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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr.

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Der britische Staatshaushalt

gegebnen, auf die wirklich gemachten Ausgaben des Jahres 1903/04 beziehn,
nicht auf den am Anfang des Rechnungsjahres dem Unterhause vorgelegten
Anschlag, der die nachträglichen Forderungen noch nicht kennen kann und um
volle 3 Millionen geringer ist.

I. Oonsoliäatöä I'unä Lsrvives.
1. Staatsschuldenverwaltung . . 27 000000 F
2. Andre feste Zahlungen , , . 1024431 "
3. An Ortsbehörden..... 1156 705 "_
29781136 F
II. Lnxxlzs Lerviees.
1. Heer......... 36677000 F
2. Flotte........ 35476000 "
3. Zwilverwaltung..... 26870000 "
4. Zoll- und Steuerverwaltung . 3085000 "
5. Post......... 9758000 "
6. Telegraphen...... 4528000 "
7. Postdmnvfer...... 786000 "
117180000
Gesamtausgabe: 146961136 F

In der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts machten die festen
Ausgaben noch die weit größere Hälfte aus. Seitdem jedoch hat sich das
Verhältnis gewaltig verschoben. Gneist konnte noch im Jahre 1867 im Nord¬
deutschen Reichstage bei der Beratung der Verfassung angeben, die Hälfte der
Ausgaben sei durch gesetzliche Bestimmungen der Willkür des Unterhauses ent¬
zogen. Zwanzig Jahre später, 1886/87, waren es nur noch 29 Prozent und
1903/04 bloß 20.27 Prozent. Mit dem Wachsen des Staatshaushalts ist
also auch das Budgetrecht des Unterhauses gewachsen, das allein über den
Staatssäckel verfügt. Es gibt zwar kein Gesetz, das dem Oberhause verwehrte,
sich eingehend mit dem Staatshaushalte zu befassen. Aber tatsächlich hat es
sich seines Rechtes begeben, und obwohl ihm auch alle Finanzvorlagen zur
Genehmigung vorgelegt werden müssen, um Gesetzeskraft zu erlangen, so ist
es doch schon lange Gewohnheitsrecht, daß das Oberhaus eine solche Vorlage
entweder annehmen oder verwerfen, nicht aber abändern darf. Die Folgen
einer Ablehnung würden nur auf das Oberhaus zurückfallen. Darum ist es
selbstverständlich, daß es alle Geldvorlagen, die ihm vom Unterhause zugehn,
ohne weiteres gutheißt.

Das Unterhaus selbst macht aber auch nur einen bescheidnen Gebrauch
von seinem Budgetrechte. Vor allem gibt es auch in der Abteilung der Luxxl^
Lörviess Posten, die genau dieselbe Stellung einnehmen wie die schon durch
Gesetz auf die Hauptstaatskasse angewiesnen Zahlungen. Da sind die außer¬
ordentlichen, aus Kapitalaufnahmen bestrittnen Ausgaben, bei deren Bewilligung
schon die Tilgung der Anleihen durch Zeitrenten bestimmt wurde. Die Summen
dieser Zeitrenten werden alljährlich unter den Forderungen der einzelnen Zweige
der Verwaltung aufgeführt. Aber des Rechtes, sie zu verweigern, hat sich das
Unterhaus entäußert, als es die Ausgaben guthieß. Sie sind gesetzlich genau


Grenzboten III 1905 23
Der britische Staatshaushalt

gegebnen, auf die wirklich gemachten Ausgaben des Jahres 1903/04 beziehn,
nicht auf den am Anfang des Rechnungsjahres dem Unterhause vorgelegten
Anschlag, der die nachträglichen Forderungen noch nicht kennen kann und um
volle 3 Millionen geringer ist.

I. Oonsoliäatöä I'unä Lsrvives.
1. Staatsschuldenverwaltung . . 27 000000 F
2. Andre feste Zahlungen , , . 1024431 „
3. An Ortsbehörden..... 1156 705 „_
29781136 F
II. Lnxxlzs Lerviees.
1. Heer......... 36677000 F
2. Flotte........ 35476000 „
3. Zwilverwaltung..... 26870000 „
4. Zoll- und Steuerverwaltung . 3085000 „
5. Post......... 9758000 „
6. Telegraphen...... 4528000 „
7. Postdmnvfer...... 786000 „
117180000
Gesamtausgabe: 146961136 F

In der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts machten die festen
Ausgaben noch die weit größere Hälfte aus. Seitdem jedoch hat sich das
Verhältnis gewaltig verschoben. Gneist konnte noch im Jahre 1867 im Nord¬
deutschen Reichstage bei der Beratung der Verfassung angeben, die Hälfte der
Ausgaben sei durch gesetzliche Bestimmungen der Willkür des Unterhauses ent¬
zogen. Zwanzig Jahre später, 1886/87, waren es nur noch 29 Prozent und
1903/04 bloß 20.27 Prozent. Mit dem Wachsen des Staatshaushalts ist
also auch das Budgetrecht des Unterhauses gewachsen, das allein über den
Staatssäckel verfügt. Es gibt zwar kein Gesetz, das dem Oberhause verwehrte,
sich eingehend mit dem Staatshaushalte zu befassen. Aber tatsächlich hat es
sich seines Rechtes begeben, und obwohl ihm auch alle Finanzvorlagen zur
Genehmigung vorgelegt werden müssen, um Gesetzeskraft zu erlangen, so ist
es doch schon lange Gewohnheitsrecht, daß das Oberhaus eine solche Vorlage
entweder annehmen oder verwerfen, nicht aber abändern darf. Die Folgen
einer Ablehnung würden nur auf das Oberhaus zurückfallen. Darum ist es
selbstverständlich, daß es alle Geldvorlagen, die ihm vom Unterhause zugehn,
ohne weiteres gutheißt.

Das Unterhaus selbst macht aber auch nur einen bescheidnen Gebrauch
von seinem Budgetrechte. Vor allem gibt es auch in der Abteilung der Luxxl^
Lörviess Posten, die genau dieselbe Stellung einnehmen wie die schon durch
Gesetz auf die Hauptstaatskasse angewiesnen Zahlungen. Da sind die außer¬
ordentlichen, aus Kapitalaufnahmen bestrittnen Ausgaben, bei deren Bewilligung
schon die Tilgung der Anleihen durch Zeitrenten bestimmt wurde. Die Summen
dieser Zeitrenten werden alljährlich unter den Forderungen der einzelnen Zweige
der Verwaltung aufgeführt. Aber des Rechtes, sie zu verweigern, hat sich das
Unterhaus entäußert, als es die Ausgaben guthieß. Sie sind gesetzlich genau


Grenzboten III 1905 23
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[0185] Der britische Staatshaushalt gegebnen, auf die wirklich gemachten Ausgaben des Jahres 1903/04 beziehn, nicht auf den am Anfang des Rechnungsjahres dem Unterhause vorgelegten Anschlag, der die nachträglichen Forderungen noch nicht kennen kann und um volle 3 Millionen geringer ist. I. Oonsoliäatöä I'unä Lsrvives. 1. Staatsschuldenverwaltung . . 27 000000 F 2. Andre feste Zahlungen , , . 1024431 „ 3. An Ortsbehörden..... 1156 705 „_ 29781136 F II. Lnxxlzs Lerviees. 1. Heer......... 36677000 F 2. Flotte........ 35476000 „ 3. Zwilverwaltung..... 26870000 „ 4. Zoll- und Steuerverwaltung . 3085000 „ 5. Post......... 9758000 „ 6. Telegraphen...... 4528000 „ 7. Postdmnvfer...... 786000 „ 117180000 Gesamtausgabe: 146961136 F In der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts machten die festen Ausgaben noch die weit größere Hälfte aus. Seitdem jedoch hat sich das Verhältnis gewaltig verschoben. Gneist konnte noch im Jahre 1867 im Nord¬ deutschen Reichstage bei der Beratung der Verfassung angeben, die Hälfte der Ausgaben sei durch gesetzliche Bestimmungen der Willkür des Unterhauses ent¬ zogen. Zwanzig Jahre später, 1886/87, waren es nur noch 29 Prozent und 1903/04 bloß 20.27 Prozent. Mit dem Wachsen des Staatshaushalts ist also auch das Budgetrecht des Unterhauses gewachsen, das allein über den Staatssäckel verfügt. Es gibt zwar kein Gesetz, das dem Oberhause verwehrte, sich eingehend mit dem Staatshaushalte zu befassen. Aber tatsächlich hat es sich seines Rechtes begeben, und obwohl ihm auch alle Finanzvorlagen zur Genehmigung vorgelegt werden müssen, um Gesetzeskraft zu erlangen, so ist es doch schon lange Gewohnheitsrecht, daß das Oberhaus eine solche Vorlage entweder annehmen oder verwerfen, nicht aber abändern darf. Die Folgen einer Ablehnung würden nur auf das Oberhaus zurückfallen. Darum ist es selbstverständlich, daß es alle Geldvorlagen, die ihm vom Unterhause zugehn, ohne weiteres gutheißt. Das Unterhaus selbst macht aber auch nur einen bescheidnen Gebrauch von seinem Budgetrechte. Vor allem gibt es auch in der Abteilung der Luxxl^ Lörviess Posten, die genau dieselbe Stellung einnehmen wie die schon durch Gesetz auf die Hauptstaatskasse angewiesnen Zahlungen. Da sind die außer¬ ordentlichen, aus Kapitalaufnahmen bestrittnen Ausgaben, bei deren Bewilligung schon die Tilgung der Anleihen durch Zeitrenten bestimmt wurde. Die Summen dieser Zeitrenten werden alljährlich unter den Forderungen der einzelnen Zweige der Verwaltung aufgeführt. Aber des Rechtes, sie zu verweigern, hat sich das Unterhaus entäußert, als es die Ausgaben guthieß. Sie sind gesetzlich genau Grenzboten III 1905 23

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_297518/185>, abgerufen am 27.09.2024.