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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr.

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Herrenmenschen

Natürlich, denn es ist kein Kanarienvogel und auch kein Phonograph. Wer
daß dies die Arte Beit ist, und daß sie ein Netz strickt und wartet, das könnte
doch wohl auch Ihr verfinstertes Gemüt fassen.

Nein, erwiderte Staffelsteiger, ich vernehme keine Töne, die die Seele in
Schwingungen versetzen. Es wallt nicht, es strebt nicht.

Na dann lassen Sie es doch zum Teufel selber einmal wallen und streben.
Andre kritisieren und selbst nichts tun, das kann jeder! Ich will Ihnen sagen,
was Sie sind. Faul sind Sie.

Staffelsteiger antwortete nicht, ließ auch nicht merken, daß die Worte auf ihn
tiefen Eindruck gemacht hatten, und fing an in feinem Winkel zu kramen. Dann
spannte er ein graues, grobes Papier auf eine Tafel und fing an zu arbeiten in
drei Tönen, in vollem Schwarz, vollem Weiß und einem Halbtone, den der Papier¬
grund abgeben mußte. Nach ein paar Tagen stellte er sein Bild neben das Bild
von Schwechting. Es stellte eine Megäre dar, die auf dem äußersten Gipfel eines
Berges saß. Mit ihren kralligen Händen, die so genial gezeichnet waren, daß
man nicht wußte, ob sie vier oder sechs Finger hatte, griff sie krampfhaft in den
Boden wie in Kartoffelbrei hinein. Die Augen standen weit aufgerissen vor dem
Kopfe, die nackte Brust trug nicht zu ihrer Verschönerung bei, die dürftigen Haare
flatterten als Stränge im Winde, und der Kopf war an seinem langen dürren
Halse so gewaltsam aus den Schultern gerückt, daß es aussah, als werde er an
einer unsichtbaren Schlinge vorwärts gezogen. Der Himmel war mit Reihen von
Wolken bedeckt, die die Form von weißen Schnecken mit weißen Schneckenhäusern
hatten.

Dieses Bild redet, sagte Staffelsteiger, als er es Schwechting zeigte.

Es brüllt sogar, antwortete Schwechting, aber in Tönen, daß ein Mensch,
der die Sprache nicht gewöhnt ist, Gehirnerweichung bekommt! Und das soll die
Arte Beit sein?

Die Kunst, sagte Staffelsteiger stolz, kennt keine Arte Beit, noch sonst einen
Titel und Namen. Glauben Sie mir, Schwechting, ich bin ein echter Maler. Ich
bin ein Prophet des innern Schauens. Ich hasse die unlautern Künste der
Anekdotenmaler, die die hehre Kunst mit fremdem Gewürz vergiften. Ich bete an
die Farbe, den bunten Schein der abgrundtiefen Wallung.

Und dabei vermurksen Sie Farbe und Leinwand und Ihre schöne Zeit und
malen Sachen, die Ihnen kein Mensch abkauft, und dann müssen Sie hungern.

Ich bin stolz auf meine Armut, sagte Staffelsteiger.

Aber dich von andern Leuten füttern zu lassen, dazu bist du nicht zu stolz.
Das Wort trat Schwechting auf die Zunge, aber er sprach es nicht aus.

Das war ja nun alles dummes Zeug, was da Stasfelsteiger von seiner ab¬
grundtiefen Wallung auftischte, und doch trat eine Frage, die er angeregt hatte,
und über die sich schon viele Leute -- vor Lessing und nach Lessing -- den Kopf
zerbrochen haben, störend in den Vordergrund, die Frage: Kann man alles malen?
soll man alles malen? Und wo ist die Grenze zwischen Poesie und Malerei?
Und ist das Bild, das die wartende Treue darstellt, ein malerisches oder ein
poetisches Thema? Schwechting konnte darüber nicht ins klare kommen. Pogge
sollte entscheiden, Pogge, der eben geschrieben hatte, daß er kommen werde. In¬
zwischen stellte er sein Bild beiseite und setzte sich wieder an sein Manuskript, ging
seine Geschichte nochmals durch und gab ihr einen andern, weniger herben Schluß.

Wenige Tage waren vergangen, da stand Pogge auf der Landungsbrücke, und
Burpel und Petereit hatten genug damit zu tun, sein Gepäck ans Land zu bringen.
Im Vorübergehn begrüßte er den Herrn Amtshauptmann, der am Herrentische
vorm Kurhause saß, und lud ihn ein, am Abend zur Villa Mopswende zu kommen.
Man müsse den Tag seiner Ankunft feiern, und er habe einen feinen Tropfen mit¬
gebracht. Groppoff sagte gnädig zu. Auf der Dorfstraße begegnete Pogge Tauenden,
die eben einen Krankenbesuch machte, und Tauenden übernahm den Auftrag, den


Grenzboten III 1905 14
Herrenmenschen

Natürlich, denn es ist kein Kanarienvogel und auch kein Phonograph. Wer
daß dies die Arte Beit ist, und daß sie ein Netz strickt und wartet, das könnte
doch wohl auch Ihr verfinstertes Gemüt fassen.

Nein, erwiderte Staffelsteiger, ich vernehme keine Töne, die die Seele in
Schwingungen versetzen. Es wallt nicht, es strebt nicht.

Na dann lassen Sie es doch zum Teufel selber einmal wallen und streben.
Andre kritisieren und selbst nichts tun, das kann jeder! Ich will Ihnen sagen,
was Sie sind. Faul sind Sie.

Staffelsteiger antwortete nicht, ließ auch nicht merken, daß die Worte auf ihn
tiefen Eindruck gemacht hatten, und fing an in feinem Winkel zu kramen. Dann
spannte er ein graues, grobes Papier auf eine Tafel und fing an zu arbeiten in
drei Tönen, in vollem Schwarz, vollem Weiß und einem Halbtone, den der Papier¬
grund abgeben mußte. Nach ein paar Tagen stellte er sein Bild neben das Bild
von Schwechting. Es stellte eine Megäre dar, die auf dem äußersten Gipfel eines
Berges saß. Mit ihren kralligen Händen, die so genial gezeichnet waren, daß
man nicht wußte, ob sie vier oder sechs Finger hatte, griff sie krampfhaft in den
Boden wie in Kartoffelbrei hinein. Die Augen standen weit aufgerissen vor dem
Kopfe, die nackte Brust trug nicht zu ihrer Verschönerung bei, die dürftigen Haare
flatterten als Stränge im Winde, und der Kopf war an seinem langen dürren
Halse so gewaltsam aus den Schultern gerückt, daß es aussah, als werde er an
einer unsichtbaren Schlinge vorwärts gezogen. Der Himmel war mit Reihen von
Wolken bedeckt, die die Form von weißen Schnecken mit weißen Schneckenhäusern
hatten.

Dieses Bild redet, sagte Staffelsteiger, als er es Schwechting zeigte.

Es brüllt sogar, antwortete Schwechting, aber in Tönen, daß ein Mensch,
der die Sprache nicht gewöhnt ist, Gehirnerweichung bekommt! Und das soll die
Arte Beit sein?

Die Kunst, sagte Staffelsteiger stolz, kennt keine Arte Beit, noch sonst einen
Titel und Namen. Glauben Sie mir, Schwechting, ich bin ein echter Maler. Ich
bin ein Prophet des innern Schauens. Ich hasse die unlautern Künste der
Anekdotenmaler, die die hehre Kunst mit fremdem Gewürz vergiften. Ich bete an
die Farbe, den bunten Schein der abgrundtiefen Wallung.

Und dabei vermurksen Sie Farbe und Leinwand und Ihre schöne Zeit und
malen Sachen, die Ihnen kein Mensch abkauft, und dann müssen Sie hungern.

Ich bin stolz auf meine Armut, sagte Staffelsteiger.

Aber dich von andern Leuten füttern zu lassen, dazu bist du nicht zu stolz.
Das Wort trat Schwechting auf die Zunge, aber er sprach es nicht aus.

Das war ja nun alles dummes Zeug, was da Stasfelsteiger von seiner ab¬
grundtiefen Wallung auftischte, und doch trat eine Frage, die er angeregt hatte,
und über die sich schon viele Leute — vor Lessing und nach Lessing — den Kopf
zerbrochen haben, störend in den Vordergrund, die Frage: Kann man alles malen?
soll man alles malen? Und wo ist die Grenze zwischen Poesie und Malerei?
Und ist das Bild, das die wartende Treue darstellt, ein malerisches oder ein
poetisches Thema? Schwechting konnte darüber nicht ins klare kommen. Pogge
sollte entscheiden, Pogge, der eben geschrieben hatte, daß er kommen werde. In¬
zwischen stellte er sein Bild beiseite und setzte sich wieder an sein Manuskript, ging
seine Geschichte nochmals durch und gab ihr einen andern, weniger herben Schluß.

Wenige Tage waren vergangen, da stand Pogge auf der Landungsbrücke, und
Burpel und Petereit hatten genug damit zu tun, sein Gepäck ans Land zu bringen.
Im Vorübergehn begrüßte er den Herrn Amtshauptmann, der am Herrentische
vorm Kurhause saß, und lud ihn ein, am Abend zur Villa Mopswende zu kommen.
Man müsse den Tag seiner Ankunft feiern, und er habe einen feinen Tropfen mit¬
gebracht. Groppoff sagte gnädig zu. Auf der Dorfstraße begegnete Pogge Tauenden,
die eben einen Krankenbesuch machte, und Tauenden übernahm den Auftrag, den


Grenzboten III 1905 14
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[0113] Herrenmenschen Natürlich, denn es ist kein Kanarienvogel und auch kein Phonograph. Wer daß dies die Arte Beit ist, und daß sie ein Netz strickt und wartet, das könnte doch wohl auch Ihr verfinstertes Gemüt fassen. Nein, erwiderte Staffelsteiger, ich vernehme keine Töne, die die Seele in Schwingungen versetzen. Es wallt nicht, es strebt nicht. Na dann lassen Sie es doch zum Teufel selber einmal wallen und streben. Andre kritisieren und selbst nichts tun, das kann jeder! Ich will Ihnen sagen, was Sie sind. Faul sind Sie. Staffelsteiger antwortete nicht, ließ auch nicht merken, daß die Worte auf ihn tiefen Eindruck gemacht hatten, und fing an in feinem Winkel zu kramen. Dann spannte er ein graues, grobes Papier auf eine Tafel und fing an zu arbeiten in drei Tönen, in vollem Schwarz, vollem Weiß und einem Halbtone, den der Papier¬ grund abgeben mußte. Nach ein paar Tagen stellte er sein Bild neben das Bild von Schwechting. Es stellte eine Megäre dar, die auf dem äußersten Gipfel eines Berges saß. Mit ihren kralligen Händen, die so genial gezeichnet waren, daß man nicht wußte, ob sie vier oder sechs Finger hatte, griff sie krampfhaft in den Boden wie in Kartoffelbrei hinein. Die Augen standen weit aufgerissen vor dem Kopfe, die nackte Brust trug nicht zu ihrer Verschönerung bei, die dürftigen Haare flatterten als Stränge im Winde, und der Kopf war an seinem langen dürren Halse so gewaltsam aus den Schultern gerückt, daß es aussah, als werde er an einer unsichtbaren Schlinge vorwärts gezogen. Der Himmel war mit Reihen von Wolken bedeckt, die die Form von weißen Schnecken mit weißen Schneckenhäusern hatten. Dieses Bild redet, sagte Staffelsteiger, als er es Schwechting zeigte. Es brüllt sogar, antwortete Schwechting, aber in Tönen, daß ein Mensch, der die Sprache nicht gewöhnt ist, Gehirnerweichung bekommt! Und das soll die Arte Beit sein? Die Kunst, sagte Staffelsteiger stolz, kennt keine Arte Beit, noch sonst einen Titel und Namen. Glauben Sie mir, Schwechting, ich bin ein echter Maler. Ich bin ein Prophet des innern Schauens. Ich hasse die unlautern Künste der Anekdotenmaler, die die hehre Kunst mit fremdem Gewürz vergiften. Ich bete an die Farbe, den bunten Schein der abgrundtiefen Wallung. Und dabei vermurksen Sie Farbe und Leinwand und Ihre schöne Zeit und malen Sachen, die Ihnen kein Mensch abkauft, und dann müssen Sie hungern. Ich bin stolz auf meine Armut, sagte Staffelsteiger. Aber dich von andern Leuten füttern zu lassen, dazu bist du nicht zu stolz. Das Wort trat Schwechting auf die Zunge, aber er sprach es nicht aus. Das war ja nun alles dummes Zeug, was da Stasfelsteiger von seiner ab¬ grundtiefen Wallung auftischte, und doch trat eine Frage, die er angeregt hatte, und über die sich schon viele Leute — vor Lessing und nach Lessing — den Kopf zerbrochen haben, störend in den Vordergrund, die Frage: Kann man alles malen? soll man alles malen? Und wo ist die Grenze zwischen Poesie und Malerei? Und ist das Bild, das die wartende Treue darstellt, ein malerisches oder ein poetisches Thema? Schwechting konnte darüber nicht ins klare kommen. Pogge sollte entscheiden, Pogge, der eben geschrieben hatte, daß er kommen werde. In¬ zwischen stellte er sein Bild beiseite und setzte sich wieder an sein Manuskript, ging seine Geschichte nochmals durch und gab ihr einen andern, weniger herben Schluß. Wenige Tage waren vergangen, da stand Pogge auf der Landungsbrücke, und Burpel und Petereit hatten genug damit zu tun, sein Gepäck ans Land zu bringen. Im Vorübergehn begrüßte er den Herrn Amtshauptmann, der am Herrentische vorm Kurhause saß, und lud ihn ein, am Abend zur Villa Mopswende zu kommen. Man müsse den Tag seiner Ankunft feiern, und er habe einen feinen Tropfen mit¬ gebracht. Groppoff sagte gnädig zu. Auf der Dorfstraße begegnete Pogge Tauenden, die eben einen Krankenbesuch machte, und Tauenden übernahm den Auftrag, den Grenzboten III 1905 14

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_297518/113>, abgerufen am 27.09.2024.