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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr.

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gewiesnen Platze stand. Den Wohnwagen sowie die Wagen, auf denen die Karussell¬
teile lagen, ließen wir auf der Straße stehn und trugen alles einzeln auf unsern
Platz, was bei dem strömenden Regen keine leichte Arbeit war. Als wir das
Karussell endlich in Betrieb hatten, zeigte es sich, daß der Erdboden in einem weiten
Umkreis schwankte.

Von Se. Fiber ging es nach Baden-Baden zum Mitteldeutschen Bundesschießen.
Auch hier lag der Festplatz sehr ungünstig, da der Weg einen steilen Berg hinan¬
führte. Außer uns waren das Theater Weissenbach, Hentschel mit seiner Athleten¬
dame, die russische Schaukel von Horz, die während des Festes dreimal abgebrochen
und neu aufgebaut werden mußte, weil sich der Boden senkte, sowie ein sogenannter
"Socker" (Spielbude) auf der Festwiese.

Über Lahr sollten wir nach Zofingen in der Schweiz fahren und erhielten,
da unsre Herrschaft einen Abstecher machen wollte, Billetts bis Basel, wo wir, wie
uns gesagt wurde, den Geschäftsführer treffen würde". Dieser sollte uns dann Geld
zur Weiterfahrt geben. Wir kamen am Vormittag gegen elf Uhr in Basel an, er¬
hielten das Reisegeld, nahmen uns aber vor, schwarz zu fahren, und schlichen uns
um die Mittagsstunde, wo auf dem Bahnhofe wenig Verkehr war, quer über die
Geleise in unsern Wagen, wo wir uns sogleich zu Bett legten. Nach einigen Stunden
setzte sich der Zug in Bewegung, und wir freuten uns, unbemerkt die Fahrt machen
zu können. Bevor wir nach Otter kamen, wurde es plötzlich finster, der Zug fuhr
in einen Tunnel ein, und zugleich hörten wir einen fürchterlichen Lärm, den wir
uns nicht erklären konnten, und der uns mit ängstlicher Besorgnis um unser Leben
erfüllte. Wir gelangten aber unversehrt wieder ins Freie und kamen gegen acht
Uhr in Zofingen an. Beim Einbruch der Dunkelheit verließen wir den Wagen,
aßen in der Stadt unser Abendbrot und kehrten zur Nachtruhe in unsern Wagen
zurück. Am andern Morgen beim Ausladen untersuchte ich den ganzen Zug, weil
ich ermitteln wollte, wodurch der Lärm im Tunnel entstanden sein könnte, und
fand denn auch bald die Erklärung. Vor unserm Wagen stand der von Hentschels
Athletendame auf der Lori, und dieser hatte versäumt, sein Ofenrohr einzuziehn,
für das die Tunnelwölbung zu niedrig gewesen war, und das sich deshalb nach
hinten gebogen und die Wölbung gestreift hatte.

Nach Schluß des Schützenfestes reisten wir nach Horgen am Züricher See.
Als wir dort eben angekommen waren, traf die Nachricht ein, daß der Menagerie¬
besitzer Kleeberg in La Chaux de Fonds, wo ein größeres Schützenfest stattfand,
tödlich verunglückt sei. Er hatte, da er sich mit dem Aufbau seiner Bude beeilen
mußte, beim Aufstellen der Wagen selbst mit zugegriffen und hatte einen Wagen,
der auf dem unebnen Terrain gestützt dastand, mit einer Winde gerade richten
wollen. Auf seine Weisung waren die Stützen weggenommen worden, worauf die
Winde abgerutscht, und der Wagen auf ihn gestürzt war. Dabei hatte sich der
Dreher in seinen Unterleib gebohrt. Zu dem Begräbnis des bekannten und be¬
liebten Mannes reisten alle Prinzipale und Geschäftsführer nach La Chaux de
Fonds; sogar sein Schwiegersohn, der Menageriebesitzer Paulsen, der gerade in
Schweden war, scheute die weite Reise nicht, um seinem Schwiegervater das letzte
Geleit zu geben.

Bei unsrer Abreise von Horgen zur "Kilbe" (Kirmes) in Zürich-Riesbach
hätten wir beinahe einen Unfall gehabt, den ich jedoch noch rechtzeitig verhüten
konnte. Beim Hinabfahren von der Anhöhe ging ich gerade hinter dem Wohn¬
wagen, um an den steilsten Stellen die Bremse einzuziehn, und bemerkte hierbei,
daß die Bremsstange abgebrochen war. Zum Glück war der Wagen noch nicht so
in Schuß gekommen, daß die Pferde ihn nicht mehr hätten halten können, und so
konnten wir die Bremsstange in aller Eile durch eine Kette ersetzen. In Zürich-
Riesbach machten wir ein sehr gutes Geschäft, es drängte sich mehr Publikum an
unser Karussell, als wir zu befördern vermochten. Dabei verlor ein Soldat sein
Portemonnaie mit dreißig Franken, das ich fand, und das der Geschäftsführer am


Unter Kunden, Komödianten und wilden Tieren

gewiesnen Platze stand. Den Wohnwagen sowie die Wagen, auf denen die Karussell¬
teile lagen, ließen wir auf der Straße stehn und trugen alles einzeln auf unsern
Platz, was bei dem strömenden Regen keine leichte Arbeit war. Als wir das
Karussell endlich in Betrieb hatten, zeigte es sich, daß der Erdboden in einem weiten
Umkreis schwankte.

Von Se. Fiber ging es nach Baden-Baden zum Mitteldeutschen Bundesschießen.
Auch hier lag der Festplatz sehr ungünstig, da der Weg einen steilen Berg hinan¬
führte. Außer uns waren das Theater Weissenbach, Hentschel mit seiner Athleten¬
dame, die russische Schaukel von Horz, die während des Festes dreimal abgebrochen
und neu aufgebaut werden mußte, weil sich der Boden senkte, sowie ein sogenannter
„Socker" (Spielbude) auf der Festwiese.

Über Lahr sollten wir nach Zofingen in der Schweiz fahren und erhielten,
da unsre Herrschaft einen Abstecher machen wollte, Billetts bis Basel, wo wir, wie
uns gesagt wurde, den Geschäftsführer treffen würde«. Dieser sollte uns dann Geld
zur Weiterfahrt geben. Wir kamen am Vormittag gegen elf Uhr in Basel an, er¬
hielten das Reisegeld, nahmen uns aber vor, schwarz zu fahren, und schlichen uns
um die Mittagsstunde, wo auf dem Bahnhofe wenig Verkehr war, quer über die
Geleise in unsern Wagen, wo wir uns sogleich zu Bett legten. Nach einigen Stunden
setzte sich der Zug in Bewegung, und wir freuten uns, unbemerkt die Fahrt machen
zu können. Bevor wir nach Otter kamen, wurde es plötzlich finster, der Zug fuhr
in einen Tunnel ein, und zugleich hörten wir einen fürchterlichen Lärm, den wir
uns nicht erklären konnten, und der uns mit ängstlicher Besorgnis um unser Leben
erfüllte. Wir gelangten aber unversehrt wieder ins Freie und kamen gegen acht
Uhr in Zofingen an. Beim Einbruch der Dunkelheit verließen wir den Wagen,
aßen in der Stadt unser Abendbrot und kehrten zur Nachtruhe in unsern Wagen
zurück. Am andern Morgen beim Ausladen untersuchte ich den ganzen Zug, weil
ich ermitteln wollte, wodurch der Lärm im Tunnel entstanden sein könnte, und
fand denn auch bald die Erklärung. Vor unserm Wagen stand der von Hentschels
Athletendame auf der Lori, und dieser hatte versäumt, sein Ofenrohr einzuziehn,
für das die Tunnelwölbung zu niedrig gewesen war, und das sich deshalb nach
hinten gebogen und die Wölbung gestreift hatte.

Nach Schluß des Schützenfestes reisten wir nach Horgen am Züricher See.
Als wir dort eben angekommen waren, traf die Nachricht ein, daß der Menagerie¬
besitzer Kleeberg in La Chaux de Fonds, wo ein größeres Schützenfest stattfand,
tödlich verunglückt sei. Er hatte, da er sich mit dem Aufbau seiner Bude beeilen
mußte, beim Aufstellen der Wagen selbst mit zugegriffen und hatte einen Wagen,
der auf dem unebnen Terrain gestützt dastand, mit einer Winde gerade richten
wollen. Auf seine Weisung waren die Stützen weggenommen worden, worauf die
Winde abgerutscht, und der Wagen auf ihn gestürzt war. Dabei hatte sich der
Dreher in seinen Unterleib gebohrt. Zu dem Begräbnis des bekannten und be¬
liebten Mannes reisten alle Prinzipale und Geschäftsführer nach La Chaux de
Fonds; sogar sein Schwiegersohn, der Menageriebesitzer Paulsen, der gerade in
Schweden war, scheute die weite Reise nicht, um seinem Schwiegervater das letzte
Geleit zu geben.

Bei unsrer Abreise von Horgen zur „Kilbe" (Kirmes) in Zürich-Riesbach
hätten wir beinahe einen Unfall gehabt, den ich jedoch noch rechtzeitig verhüten
konnte. Beim Hinabfahren von der Anhöhe ging ich gerade hinter dem Wohn¬
wagen, um an den steilsten Stellen die Bremse einzuziehn, und bemerkte hierbei,
daß die Bremsstange abgebrochen war. Zum Glück war der Wagen noch nicht so
in Schuß gekommen, daß die Pferde ihn nicht mehr hätten halten können, und so
konnten wir die Bremsstange in aller Eile durch eine Kette ersetzen. In Zürich-
Riesbach machten wir ein sehr gutes Geschäft, es drängte sich mehr Publikum an
unser Karussell, als wir zu befördern vermochten. Dabei verlor ein Soldat sein
Portemonnaie mit dreißig Franken, das ich fand, und das der Geschäftsführer am


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[0379] Unter Kunden, Komödianten und wilden Tieren gewiesnen Platze stand. Den Wohnwagen sowie die Wagen, auf denen die Karussell¬ teile lagen, ließen wir auf der Straße stehn und trugen alles einzeln auf unsern Platz, was bei dem strömenden Regen keine leichte Arbeit war. Als wir das Karussell endlich in Betrieb hatten, zeigte es sich, daß der Erdboden in einem weiten Umkreis schwankte. Von Se. Fiber ging es nach Baden-Baden zum Mitteldeutschen Bundesschießen. Auch hier lag der Festplatz sehr ungünstig, da der Weg einen steilen Berg hinan¬ führte. Außer uns waren das Theater Weissenbach, Hentschel mit seiner Athleten¬ dame, die russische Schaukel von Horz, die während des Festes dreimal abgebrochen und neu aufgebaut werden mußte, weil sich der Boden senkte, sowie ein sogenannter „Socker" (Spielbude) auf der Festwiese. Über Lahr sollten wir nach Zofingen in der Schweiz fahren und erhielten, da unsre Herrschaft einen Abstecher machen wollte, Billetts bis Basel, wo wir, wie uns gesagt wurde, den Geschäftsführer treffen würde«. Dieser sollte uns dann Geld zur Weiterfahrt geben. Wir kamen am Vormittag gegen elf Uhr in Basel an, er¬ hielten das Reisegeld, nahmen uns aber vor, schwarz zu fahren, und schlichen uns um die Mittagsstunde, wo auf dem Bahnhofe wenig Verkehr war, quer über die Geleise in unsern Wagen, wo wir uns sogleich zu Bett legten. Nach einigen Stunden setzte sich der Zug in Bewegung, und wir freuten uns, unbemerkt die Fahrt machen zu können. Bevor wir nach Otter kamen, wurde es plötzlich finster, der Zug fuhr in einen Tunnel ein, und zugleich hörten wir einen fürchterlichen Lärm, den wir uns nicht erklären konnten, und der uns mit ängstlicher Besorgnis um unser Leben erfüllte. Wir gelangten aber unversehrt wieder ins Freie und kamen gegen acht Uhr in Zofingen an. Beim Einbruch der Dunkelheit verließen wir den Wagen, aßen in der Stadt unser Abendbrot und kehrten zur Nachtruhe in unsern Wagen zurück. Am andern Morgen beim Ausladen untersuchte ich den ganzen Zug, weil ich ermitteln wollte, wodurch der Lärm im Tunnel entstanden sein könnte, und fand denn auch bald die Erklärung. Vor unserm Wagen stand der von Hentschels Athletendame auf der Lori, und dieser hatte versäumt, sein Ofenrohr einzuziehn, für das die Tunnelwölbung zu niedrig gewesen war, und das sich deshalb nach hinten gebogen und die Wölbung gestreift hatte. Nach Schluß des Schützenfestes reisten wir nach Horgen am Züricher See. Als wir dort eben angekommen waren, traf die Nachricht ein, daß der Menagerie¬ besitzer Kleeberg in La Chaux de Fonds, wo ein größeres Schützenfest stattfand, tödlich verunglückt sei. Er hatte, da er sich mit dem Aufbau seiner Bude beeilen mußte, beim Aufstellen der Wagen selbst mit zugegriffen und hatte einen Wagen, der auf dem unebnen Terrain gestützt dastand, mit einer Winde gerade richten wollen. Auf seine Weisung waren die Stützen weggenommen worden, worauf die Winde abgerutscht, und der Wagen auf ihn gestürzt war. Dabei hatte sich der Dreher in seinen Unterleib gebohrt. Zu dem Begräbnis des bekannten und be¬ liebten Mannes reisten alle Prinzipale und Geschäftsführer nach La Chaux de Fonds; sogar sein Schwiegersohn, der Menageriebesitzer Paulsen, der gerade in Schweden war, scheute die weite Reise nicht, um seinem Schwiegervater das letzte Geleit zu geben. Bei unsrer Abreise von Horgen zur „Kilbe" (Kirmes) in Zürich-Riesbach hätten wir beinahe einen Unfall gehabt, den ich jedoch noch rechtzeitig verhüten konnte. Beim Hinabfahren von der Anhöhe ging ich gerade hinter dem Wohn¬ wagen, um an den steilsten Stellen die Bremse einzuziehn, und bemerkte hierbei, daß die Bremsstange abgebrochen war. Zum Glück war der Wagen noch nicht so in Schuß gekommen, daß die Pferde ihn nicht mehr hätten halten können, und so konnten wir die Bremsstange in aller Eile durch eine Kette ersetzen. In Zürich- Riesbach machten wir ein sehr gutes Geschäft, es drängte sich mehr Publikum an unser Karussell, als wir zu befördern vermochten. Dabei verlor ein Soldat sein Portemonnaie mit dreißig Franken, das ich fand, und das der Geschäftsführer am

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_297518/379>, abgerufen am 27.09.2024.