Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr.Der Zweikamxf bei Goethe zahlreichen Polen der Fall, deren Haß gegen die Preußen schon seit langer Eines Tages ging August auf dem Platze vor den Häusern der Wiese Einem armen kleinen Kegel, Der sich nicht besonders regt, Halt ein ungeheurer Flegel Heute grob sich aufgelegt. Und ich fühlte mich ein Mannsen, Ich gedachte meiner Pflicht, Und ich hieb dem langen Hansen Gleich die Schmarre ins Gesicht. Der Meister ist mit der Auskunft der Novizen zufrieden und ruft stolz im In den Tag- und Jahresheften (488) erzählt der Dichter von einem Der Zweikamxf bei Goethe zahlreichen Polen der Fall, deren Haß gegen die Preußen schon seit langer Eines Tages ging August auf dem Platze vor den Häusern der Wiese Einem armen kleinen Kegel, Der sich nicht besonders regt, Halt ein ungeheurer Flegel Heute grob sich aufgelegt. Und ich fühlte mich ein Mannsen, Ich gedachte meiner Pflicht, Und ich hieb dem langen Hansen Gleich die Schmarre ins Gesicht. Der Meister ist mit der Auskunft der Novizen zufrieden und ruft stolz im In den Tag- und Jahresheften (488) erzählt der Dichter von einem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0151" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297670"/> <fw type="header" place="top"> Der Zweikamxf bei Goethe</fw><lb/> <p xml:id="ID_604" prev="#ID_603"> zahlreichen Polen der Fall, deren Haß gegen die Preußen schon seit langer<lb/> Zeit entbrannt und nach den letzten Unglücksfällen der Preußen in Verachtung<lb/> übergegangen war.</p><lb/> <p xml:id="ID_605"> Eines Tages ging August auf dem Platze vor den Häusern der Wiese<lb/> umher; vier Polen begegnen ihm und mustern ihn, weil sie unter der grünen,<lb/> ursprünglich polnischen Jacke einen Preußen vermuten. Einer der Polen geht<lb/> an ihm vorbei, sieht ihm dreist ins Gesicht und gesellt sich wieder zu den<lb/> andern. Der junge Student weiß es so einzurichten, daß er ihnen nochmals<lb/> begegnet, in der Mitte des Weges auf sie losgeht, die vier durchschreitet und<lb/> dabei kurz erklärt, wie er heiße, wo er wohne, daß seine Abreise für den<lb/> andern Tag bestimmt sei, und daß, wer etwas an ihm zu suchen habe, es<lb/> noch denselben Abend tun könne. Der Vater Goethe, der diese kleine Episode<lb/> in den Tag- und Jahresheften 672 bis 674 erzählt, sagt ausdrücklich, sie<lb/> hätten den Abend, ohne beunruhigt zu sein, verbracht und so am andern Morgen<lb/> die Reise angetreten, er fügt aber ernster hinzu, es war, als könnte diese<lb/> Komödie nicht ohne Ehrenhändel endigen. In dem Gedichte „Rechenschaft,"<lb/> das im Jahre 1810 gedichtet, für die Berliner Liedertafel bestimmt war und<lb/> von Zelter noch in demselben Jahre in Musik gesetzt wurde, prüft der Meister<lb/> einer geschlossenen Gesellschaft jeden Gast, der sich zur Aufnahme meldet, ob er<lb/> seine Pflicht getan hat. Einer der Gefragten zählt zu seinen guten Taten<lb/> eine Mensur mit einem Renommisten:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_4" type="poem"> <l> Einem armen kleinen Kegel,<lb/> Der sich nicht besonders regt,<lb/> Halt ein ungeheurer Flegel<lb/> Heute grob sich aufgelegt.</l> <l> Und ich fühlte mich ein Mannsen,<lb/> Ich gedachte meiner Pflicht,<lb/> Und ich hieb dem langen Hansen<lb/> Gleich die Schmarre ins Gesicht.</l> </lg><lb/> <p xml:id="ID_606"> Der Meister ist mit der Auskunft der Novizen zufrieden und ruft stolz im<lb/> Kreise der Genossen aus:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_5" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_607" next="#ID_608"> In den Tag- und Jahresheften (488) erzählt der Dichter von einem<lb/> Duell, das uns zugleich einen Einblick in die Vorliebe jener Zeit für mystische<lb/> Dinge gewahrt. Er besuchte im Jahre 1805 auf einer längern Reise den<lb/> Hofrat Beireis in Helmstedt, der sich mit mancherlei geheimnisvollen Künsten<lb/> brüstete. Der Hofrat zeigte ihm unter andern Kostbarkeiten eine magische<lb/> Uhr, die die Eigenschaft haben sollte, auf des Hofrats Befehl still zu stehn<lb/> oder weiter zu gehn. Die Uhr ging damals natürlich nicht mehr, denn<lb/> Beireis hatte geschworen, sie nicht wieder aufzuziehn, und teilte dem Dichter<lb/> mit, ein Offizier, den man wegen der Erzählung dieses Wunders Lügen ge¬<lb/> straft hätte, sei im Duell erstochen worden, und seit der Zeit habe er sich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0151]
Der Zweikamxf bei Goethe
zahlreichen Polen der Fall, deren Haß gegen die Preußen schon seit langer
Zeit entbrannt und nach den letzten Unglücksfällen der Preußen in Verachtung
übergegangen war.
Eines Tages ging August auf dem Platze vor den Häusern der Wiese
umher; vier Polen begegnen ihm und mustern ihn, weil sie unter der grünen,
ursprünglich polnischen Jacke einen Preußen vermuten. Einer der Polen geht
an ihm vorbei, sieht ihm dreist ins Gesicht und gesellt sich wieder zu den
andern. Der junge Student weiß es so einzurichten, daß er ihnen nochmals
begegnet, in der Mitte des Weges auf sie losgeht, die vier durchschreitet und
dabei kurz erklärt, wie er heiße, wo er wohne, daß seine Abreise für den
andern Tag bestimmt sei, und daß, wer etwas an ihm zu suchen habe, es
noch denselben Abend tun könne. Der Vater Goethe, der diese kleine Episode
in den Tag- und Jahresheften 672 bis 674 erzählt, sagt ausdrücklich, sie
hätten den Abend, ohne beunruhigt zu sein, verbracht und so am andern Morgen
die Reise angetreten, er fügt aber ernster hinzu, es war, als könnte diese
Komödie nicht ohne Ehrenhändel endigen. In dem Gedichte „Rechenschaft,"
das im Jahre 1810 gedichtet, für die Berliner Liedertafel bestimmt war und
von Zelter noch in demselben Jahre in Musik gesetzt wurde, prüft der Meister
einer geschlossenen Gesellschaft jeden Gast, der sich zur Aufnahme meldet, ob er
seine Pflicht getan hat. Einer der Gefragten zählt zu seinen guten Taten
eine Mensur mit einem Renommisten:
Einem armen kleinen Kegel,
Der sich nicht besonders regt,
Halt ein ungeheurer Flegel
Heute grob sich aufgelegt. Und ich fühlte mich ein Mannsen,
Ich gedachte meiner Pflicht,
Und ich hieb dem langen Hansen
Gleich die Schmarre ins Gesicht.
Der Meister ist mit der Auskunft der Novizen zufrieden und ruft stolz im
Kreise der Genossen aus:
In den Tag- und Jahresheften (488) erzählt der Dichter von einem
Duell, das uns zugleich einen Einblick in die Vorliebe jener Zeit für mystische
Dinge gewahrt. Er besuchte im Jahre 1805 auf einer längern Reise den
Hofrat Beireis in Helmstedt, der sich mit mancherlei geheimnisvollen Künsten
brüstete. Der Hofrat zeigte ihm unter andern Kostbarkeiten eine magische
Uhr, die die Eigenschaft haben sollte, auf des Hofrats Befehl still zu stehn
oder weiter zu gehn. Die Uhr ging damals natürlich nicht mehr, denn
Beireis hatte geschworen, sie nicht wieder aufzuziehn, und teilte dem Dichter
mit, ein Offizier, den man wegen der Erzählung dieses Wunders Lügen ge¬
straft hätte, sei im Duell erstochen worden, und seit der Zeit habe er sich
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