisenbahngemeinschaft die Frage schon


Der preußische Eisenbahnfiskus

tagssitzung vom 28. März d. I. — der Reichsschatzsekretär hatte die Notlage
der Einzelstaaten besonders stark betont — gegebne Anregung, für das Reich
eine Besteuerung der Reinertrage der Eisenbahnen in Aussicht zu nehmen,
wobei bemerkt wurde: wenn Preußen dabei am meisten zahlen müsse, so sei
es doch auch der mächtigste und stärkste der Einzelstaaten, und hinzugefügt
wurde: MdlöSM odligs!

In drastischer Weise bemerkte zu dieser Anregung ein andrer Abgeordneter:
„Aber eher können Sie Gelder aus der vierten Dimension holen als aus dem
Säckel des preußischen Eisenbahnfiskus."

Jedenfalls geht auch aus dieser Verhandlung deutlich hervor, daß das
Verhältnis des preußischen Eisenbahnfiskus zu den Einzelstaaten und ihren
Gemeinden nicht so ist, wie es billigerweise sein sollte.

Die Eisenbahnstrecken, die von dem preußischen Staatsbahnnetz in den
kleinern deutschen Staaten liegen, sind verhältnismäßig sehr bedeutend; sie be¬
tragen nach dem an den preußischen Landtag über die Eisenbahnverwaltung
im Rechnungsjahre 1903 am 5. Januar 1905 (S. 4) erstatteten Berichte in:

Mecklenburg-Schwerin. . . .156,77 Kilometer
Sachsen-Weimar.....275,48
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Braunschweig.......440,75
Sachsen-Meiningen.....266,31
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Sachsen-Koburg-Gotha . . ., 284,88
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Schaumburg-Lippe.....24,32
Lippe-Detmold......93,83
3,77
38,63
35,45

Ohne Frage würde die volle Besteuerung der Reinertrage dieser Eisen¬
bahnstrecken, also des Reineinkommens des preußischen Eisenbahnfiskus aus
diesen deutschen Bundesstaaten, durch diese Bundesstaaten selbst und durch ihre
Gemeinden und andre Kommunalverbände eine für sie ganz bedeutende Summe
ausmachen. Das Ergebnis wäre aber auf der einen Seite eine nicht un¬
wesentliche Linderung der Finanznot der deutschen Kleinstaaten und ihrer Ge¬
meinden, auf der andern Seite freilich eine entsprechende Schmälerung des
Überschusses der preußischen Staatseisenbahnverwaltung. Diese sollte einmal
für ein Jahr berechnen, welche Summe für die Staaten und ihre Gemeinden
(außerdem kämen noch Bayern mit nur 10. Sachsen mit 135,06, Hessen-
Darmstadt mit 123,83 Kilometern in Betracht, dieses jedoch nur, wenn nicht
der Vertrag über die Preußisch-Hessische Eisenbahngemeinschaft die Frage schon


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[0471] Der preußische Eisenbahnfiskus tagssitzung vom 28. März d. I. — der Reichsschatzsekretär hatte die Notlage der Einzelstaaten besonders stark betont — gegebne Anregung, für das Reich eine Besteuerung der Reinertrage der Eisenbahnen in Aussicht zu nehmen, wobei bemerkt wurde: wenn Preußen dabei am meisten zahlen müsse, so sei es doch auch der mächtigste und stärkste der Einzelstaaten, und hinzugefügt wurde: MdlöSM odligs! In drastischer Weise bemerkte zu dieser Anregung ein andrer Abgeordneter: „Aber eher können Sie Gelder aus der vierten Dimension holen als aus dem Säckel des preußischen Eisenbahnfiskus." Jedenfalls geht auch aus dieser Verhandlung deutlich hervor, daß das Verhältnis des preußischen Eisenbahnfiskus zu den Einzelstaaten und ihren Gemeinden nicht so ist, wie es billigerweise sein sollte. Die Eisenbahnstrecken, die von dem preußischen Staatsbahnnetz in den kleinern deutschen Staaten liegen, sind verhältnismäßig sehr bedeutend; sie be¬ tragen nach dem an den preußischen Landtag über die Eisenbahnverwaltung im Rechnungsjahre 1903 am 5. Januar 1905 (S. 4) erstatteten Berichte in: Mecklenburg-Schwerin. . . .156,77 Kilometer Sachsen-Weimar.....275,48 76,32 , 121,47 Braunschweig.......440,75 Sachsen-Meiningen.....266,31 60,71 Sachsen-Koburg-Gotha . . ., 284,88 Anhalt........., 268,91 Schwarzburg-Sondershausen, ,, 75,35 Schwarzburg-Rudolstadt . . ., 106.10 Waldeck.........39,31 Reuß j. L........47,62 Schaumburg-Lippe.....24,32 Lippe-Detmold......93,83 3,77 38,63 35,45 Ohne Frage würde die volle Besteuerung der Reinertrage dieser Eisen¬ bahnstrecken, also des Reineinkommens des preußischen Eisenbahnfiskus aus diesen deutschen Bundesstaaten, durch diese Bundesstaaten selbst und durch ihre Gemeinden und andre Kommunalverbände eine für sie ganz bedeutende Summe ausmachen. Das Ergebnis wäre aber auf der einen Seite eine nicht un¬ wesentliche Linderung der Finanznot der deutschen Kleinstaaten und ihrer Ge¬ meinden, auf der andern Seite freilich eine entsprechende Schmälerung des Überschusses der preußischen Staatseisenbahnverwaltung. Diese sollte einmal für ein Jahr berechnen, welche Summe für die Staaten und ihre Gemeinden (außerdem kämen noch Bayern mit nur 10. Sachsen mit 135,06, Hessen- Darmstadt mit 123,83 Kilometern in Betracht, dieses jedoch nur, wenn nicht der Vertrag über die Preußisch-Hessische Eisenbahngemeinschaft die Frage schon

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_297518/471>, abgerufen am 27.09.2024.