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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

im vorigen Heft hervorgehoben, daß im Offizierkorps des Kanalgeschwaders von
dieser Fahrt schon seit einer Reihe von Monaten die Rede ist, auch sind schon im
Mai auf Grund amtlicher englischer Andeutungen die ersten Mitteilungen nach
Berlin gelangt. Da aber die formelle Anzeige ausblieb und tatsächlich erst in der
allerjüngsten Zeit erfolgt ist, so mag man in Berliner amtlichen Kreisen der Nachricht
keinen besondern Wert beigelegt haben. Auch jetzt noch nicht, als infolge einer
gewissen Saumseligkeit der englischen Admiralität die amtliche Anzeige etwas spät
und dadurch etwas überraschend nach Berlin gelangte, denn viel mehr als für
Deutschland ist dieses Erscheinen einer starken englischen Flotte in der Ostsee gegen¬
wärtig wohl für Rußland von Belang.

England ist immerhin der Verbündete Japans, die russische baltische Flotte
ist im Kampfe gegen Japan untergegangen. Wenn nun jetzt die mit Japan Ver¬
bündete englische Flotte an den wehrlosen oder doch durch keine Flotte verteidigten
Küsten Rußlands erscheinen würde, so ist das immerhin ein Vorgang, der in Ru߬
land tief berühren muß. Man kann zwar sagen, zwischen den Höfen von Petersburg
und London bestehe eine so große Intimität, und die beiderseitigen Regierungen
haben es trotz allem so sehr verstanden, auf einem guten Fuße zu bleiben, daß der
Fahrt der englischen Flotte auch von dem lebhaftesten russischen Nationalgefühl kein
demonstrativer Charakter beigemessen werden könne. Dennoch scheint es tatsächlich
der Fall zu sein. Unzweifelhaft sind die Engländer berechtigt, in der Ostsee zu
kreuzen, und niemand kann daran denken, sie hieran hindern zu wollen. Aber bei.
den zwischen England und Deutschland bestehenden Spannungen sowie bei den Ver¬
hältnissen Rußlands hat die seit langen Jahren unterlassene und gerade für dieses
Jahr herausgesuchte Kreuzung in jenen Gewässern doch einen stark unfreundlichen
Beigeschmack. Gewiß übt die englische Admiralität damit nur ein Recht aus ob
es aber immer gerade geschickt ist, ein bestehendes Recht auszuüben, darüber sind
die Ansichten in der Regel geteilt, und aus London verlautet denn auch, daß der
russische Botschafter dem Lord Lcmdsdowne über die russische Beurteilung dieser
Flottenfahrt keinen Zweifel gelassen habe. Wie es scheint, ist die britische Admiralität
mit diesen Maßnahmen ziemlich selbständig vorgegangen. Es wird deshalb von
einigem Interesse sein, ob die englischen Schiffe von Weichselmünde an die russische
Küste oder gleich nordwärts nach Schweden dampfen werden. Finden sie dort einen
freundlichen Empfang, so ist es nach den warmen Worten, mit denen König Oskar
soeben unsre Flotte in deutscher Sprache begrüßt hat, völlig ausgeschlossen, daß der
Empfang der Engländer irgendeine Spitze gegen Deutschland erhalten könnte. Der
König selbst wird ohnehin kaum anwesend sein.

Im formellen Recht sind auch die englischen Behörden in Südafrika, wenn sie
die uns feindlichen Eingebornen, die auf britisches Gebiet flüchten, zwar nicht als
kriegführende Macht aber doch mit großer Schonung behandeln und uns damit die
Parteinahme der öffentlichen Meinung in Deutschland während des Bnrenkriegs
zurückzahlen. Ob es aber gerade politisch geschickt ist, in die deutsch-englischen Be¬
ziehungen diesen neuen Stachel einzudrücken, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls
geht durch das Verhalten der englischen Behörden gegen Deutschland ein Zug
starker Unfreundlichkeit, der fast in allen deutsch-englischen Berührungen auf dem
Erdball einen Widerhall findet, und der ebenso in der für Deutschland unfreund¬
lichen Beeinflussung der Mächte durch die Londoner Hof- und Regieruugskreise zutage
getreten ist. Erst in der allerjüngsten Zeit ist eine leichte, sehr langsame Aufhellung
des bis dahin recht verdunkelten Horizonts wahrnehmbar, die auch wohl noch er¬
kennbarer werden wird. Kommt es, wie ja festzustehn scheint, zu einer Begegnung
des Königs mit Kaiser Wilhelm auf deutschem Boden, so wird man das als eine
tatsächliche Bekundung eines guten Willens auffassen dürfen, zu Deutschland wieder
in ein besseres Verhältnis zu gelangen.

Unser Kaiser bleibt mindestens bis zum 18. d. M. in Wilhelmshöhe, wo an
diesem Tage das Geburtsfest des Kaisers Franz Joseph begangen wird, eine Be¬
gegnung mit König Eduard auf dessen Reise nach Marienbad ist darum sehr wohl


Maßgebliches und Unmaßgebliches

im vorigen Heft hervorgehoben, daß im Offizierkorps des Kanalgeschwaders von
dieser Fahrt schon seit einer Reihe von Monaten die Rede ist, auch sind schon im
Mai auf Grund amtlicher englischer Andeutungen die ersten Mitteilungen nach
Berlin gelangt. Da aber die formelle Anzeige ausblieb und tatsächlich erst in der
allerjüngsten Zeit erfolgt ist, so mag man in Berliner amtlichen Kreisen der Nachricht
keinen besondern Wert beigelegt haben. Auch jetzt noch nicht, als infolge einer
gewissen Saumseligkeit der englischen Admiralität die amtliche Anzeige etwas spät
und dadurch etwas überraschend nach Berlin gelangte, denn viel mehr als für
Deutschland ist dieses Erscheinen einer starken englischen Flotte in der Ostsee gegen¬
wärtig wohl für Rußland von Belang.

England ist immerhin der Verbündete Japans, die russische baltische Flotte
ist im Kampfe gegen Japan untergegangen. Wenn nun jetzt die mit Japan Ver¬
bündete englische Flotte an den wehrlosen oder doch durch keine Flotte verteidigten
Küsten Rußlands erscheinen würde, so ist das immerhin ein Vorgang, der in Ru߬
land tief berühren muß. Man kann zwar sagen, zwischen den Höfen von Petersburg
und London bestehe eine so große Intimität, und die beiderseitigen Regierungen
haben es trotz allem so sehr verstanden, auf einem guten Fuße zu bleiben, daß der
Fahrt der englischen Flotte auch von dem lebhaftesten russischen Nationalgefühl kein
demonstrativer Charakter beigemessen werden könne. Dennoch scheint es tatsächlich
der Fall zu sein. Unzweifelhaft sind die Engländer berechtigt, in der Ostsee zu
kreuzen, und niemand kann daran denken, sie hieran hindern zu wollen. Aber bei.
den zwischen England und Deutschland bestehenden Spannungen sowie bei den Ver¬
hältnissen Rußlands hat die seit langen Jahren unterlassene und gerade für dieses
Jahr herausgesuchte Kreuzung in jenen Gewässern doch einen stark unfreundlichen
Beigeschmack. Gewiß übt die englische Admiralität damit nur ein Recht aus ob
es aber immer gerade geschickt ist, ein bestehendes Recht auszuüben, darüber sind
die Ansichten in der Regel geteilt, und aus London verlautet denn auch, daß der
russische Botschafter dem Lord Lcmdsdowne über die russische Beurteilung dieser
Flottenfahrt keinen Zweifel gelassen habe. Wie es scheint, ist die britische Admiralität
mit diesen Maßnahmen ziemlich selbständig vorgegangen. Es wird deshalb von
einigem Interesse sein, ob die englischen Schiffe von Weichselmünde an die russische
Küste oder gleich nordwärts nach Schweden dampfen werden. Finden sie dort einen
freundlichen Empfang, so ist es nach den warmen Worten, mit denen König Oskar
soeben unsre Flotte in deutscher Sprache begrüßt hat, völlig ausgeschlossen, daß der
Empfang der Engländer irgendeine Spitze gegen Deutschland erhalten könnte. Der
König selbst wird ohnehin kaum anwesend sein.

Im formellen Recht sind auch die englischen Behörden in Südafrika, wenn sie
die uns feindlichen Eingebornen, die auf britisches Gebiet flüchten, zwar nicht als
kriegführende Macht aber doch mit großer Schonung behandeln und uns damit die
Parteinahme der öffentlichen Meinung in Deutschland während des Bnrenkriegs
zurückzahlen. Ob es aber gerade politisch geschickt ist, in die deutsch-englischen Be¬
ziehungen diesen neuen Stachel einzudrücken, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls
geht durch das Verhalten der englischen Behörden gegen Deutschland ein Zug
starker Unfreundlichkeit, der fast in allen deutsch-englischen Berührungen auf dem
Erdball einen Widerhall findet, und der ebenso in der für Deutschland unfreund¬
lichen Beeinflussung der Mächte durch die Londoner Hof- und Regieruugskreise zutage
getreten ist. Erst in der allerjüngsten Zeit ist eine leichte, sehr langsame Aufhellung
des bis dahin recht verdunkelten Horizonts wahrnehmbar, die auch wohl noch er¬
kennbarer werden wird. Kommt es, wie ja festzustehn scheint, zu einer Begegnung
des Königs mit Kaiser Wilhelm auf deutschem Boden, so wird man das als eine
tatsächliche Bekundung eines guten Willens auffassen dürfen, zu Deutschland wieder
in ein besseres Verhältnis zu gelangen.

Unser Kaiser bleibt mindestens bis zum 18. d. M. in Wilhelmshöhe, wo an
diesem Tage das Geburtsfest des Kaisers Franz Joseph begangen wird, eine Be¬
gegnung mit König Eduard auf dessen Reise nach Marienbad ist darum sehr wohl


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[0332] Maßgebliches und Unmaßgebliches im vorigen Heft hervorgehoben, daß im Offizierkorps des Kanalgeschwaders von dieser Fahrt schon seit einer Reihe von Monaten die Rede ist, auch sind schon im Mai auf Grund amtlicher englischer Andeutungen die ersten Mitteilungen nach Berlin gelangt. Da aber die formelle Anzeige ausblieb und tatsächlich erst in der allerjüngsten Zeit erfolgt ist, so mag man in Berliner amtlichen Kreisen der Nachricht keinen besondern Wert beigelegt haben. Auch jetzt noch nicht, als infolge einer gewissen Saumseligkeit der englischen Admiralität die amtliche Anzeige etwas spät und dadurch etwas überraschend nach Berlin gelangte, denn viel mehr als für Deutschland ist dieses Erscheinen einer starken englischen Flotte in der Ostsee gegen¬ wärtig wohl für Rußland von Belang. England ist immerhin der Verbündete Japans, die russische baltische Flotte ist im Kampfe gegen Japan untergegangen. Wenn nun jetzt die mit Japan Ver¬ bündete englische Flotte an den wehrlosen oder doch durch keine Flotte verteidigten Küsten Rußlands erscheinen würde, so ist das immerhin ein Vorgang, der in Ru߬ land tief berühren muß. Man kann zwar sagen, zwischen den Höfen von Petersburg und London bestehe eine so große Intimität, und die beiderseitigen Regierungen haben es trotz allem so sehr verstanden, auf einem guten Fuße zu bleiben, daß der Fahrt der englischen Flotte auch von dem lebhaftesten russischen Nationalgefühl kein demonstrativer Charakter beigemessen werden könne. Dennoch scheint es tatsächlich der Fall zu sein. Unzweifelhaft sind die Engländer berechtigt, in der Ostsee zu kreuzen, und niemand kann daran denken, sie hieran hindern zu wollen. Aber bei. den zwischen England und Deutschland bestehenden Spannungen sowie bei den Ver¬ hältnissen Rußlands hat die seit langen Jahren unterlassene und gerade für dieses Jahr herausgesuchte Kreuzung in jenen Gewässern doch einen stark unfreundlichen Beigeschmack. Gewiß übt die englische Admiralität damit nur ein Recht aus ob es aber immer gerade geschickt ist, ein bestehendes Recht auszuüben, darüber sind die Ansichten in der Regel geteilt, und aus London verlautet denn auch, daß der russische Botschafter dem Lord Lcmdsdowne über die russische Beurteilung dieser Flottenfahrt keinen Zweifel gelassen habe. Wie es scheint, ist die britische Admiralität mit diesen Maßnahmen ziemlich selbständig vorgegangen. Es wird deshalb von einigem Interesse sein, ob die englischen Schiffe von Weichselmünde an die russische Küste oder gleich nordwärts nach Schweden dampfen werden. Finden sie dort einen freundlichen Empfang, so ist es nach den warmen Worten, mit denen König Oskar soeben unsre Flotte in deutscher Sprache begrüßt hat, völlig ausgeschlossen, daß der Empfang der Engländer irgendeine Spitze gegen Deutschland erhalten könnte. Der König selbst wird ohnehin kaum anwesend sein. Im formellen Recht sind auch die englischen Behörden in Südafrika, wenn sie die uns feindlichen Eingebornen, die auf britisches Gebiet flüchten, zwar nicht als kriegführende Macht aber doch mit großer Schonung behandeln und uns damit die Parteinahme der öffentlichen Meinung in Deutschland während des Bnrenkriegs zurückzahlen. Ob es aber gerade politisch geschickt ist, in die deutsch-englischen Be¬ ziehungen diesen neuen Stachel einzudrücken, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls geht durch das Verhalten der englischen Behörden gegen Deutschland ein Zug starker Unfreundlichkeit, der fast in allen deutsch-englischen Berührungen auf dem Erdball einen Widerhall findet, und der ebenso in der für Deutschland unfreund¬ lichen Beeinflussung der Mächte durch die Londoner Hof- und Regieruugskreise zutage getreten ist. Erst in der allerjüngsten Zeit ist eine leichte, sehr langsame Aufhellung des bis dahin recht verdunkelten Horizonts wahrnehmbar, die auch wohl noch er¬ kennbarer werden wird. Kommt es, wie ja festzustehn scheint, zu einer Begegnung des Königs mit Kaiser Wilhelm auf deutschem Boden, so wird man das als eine tatsächliche Bekundung eines guten Willens auffassen dürfen, zu Deutschland wieder in ein besseres Verhältnis zu gelangen. Unser Kaiser bleibt mindestens bis zum 18. d. M. in Wilhelmshöhe, wo an diesem Tage das Geburtsfest des Kaisers Franz Joseph begangen wird, eine Be¬ gegnung mit König Eduard auf dessen Reise nach Marienbad ist darum sehr wohl

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_297518/332>, abgerufen am 27.09.2024.