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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr.

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Unter Kunden, Komödianten und wilden Tieren

auf Reisen oder auf Wanderschaft abzumelden, wurde aber nicht sehr freundlich von
ihni behandelt, da er diese Art der Abmeldung nicht gelten lassen wollte und des¬
halb den Vermerk "Abgemeldet nach Offenburg" in meine Militärpapiere eintrug.

Hier hätte ich die Pflicht gehabt, mich bei der Militärbehörde an- und ab¬
zumelden, versäumte dies aber, da ich mir sagte, daß eine solche Unterlassung den
Kopf nicht kosten könne.

Von dort reisten wir nach Fretburg im Breisgau zur Messe, wo wir im
Stadtgarten aufbauten. In unsrer Nähe standen die Menagerien von Kleeberg
und von Böhme sowie das Affentheater Jean Bässe, das nach dem Mainzer Brand-
unglück mit bewundernswerter Schnelligkeit neue Tiere und Künstler angeschafft
hatte, ferner eine Bude, worin ein Panorama und ein photographisches Atelier ver¬
einigt waren, und deren Besitzer, Fritz Erhardt, weil er sich weigerte, das Über¬
gewicht seines Wagens der Bahn nachzuzählen, mit der Behörde in einen Konflikt
geraten war. Er warf zunächst den Gerichtsvollzieher, der die Orgel pfänden
wollte, vom Podium, beförderte dann in derselben Weise einen Schutzmann ins
Freie, wurde aber endlich von drei Schutzmännern und drei Dienstmännern über¬
wältigt, mit Gurten gefesselt, und da er den wilden Mann spielte, auf einen Wagen
gebunden weggeführt. Seine Frau klammerte sich an den Wagen fest und schrie
in herzbewegendem Tone: "Laßt ihn doch gehn, es ist ja mein Mann!"

Unter den kleinern Buden war auch ein Kasperletheater, dessen Besitzer in
Gemeinschaft mit seiner Frau die Bewegungen der kleinen Künstler leitete und in
der Bude wohnte. Wir luden das Ehepaar, das gegen geistige Getränke durchaus
keine Abneigung verspürte, an einem Sonntag Abend nach Schluß des Geschäfts zu
einer kleinen Kneiperei ein und erwartete" mit Sehnsucht den Augenblick, wo die
beiden ihren Durst hinreichend gestillt haben und ihrer Bude zusteuern würden.
Vorher hatte einer von uns mit einer Hacke die Verankerungen der Bude gelockert,
und als dann das Ehepaar den Heimweg angetreten hatte, begaben wir uns nach
einiger Zeit, wo wir annehmen konnten, daß das Ehepaar im tiefsten Schlafe liege,
zu dem Kasperletheater, faßten so geräuschlos wie möglich die Bude an den vier
Seiten an, hoben sie über das auf dem niedrigen Podium schlafende Ehepaar weg
und trugen sie ein paar hundert Schritt weiter in die Anlagen, wo wir sie nieder¬
setzten. Dann begaben wir uns selbst zur Ruhe.

Am andern Morgen wurde zeitig an unsern Wagen geklopft, und als wir
hinausschauten, sahen wir den Puppenspieler mit seiner Frau draußen stehn, die
uns sogleich in herzbewegenden Worten ihr Unglück erzählten. Wir suchten sie zu
trösten, und ich sagte ihnen, daß es sich wohl nur um einen Studentenstreich han¬
deln könne, und daß das verschwundne Geschäft sicherlich irgendwo wieder auf¬
zufinden sein würde. Wir erboten uns, ihnen demi Suchen zu helfen, und während
die andern nach verschiednen Seiten auseinandergingen, führte ich den Mann in
unauffälliger Weise nach der Gegend hin, wo wir in der Nacht die Bude deponiert
hatten. Ich zeigte ihm die durch das Grün der Gebüsche schimmernde Leinwand,
und als wir näher kamen, erkannte er, daß er in der Tat sein Theater vor sich
hatte. Seine Freude erreichte ihren höchsten Punkt, als er wahrnahm, daß von
der innern Einrichtung nicht das Geringste fehlte. Er unterließ nicht, uns zur
Feier seines wiedergefundnen Besitztums für den Abend zu einem kleinen Trink¬
gelage einzuladen. Auf dem Nachhausewege empfahlen wir ihm noch, in Zukunft
sein Haus besser zu bewachen.

Über Se. Gallen, wo wir zum Frühjahr auf dem Schulplatze standen, fuhren
wir per Achse zum Kantonalschützenfeste nach Se. Fiber. Dort war der Festplatz
eine feuchte Wiese, wohin wir über den Chausseegraben, der mit Hölzern ausgelegt
wurde, fahren mußten. Als die Hinterräder der Maschine auf den Hölzern standen,
sanken die Vorderräder bis an die Achse in den Boden ein. Wir entließen die
Fuhrleute, hoben die Maschine mit Winden hoch, schoben Bohlen unter die Räder
und beförderten sie in dieser Weise mit Hebeln vorwärts, bis sie auf dem uns an-


Unter Kunden, Komödianten und wilden Tieren

auf Reisen oder auf Wanderschaft abzumelden, wurde aber nicht sehr freundlich von
ihni behandelt, da er diese Art der Abmeldung nicht gelten lassen wollte und des¬
halb den Vermerk „Abgemeldet nach Offenburg" in meine Militärpapiere eintrug.

Hier hätte ich die Pflicht gehabt, mich bei der Militärbehörde an- und ab¬
zumelden, versäumte dies aber, da ich mir sagte, daß eine solche Unterlassung den
Kopf nicht kosten könne.

Von dort reisten wir nach Fretburg im Breisgau zur Messe, wo wir im
Stadtgarten aufbauten. In unsrer Nähe standen die Menagerien von Kleeberg
und von Böhme sowie das Affentheater Jean Bässe, das nach dem Mainzer Brand-
unglück mit bewundernswerter Schnelligkeit neue Tiere und Künstler angeschafft
hatte, ferner eine Bude, worin ein Panorama und ein photographisches Atelier ver¬
einigt waren, und deren Besitzer, Fritz Erhardt, weil er sich weigerte, das Über¬
gewicht seines Wagens der Bahn nachzuzählen, mit der Behörde in einen Konflikt
geraten war. Er warf zunächst den Gerichtsvollzieher, der die Orgel pfänden
wollte, vom Podium, beförderte dann in derselben Weise einen Schutzmann ins
Freie, wurde aber endlich von drei Schutzmännern und drei Dienstmännern über¬
wältigt, mit Gurten gefesselt, und da er den wilden Mann spielte, auf einen Wagen
gebunden weggeführt. Seine Frau klammerte sich an den Wagen fest und schrie
in herzbewegendem Tone: „Laßt ihn doch gehn, es ist ja mein Mann!"

Unter den kleinern Buden war auch ein Kasperletheater, dessen Besitzer in
Gemeinschaft mit seiner Frau die Bewegungen der kleinen Künstler leitete und in
der Bude wohnte. Wir luden das Ehepaar, das gegen geistige Getränke durchaus
keine Abneigung verspürte, an einem Sonntag Abend nach Schluß des Geschäfts zu
einer kleinen Kneiperei ein und erwartete» mit Sehnsucht den Augenblick, wo die
beiden ihren Durst hinreichend gestillt haben und ihrer Bude zusteuern würden.
Vorher hatte einer von uns mit einer Hacke die Verankerungen der Bude gelockert,
und als dann das Ehepaar den Heimweg angetreten hatte, begaben wir uns nach
einiger Zeit, wo wir annehmen konnten, daß das Ehepaar im tiefsten Schlafe liege,
zu dem Kasperletheater, faßten so geräuschlos wie möglich die Bude an den vier
Seiten an, hoben sie über das auf dem niedrigen Podium schlafende Ehepaar weg
und trugen sie ein paar hundert Schritt weiter in die Anlagen, wo wir sie nieder¬
setzten. Dann begaben wir uns selbst zur Ruhe.

Am andern Morgen wurde zeitig an unsern Wagen geklopft, und als wir
hinausschauten, sahen wir den Puppenspieler mit seiner Frau draußen stehn, die
uns sogleich in herzbewegenden Worten ihr Unglück erzählten. Wir suchten sie zu
trösten, und ich sagte ihnen, daß es sich wohl nur um einen Studentenstreich han¬
deln könne, und daß das verschwundne Geschäft sicherlich irgendwo wieder auf¬
zufinden sein würde. Wir erboten uns, ihnen demi Suchen zu helfen, und während
die andern nach verschiednen Seiten auseinandergingen, führte ich den Mann in
unauffälliger Weise nach der Gegend hin, wo wir in der Nacht die Bude deponiert
hatten. Ich zeigte ihm die durch das Grün der Gebüsche schimmernde Leinwand,
und als wir näher kamen, erkannte er, daß er in der Tat sein Theater vor sich
hatte. Seine Freude erreichte ihren höchsten Punkt, als er wahrnahm, daß von
der innern Einrichtung nicht das Geringste fehlte. Er unterließ nicht, uns zur
Feier seines wiedergefundnen Besitztums für den Abend zu einem kleinen Trink¬
gelage einzuladen. Auf dem Nachhausewege empfahlen wir ihm noch, in Zukunft
sein Haus besser zu bewachen.

Über Se. Gallen, wo wir zum Frühjahr auf dem Schulplatze standen, fuhren
wir per Achse zum Kantonalschützenfeste nach Se. Fiber. Dort war der Festplatz
eine feuchte Wiese, wohin wir über den Chausseegraben, der mit Hölzern ausgelegt
wurde, fahren mußten. Als die Hinterräder der Maschine auf den Hölzern standen,
sanken die Vorderräder bis an die Achse in den Boden ein. Wir entließen die
Fuhrleute, hoben die Maschine mit Winden hoch, schoben Bohlen unter die Räder
und beförderten sie in dieser Weise mit Hebeln vorwärts, bis sie auf dem uns an-


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[0378] Unter Kunden, Komödianten und wilden Tieren auf Reisen oder auf Wanderschaft abzumelden, wurde aber nicht sehr freundlich von ihni behandelt, da er diese Art der Abmeldung nicht gelten lassen wollte und des¬ halb den Vermerk „Abgemeldet nach Offenburg" in meine Militärpapiere eintrug. Hier hätte ich die Pflicht gehabt, mich bei der Militärbehörde an- und ab¬ zumelden, versäumte dies aber, da ich mir sagte, daß eine solche Unterlassung den Kopf nicht kosten könne. Von dort reisten wir nach Fretburg im Breisgau zur Messe, wo wir im Stadtgarten aufbauten. In unsrer Nähe standen die Menagerien von Kleeberg und von Böhme sowie das Affentheater Jean Bässe, das nach dem Mainzer Brand- unglück mit bewundernswerter Schnelligkeit neue Tiere und Künstler angeschafft hatte, ferner eine Bude, worin ein Panorama und ein photographisches Atelier ver¬ einigt waren, und deren Besitzer, Fritz Erhardt, weil er sich weigerte, das Über¬ gewicht seines Wagens der Bahn nachzuzählen, mit der Behörde in einen Konflikt geraten war. Er warf zunächst den Gerichtsvollzieher, der die Orgel pfänden wollte, vom Podium, beförderte dann in derselben Weise einen Schutzmann ins Freie, wurde aber endlich von drei Schutzmännern und drei Dienstmännern über¬ wältigt, mit Gurten gefesselt, und da er den wilden Mann spielte, auf einen Wagen gebunden weggeführt. Seine Frau klammerte sich an den Wagen fest und schrie in herzbewegendem Tone: „Laßt ihn doch gehn, es ist ja mein Mann!" Unter den kleinern Buden war auch ein Kasperletheater, dessen Besitzer in Gemeinschaft mit seiner Frau die Bewegungen der kleinen Künstler leitete und in der Bude wohnte. Wir luden das Ehepaar, das gegen geistige Getränke durchaus keine Abneigung verspürte, an einem Sonntag Abend nach Schluß des Geschäfts zu einer kleinen Kneiperei ein und erwartete» mit Sehnsucht den Augenblick, wo die beiden ihren Durst hinreichend gestillt haben und ihrer Bude zusteuern würden. Vorher hatte einer von uns mit einer Hacke die Verankerungen der Bude gelockert, und als dann das Ehepaar den Heimweg angetreten hatte, begaben wir uns nach einiger Zeit, wo wir annehmen konnten, daß das Ehepaar im tiefsten Schlafe liege, zu dem Kasperletheater, faßten so geräuschlos wie möglich die Bude an den vier Seiten an, hoben sie über das auf dem niedrigen Podium schlafende Ehepaar weg und trugen sie ein paar hundert Schritt weiter in die Anlagen, wo wir sie nieder¬ setzten. Dann begaben wir uns selbst zur Ruhe. Am andern Morgen wurde zeitig an unsern Wagen geklopft, und als wir hinausschauten, sahen wir den Puppenspieler mit seiner Frau draußen stehn, die uns sogleich in herzbewegenden Worten ihr Unglück erzählten. Wir suchten sie zu trösten, und ich sagte ihnen, daß es sich wohl nur um einen Studentenstreich han¬ deln könne, und daß das verschwundne Geschäft sicherlich irgendwo wieder auf¬ zufinden sein würde. Wir erboten uns, ihnen demi Suchen zu helfen, und während die andern nach verschiednen Seiten auseinandergingen, führte ich den Mann in unauffälliger Weise nach der Gegend hin, wo wir in der Nacht die Bude deponiert hatten. Ich zeigte ihm die durch das Grün der Gebüsche schimmernde Leinwand, und als wir näher kamen, erkannte er, daß er in der Tat sein Theater vor sich hatte. Seine Freude erreichte ihren höchsten Punkt, als er wahrnahm, daß von der innern Einrichtung nicht das Geringste fehlte. Er unterließ nicht, uns zur Feier seines wiedergefundnen Besitztums für den Abend zu einem kleinen Trink¬ gelage einzuladen. Auf dem Nachhausewege empfahlen wir ihm noch, in Zukunft sein Haus besser zu bewachen. Über Se. Gallen, wo wir zum Frühjahr auf dem Schulplatze standen, fuhren wir per Achse zum Kantonalschützenfeste nach Se. Fiber. Dort war der Festplatz eine feuchte Wiese, wohin wir über den Chausseegraben, der mit Hölzern ausgelegt wurde, fahren mußten. Als die Hinterräder der Maschine auf den Hölzern standen, sanken die Vorderräder bis an die Achse in den Boden ein. Wir entließen die Fuhrleute, hoben die Maschine mit Winden hoch, schoben Bohlen unter die Räder und beförderten sie in dieser Weise mit Hebeln vorwärts, bis sie auf dem uns an-

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_297518/378>, abgerufen am 27.09.2024.